Beil-Angreifer: «Es wurde mir alles zu viel»

19.12.2018, 14:55 Uhr
· Online seit 19.12.2018, 12:01 Uhr
Der junge Lette, der in Flums mehrere Personen mit einem Beil verletzte, steht heute vor Jugendgericht. Er habe seine Taten nicht geplant, sagt der 18-Jährige. Die Staatsanwaltschaft fordert drei Jahre Gefängnis.
Laurien Gschwend
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Der Beschuldigte, der zum Tatzeitpunkt noch 17-jährig war, ist wegen mehrfachen versuchten Mordes angeklagt. Im Oktober 2017 hatte der Lehrling in Flums sieben Personen mit einem Beil in Tötungsabsicht angegriffen und teilweise schwer verletzt. Die Polizei nahm den Letten nach einem Taser- und Schusswaffeneinsatz fest. Dabei wurde er ebenfalls verletzt (Weiteres zum Tathergang findest du hier).

Im Affekt gehandelt

Vor Gericht sagt der junge Mann am Mittwochmorgen, er habe die Taten nicht geplant – alles sei im Affekt passiert. Seine Opfer habe er nicht gekannt und zufällig ausgewählt. «Ich kann mich an vieles gar nicht mehr erinnern», betont er immer wieder. Er trägt während des Prozesses eine Fussfessel, bewegt sich kaum auf seinem Stuhl, spricht laut und zeigt keine Emotionen. Nur zwei de Opfer sind im Gerichtssaal anwesend. Alle anderen Opfer sind laut den Verteidigern psychisch dazu nicht in der Lage.

«Polizei angefleht, mich zu erschiessen»

Am Abend des 22. Oktobers habe er sich das Leben nehmen wollen. Als dies nicht klappte, weil es Zitat: «weh tat», steckte er das Wohnhaus seiner Familie in Brand – er habe seine Mutter verbrennen wollen, weil sie ihn zur Welt brachte. «Von da an habe ich meine Gedanken nicht mehr steuern können», sagt der heute 18-Jährige. Nach den Taten habe er die Polizei angefleht, ihn zu erschiessen.

Schon sein ganzes Leben habe er Minderwertigkeitskomplexe gespürt, sei in seiner Heimat Lettland gemobbt worden. Er habe sich wie ein «Stück Scheisse» gefühlt, erklärt der Lette. «Es ist einfach verrückt. Ich hoffe, irgendwann zu studieren und genügend Geld zu verdienen, um alle Strafen bezahlen zu können.» Jetzt habe er sein Leben unter Kontrolle.

Drei Jahre Freiheitsentzug gefordert

Der Beschuldigte war zum Zeitpunkt der Tat 17-jährig. Für Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren gilt ein spezielles Strafrecht. Das Jugendstrafrecht sieht für Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren, die ein schweres Verbrechen begangen haben, Freiheitsstrafen von bis zu vier Jahren vor.

Die Jugendanwaltschaft klagt den mutmasslichen Täter beim Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland (Jugendgericht) unter anderem wegen mehrfachen versuchten Mordes, versuchter Brandstiftung, mehrfacher einfacher Körperverletzung und mehrfacher Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz an. Sie beantragt einen Freiheitsentzug von drei Jahren sowie eine Busse von 500 Franken.

Stiche in die Augen

Dagegen, dass er sich an nichts mehr erinnern möge, spricht laut der Staatsanwaltschaft, dass der Lette am Tatabend eine Schere dabei hatte – dies laut der ersten Befragung, um seinen Opfern in die Augen zu stechen, direkt in die schwächste Stelle ihres Körpers.

«Wird wohl nie Reue empfinden»

Der Beschuldigte leidet gemäss forensisch-psychiatrischem Gutachten an einer schweren psychischen Störung. Der Anwalt des Angeklagten sagt: «Wegen seiner Schizophrenie wird er wohl nie Reue für seine Taten empfinden.» Es soll eine geschlossene Unterbringung angeordnet werden. Seit März ist er vorsorglich in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung untergebracht. Der junge Mann ist nicht vorbestraft. Er war aber bereits mehrmals durch Gewaltfantasien aufgefallen. Unter anderem versuchte er, mit selbstgebauten Waffen Aufmerksamkeit zu erregen.

Das Urteil wird in den kommenden Tagen erwartet.

veröffentlicht: 19. Dezember 2018 12:01
aktualisiert: 19. Dezember 2018 14:55
Quelle: kov/lag/SDA

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