Hochschulen

Trotz Corona-Symptomen an die Prüfung: Unverantwortlich oder verständlich?

21.01.2022, 21:09 Uhr
· Online seit 21.01.2022, 17:57 Uhr
Lieber mit Symptomen an die Prüfung, als sich auf das Coronavirus testen, ein positives Resultat riskieren und damit nicht zum Test zugelassen werden: So handeln einige Studierende in der derzeit laufenden Prüfungsphase an den Hochschulen. Die HSG appelliert an die Eigenverantwortung der Studierenden.
Anzeige

Aktuell ist an der HSG, wie an vielen Schweizer Hochschulen, Prüfungsphase. Lars W.* studiert an der Universität St.Gallen Betriebswirtschaft und muss aktuell ebenfalls seine Tests absolvieren. Als er fünf Tage vor einer wichtigen Prüfung Corona-Symptome bekommt, beschleicht ihn ein mulmiges Gefühl. Ein erster Selbsttest fällt zwar negativ aus, doch W. hat weiterhin Symptome, auch noch am Tag vor der Prüfung. Nun steckt er in einem Dilemma: Nochmals testen, ein positives Resultat riskieren und damit nicht zur Prüfung zugelassen werden. Oder: Nicht mehr testen und trotz typischer Omikron-Symptome an der Semesterprüfung erscheinen.

Ein zweites Mal lernen oder mit Symptomen an die Prüfung?

W. ist sich bewusst, dass zweitgenannte Option eigentlich unverantwortlich ist. Dennoch entscheidet er sich dafür. Denn: Er hat mittlerweile mehr als einen Monat intensiv gelernt und will die Prüfung unbedingt schreiben, weil der ganze Aufwand sonst vergebens war. Sollte er den Prüfungstermin nicht wahrnehmen können, wäre eine Wiederholung erst während des nächsten Semesters, in ungefähr drei Monaten, möglich – zusätzlich zur Bewältigung der Module, die dann stattfinden, müsste W. den ganzen Lernaufwand ein zweites Mal leisten.

Die HSG setzt auf Eigenverantwortung

Die HSG goutiert diese Entscheidung keineswegs: «Die Studierenden wurden mit Nachdruck ersucht, den Campus ausschliesslich vollständig symptomfrei zu betreten», schreibt HSG-Mediensprecher Jürg Roggenbauch auf Anfrage von FM1Today. Man habe vor Prüfungsbeginn nochmals an alle Studierenden appelliert, ihre Eigenverantwortung wahrzunehmen und den Campus ausschliesslich zu betreten, wenn sie vollständig geimpft, genesen oder negativ getestet sowie vollständig symptomfrei sind.

Die Sache mit den Ersatzterminen

Dass sich einige Studierende derzeit dagegen entscheiden, diese Eigenverantwortung zu tragen, hat wohl mit dem teils erheblichen Mehraufwand zu tun, den eine Prüfungsverschiebung mit sich bringt. Nebst der erneuten Zeitinvestition, um zu lernen, verursacht auch die Verschiebung der Prüfung an sich Zusatzaufwand.

An der HSG können die Studierenden zwar bis Prüfungsbeginn einen Antrag ohne Begründung auf einen «ausserordentlichen zentral organisierten Prüfungstermin» stellen, erklärt Roggenbauch. Dabei bleibt aber die Ungewissheit für die Studierenden, ob diesem Antrag stattgegeben wird.

Reicht Eigenverantwortung, um Corona an der Ausbreitung zu hindern?

Den offiziellen Nachholtermin bietet die Universität St.Gallen wegen Corona bereits im April an. Normalerweise können verschobene Tests erst in der nächsten Prüfungsphase – also im aktuellen Fall im Sommer 2022 – wiederholt werden. Ob April oder Sommer – klar ist: Nochmals gelernt werden muss so oder so. Die Studentinnen und Studenten hätten sich wohl einen früheren Ersatztermin für die Prüfungen gewünscht.

Eine andere Möglichkeit, um zu verhindern, dass Studierende mit Symptomen an den Prüfungen auftauchen, wäre gewesen, eine Testpflicht einzuführen. Ob diese Option diskutiert wurde, dazu konnte die HSG am Freitag nicht mehr Stellung nehmen.

Die Frage, ob mit Eigenverantwortung eine Pandemie bekämpft und bewältigt werden kann, beschäftigt seit deren Beginn. Zumindest im Fall der Hochschulen scheint das nicht immer zu funktionieren.

*Name geändert

veröffentlicht: 21. Januar 2022 17:57
aktualisiert: 21. Januar 2022 21:09
Quelle: FM1Today

Anzeige
Anzeige