Bundesrat Schneider-Ammann tritt per Ende Jahr zurück

25.09.2018, 14:57 Uhr
· Online seit 25.09.2018, 09:25 Uhr
Bundesrat Johann Schneider-Ammann tritt per Ende Jahr zurück. Die Parteien würdigen seine Leistungen. Doch sie stellen teilweise auch Forderungen an einen neuen FDP-Kandidaten. In dieser Frage lassen sich weder Partei noch mögliche Kandidaten in die Karten blicken.
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Bundesrat Johann Schneider-Ammann (FDP) tritt per Ende Jahr zurück. Müdigkeit sei nicht der Grund für seinen Rücktritt, betonte der Bundesrat. «Es geht mir gut, ich bin wach», witzelte er zu Beginn der Medienkonferenz. Es waren nicht die einzigen Lacher, die er an der Veranstaltung einheimste. So heiter und entspannt hatten die Journalisten Schneider-Ammann während acht Jahren im Amt nur selten erlebt.

«Wir werden nicht jünger»

Auch die Anfeindungen von Bauern und Gewerkschaftern oder die Kritik wegen Kriegsmaterialexporten hätten nichts mit dem vorzeitigen Rücktritt zu tun. Stattdessen führte Schneider-Ammann seine Frau ins Feld: «Wir werden nicht jünger», sagte der 66-Jährige. Nach acht Jahren müsse es möglich sein, sich zu befreien. Er habe sich schon mit der Kandidatur schwer getan. Nach der Wahl habe er geplant, nach der ersten vollen Legislatur abzutreten. Dann habe er aber so viel Spass an der Tätigkeit bekommen, dass er es nicht habe lassen können, für eine weitere Legislaturperiode anzutreten. Nun wolle er ein «aktiver Grossvater» werden und möglicherweise wieder eine unternehmerische Tätigkeit aufnehmen.

Schneider-Ammann im Interview

Mit seiner Arbeit ist Schneider-Ammann im Rückblick zufrieden. Die Schweiz sei wirtschaftlich stark unterwegs, die Arbeitslosigkeit sei praktisch nicht existent, die Schweiz gelte als höchst innovativ. «In einer solchen Situation geht man als Unternehmer und auch als Politiker etwas leichter vom Posten weg.» In der Digitalisierung habe er ein neues Zeitalter eingeläutet, sagte Schneider-Ammann. Demnächst eröffnet der Bundesrat die Vernehmlassung zur Agrarpolitik nach 2022. Auch die nächste Botschaft für Bildung, Forschung und Innovation wird bald freigegeben. Das Freihandelsabkommen mit Indonesien steht kurz vor dem Abschluss. Weitere Verhandlungen sind laut Schneider-Ammann weit fortgeschritten.

«Die Schweiz durch turbulente Zeiten geführt»

Die FDP Schweiz würdigt Johann Schneider-Ammann als unermüdlichen Kämpfer für den Wirtschaftsstandort Schweiz. Er habe die Schweiz Innovationsstandort ausgebaut und das Land ins digitale Zeitalter geführt. Schneider-Ammann habe die Schweiz als Wirtschaftsminister durch turbulente Zeiten geführt. Stets habe er für die Arbeitsplätze im Land gekämpft, deshalb habe die Schweiz die Krisenjahre vergleichsweise gut gemeistert. Auch habe er sich mit «Herzblut für die Bildung und Innovation eingesetzt». Schneider-Ammann sei ein pragmatischer, stiller Schaffer, wird Parteipräsidentin Petra Gössi in der Mitteilung zitiert: «Er hat sehr viel für die Jobs in der Schweiz, für die Bildung und für die digitale Zukunft erreicht.»

Der Ausserrhoder Ständerat Andrea Caroni über Schneider-Ammann

Bundesrat Johann-Schneiders Amtszeit wird von Schweizer Politologen zwiespältig bewertet. Seinen Rücktritt sehen sie als Chance für die FDP, sich für die Wahlen im kommenden Jahr neu auszurichten. Für die FDP sei der Rücktritt Schneider-Ammanns nur ein Jahr vor den eidgenössischen Wahlen eine ideale Konstellation, sagt der Berner Politologe Mark Balsiger gegenüber der Agentur Keystone-SDA. Der Berner Politologe Adrian Vatter setzt als Nachfolgerin für Schneider-Ammann auf Keller-Sutter. Sie stamme aus der Ostschweiz, sei eine Frau und erst noch im richtigen Alter. Zudem habe sie den Wahlprozess schon einmal durchgemacht und aus Fehlern gelernt.Beide Politologen haben den Eindruck, dass Schneider-Ammann in den acht Jahren im Amt nie richtig in der Regierung angekommen sei. Der Wirtschaftsminister sei im Denken immer unternehmerisch geblieben: «Das politische Denken war ihm fremd», sagte Vatter.

Karin Keller-Sutter würdigt Schneider-Ammann im Ratssaal

Ein paar Minuten nach Nationalratspräsident Dominique de Buman hat auch Ständeratspräsidentin Karin Keller-Sutter den Rücktritt von FDP-Bundesrat Johann Schneider-Ammann kommuniziert. Sie selber gilt als heisseste Anwärterin für dessen Nachfolge. «Es ist noch nicht Zeit für den Abschied», sagte die St. Galler FDP-Ständerätin. «Sie haben noch ein Stück Arbeit vor sich.» Trotzdem würdigte Keller-Sutter das Schaffen ihres Parteikollegen: «Es ist sicherlich Zeit, schon heute herzliche für ihre grosse Arbeit und ihren unermüdlichen Einsatz für die Bevölkerung und die Schweiz zu danken.» Schneider-Ammann sei im Parlament bekannt als «Mann mit Eigenschaften, Mann mit Werten und Überzeugungen», die er stets vertreten habe. «Wir freuen uns auf die weitere gemeinsame Zeit mit Ihnen», sagte Keller-Sutter. Bei der Übergabe des Rücktrittsschreibens habe Schneider-Ammann der Ständeratspräsidentin gesagt, der er nun «etwas Grossvater» sein und mehr Zeit mit der Familie verbringen wolle. «Ich wünsche Ihnen schon heute von Herzen alles Gute für die Zeit danach.»

veröffentlicht: 25. September 2018 09:25
aktualisiert: 25. September 2018 14:57
Quelle: SDA

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