Quelle: FM1Today / Youtube (Corona Mahnwachen)
«Eine so grosse Veranstaltung ist mir bisher in der Pandemie nicht bekannt.» Hanspeter Krüsi, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen, kann noch immer nicht ganz glauben, in welcher Situation sich die Polizei vergangenen Samstagnachmittag im Gommiswald wiederfand. «Ich habe das nicht begriffen. Wie können Corona-Regeln so strikte gebrochen werden, nachdem ein Jahr lang immer wieder darauf aufmerksam gemacht wurde?»
Aber von vorne: Am Freitag erfuhr die Kantonspolizei St.Gallen, dass am Samstag eine Geburtstagsparty mit 90 Personen im Restaurant «Älpli» in Gommiswald geplant sei. «Wir haben daraufhin mit der Wirtin und den Veranstaltern Kontakt aufgenommen und sie darauf aufmerksam gemacht, dass die Party nicht erlaubt ist und sich die Veranstalter strafbar machen», sagt Krüsi.
«Wir wollten eine Eskalation verhindern»
Dennoch wollten die drei Veranstalter das Fest wie geplant abhalten. «Wir gingen also mit einem Polizeiaufgebot am Samstag zum Restaurant und mussten feststellen, dass bereits 40 bis 50 Personen im Restaurant waren und es kamen immer mehr.» Die Veranstalter selbst zeigten sich vor dem Eingang des Restaurants uneinsichtig und kritisierten das Verhalten der Polizei, wie ein Video eines anwesenden Gastes zeigt. Darin ist zu hören, wie ein Veranstalter sagt, dass er keine Busse zahlen werde. Auch motivierten die Veranstalter die Gäste zur Teilnahme, indem sie sagten, die Polizei sei im Unrecht.
«Es war eine schwierige Situation für uns», sagt Krüsi, der selbst vor Ort war. «Für uns war relativ schnell klar, dass wir die Party nicht auflösen können. Es waren Kinder und Rentner im Restaurant und wir wollten nicht, dass es zu einer Eskalation kommt.»
«Wir mussten uns zurückziehen»
War Gewaltpotenzial vorhanden? «Wir mussten eine Lagebeurteilung machen. Wir waren rund ein Dutzend Einsatzkräfte und im Restaurant befanden sich 40 bis 50 Personen. Wenn wir diese aus dem Restaurant hätten führen müssen, hätte es sicher Auseinandersetzungen, unschöne Situationen und möglicherweise auch Verletzte gegeben», sagt Krüsi.
Durch Gespräche habe die Polizei versucht, die Veranstalter zur Vernunft zu bringen und ankommende Gäste von der Teilnahme an der Veranstaltung abzubringen. Die Polizei kontrollierte auch die Zufahrtsstrassen und befragte Personen, wie Augenzeugen gegenüber der «Linth Zeitung» berichten. Durch diese Massnahme habe die Polizei Präsenz markieren wollen. «Nach langer Diskussion mussten wir uns aber zurückziehen und das Fest fand statt.» Wie lange die Feier danach noch dauerte, kann Hanspeter Krüsi nicht sagen.
Referate von Corona-Skeptikern
Erst später fand die Polizei durch Videos auf Youtube heraus, dass die Veranstalter versuchten, den Anlass als religiöse Feier zu tarnen und auch die Geburtstagsfeier wohl erst später stattfand: «Seit Montag wissen wir, dass es mehrere Referate von Corona-Skeptikern gab», sagt Krüsi. Ein bekannter Corona-Kritiker aus Zürich leugnete in seinem Referat die Existenz des Coronavirus. Ein zweiter Referent zeigte den anwesenden Gästen Wege auf, wie diese sich angeblich gegen die Polizei und Bussen wehren können.
Vier Personen werden angezeigt
Dieses vermeintliche Wissen werden viele Gäste direkt anwenden müssen. Die Polizei nahm vor Ort bereits Personalien verschiedener Teilnehmenden auf und machte sie darauf aufmerksam, dass sie eine Busse erhalten werden. «Weitere Personen werden wir im Nachhinein ermitteln und büssen. Die drei Veranstalter: Das Geburtstagskind, sowie die beiden Anti-Corona-Referenten und die Wirtin, werden bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.»
Was, wenn sich die Gäste wie angedroht weigern, die Busse zu bezahlen? «Wenn jemand die Busse nicht fristgerecht bezahlt, gibt es ein ordentliches Strafverfahren, das heisst, eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Wenn diese die Busse als gerechtfertigt beurteilt, erlässt sie einen Strafbefehl und abermals eine Busse. Dazu kommen die Verfahrenskosten – es wird also immer teurer.»
Die Polizei geht davon aus, dass schlussendlich 80 bis 90 Personen an der illegalen Party teilnahmen – die meisten stammen aus der Umgebung von Gommiswald. Auch der Veranstalter sei aus einer Nachbarsgemeinde von Gommiswald. «Es war alles dabei», sagt Krüsi, «vom Kind bis zum Grossvater. Es ist für mich unbegreiflich, wie Corona-Regeln wissentlich, nach einem Jahr mit dem Virus, von so vielen Menschen gebrochen werden».