Auf dem Grund der Vergangenheit

12.04.2019, 08:04 Uhr
· Online seit 11.04.2019, 19:05 Uhr
Holzpfähle, Keramikgeschirr und Beile: Solche Funde bergen momentan Taucher aus dem Bodensee rund um den Mäuseturm in Güttingen. Zum dritten Mal geht das Amt für Archäologie Thurgau den Spuren aus frühern Zeiten auf den Grund. Und wird dabei immer wieder überrascht.
Praktikant FM1Today
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Der Wind dringt durch jede noch so gute Jacke, der Himmel ist verhangen und der Wellengang unruhig. Trotzdem fährt das Boot hinaus zu der Fundstätte bei Güttingen. Iris Hutter, Archäologien beim Amt für Archäologie Thurgau, sagt: «Bei Regen ist die Sicht unter Wasser speziell gut.» Doch die Wellen wirbeln an diesem Tag den Untergrund auf.

Schon das dritte Mal untersucht das Amt für Archäologie den sogenannten Mäuseturm und Reste von Pfahlbausiedlungen. Der Mäuseturm, auch Burg Kachel genannt, besteht heute aus einigen Holzstücken, die unter Wasser im Grund stecken und mit Schlamm bedeckt sind. Die Überreste des Befestigungsbau liegen etwa 240 Meter vom Uferrand des Schlosses Güttingen entfernt. Es muss einst ein imposanter Bau gewesen sein.

Silberglöckchen mit Gesichtern verziert

Vor einigen Jahren fanden Forscher die Holzkonstruktion unterhalb der Wasseroberfläche. Holzpfähle, Keramikgeschirr und Lappenbeile zeugen von den Menschen, die einst in diesem Gebiet wohnten. Hutter schaut aufs Wasser hinaus und sagt: «Wir wissen sehr wenig über die Menschen, die hier lebten.» Anhand der gefundenen Objekte wollen sie mehr herausfinden. Klar ist, dass die Menschen auf dem heutigen Bodensee mit Keramikgeschirr gekocht haben und zudem einen Sinn für Ästhetik hatten. Als Beispiel hält Sutter ein mit Gesichtern verziertes Silberglöckchen in der Hand. «Diese Metallfunde gefallen mir ganz besonders», so Hutter.

Wissen wird weggespült

Zuerst waren sich Forscher sicher, dass der Turm im Mittelalter gebaut und genutzt wurde. Unterdessen vermutet Hutter anderes: «Neuste Funde zeigen, dass ein Teil der Konstruktion älter, nämlich römisch sein könnte.» Sicher ist das erst, wenn die Hölzer mit Hilfe einer Jahrringanalyse ausgewertet sind.

Das Boot hält beim Floss an. Nur wenige Meter daneben liegen die Stücke aus der Vergangenheit. Mehrere Hölzer, die vielleicht schon ein Römer in der Hand hatte, bringt ein Taucher zum Floss. Zuvor hat er das Holz aufwendig aus dem Schlamm befreit und abgesagt. Matthias Schnyder, Grabungstechniker, nimmt den Fund entgegen. Schnyder sagt: «Täglich schaffen wir ein Dutzend Hölzer an Land.» Denn sie wollen möglichst viel Material sichern und dokumentieren, bevor das Wissen weggespült wird. «Durch die Strömung werden Hölzer freigelegt und gehen kaputt.»

Noch bis Ende April werden die archäologischen Untersuchungen fortgesetzt. Es ist unklar, ob auch im nächsten Jahr wieder Taucher Objekte bergen. «Aus Erkenntnissicht würde es sich auf jeden Fall lohnen», sagt Hutter und steigt aus dem Boot an Land.

Quelle: TVO

Am 18. April findet ab 15 Uhr wird die Tauchgrabung, die Analyse der Hölzer sowie das neuste Fundmaterial der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Bei guter Witterung kann das Arbeitsfloss und die Fundstelle im See vom Boot aus besichtigt werden.
veröffentlicht: 11. April 2019 19:05
aktualisiert: 12. April 2019 08:04
Quelle: lou

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