Das verlassene Haus bei der Rosenburg

08.12.2016, 11:04 Uhr
· Online seit 07.12.2016, 07:08 Uhr
In unserem speziellen Adventskalender, bei dem wir Türen öffnen, hinter die man eigentlich nicht – oder nicht mehr – schauen kann, blicken wir heute in längst verlassene Kinderzimmer. Hoch über Berneck steht ein letztes Relikt einer einst stolzen Burg. Heute stehen noch zwei Gebäude dieser Burg. Uns wurden die Türen dazu geöffnet.
Raphael Rohner
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«Hier kamen die Bauern früher herein und mussten ihren Zehnten abliefern, also Steuern zahlen», sagt der 74-jährige Tobias Schmid aus Berneck. Er streicht mit seinen grossen Händen über das Holz des Tores, das den Keller des heutigen Fürstenhauses gegen aussen verschliesst. Er habe das Haus gekauft, um ein Stück Geschichte zu bewahren. Das Haus wurde im Jahr 1729 errichtet und wurde bis vor einigen Jahren von einem alten Bauernpaar bewohnt. Heute steht es leer und dient dem Winzermeister als Lager und für Anlässe. «Ich würde es so gerne restaurieren und auf Vordermann bringen, aber die Kosten dafür wären immens», sagt Schmid. Er habe allerhand retten können. Unter anderem die alte Schnapsbrennerei und die alte Obsterei.

Ovomaltine-Dose als Zeitzeuge

Im Keller des Zehntenhauses stehen noch mehrere grosse Holzfässer für Most und alte Dinge aus dem Leben der Familie: Skier, Kisten voller alter Dosen, Werkzeug und Möbel. Im schummrigen Licht, welches durch Spalten des Tores in den staubigen Raum fällt, erstrahlt der Raum geheimnisvoll. Eine alte Ovomaltine-Dose reflektiert das Sonnenlicht golden an das gemauerte Deckengewölbe des Kellers. «Hier kamen früher die Bauern und mussten den Burgherren ihre Waren abgeben», schwärmt Schmid und schaut nachdenklich in die Tiefe des Raumes.

Als wären die Bauern erst gestern ausgezogen

Oben in der Wohnung stehen die Möbel noch da, als wäre das alte Bauernpaar erst vor einigen Stunden ausgezogen. «Die Wohnung im alten Riegelbauwerk wurde damals so billig wie möglich renoviert - so wurden die alten baulichen Meisterwerke verschandelt», ärgert sich Schmid und zeigt auf das Gebälk an einer Trennwand. Das 1729 erbaute Haus wurde mit einfachen Mitteln wohnhaft gemacht. Elektrische Leitungen wurden verlegt, ohne den Bau zu schützen. Der Zahn der Zeit nagt an allen Stellen am Haus und hinterlässt seine Spuren: Die Böden knarren laut und die Wände sind bröslig. «Trotzdem könnte man sofort wieder hier einziehen. Die Leitungen funktionieren und der Ofen könnte befeuert werden.»

Herisauer baute Burg im Rheintal

Weit oberhalb des Zehntenhauses steht gut sichtbar ein Burgtürmli in den Weinreben. Dies gehört ebenso dem Winzer Schmid: «Es ist das letzte Überbleibsel der einst so grossen Burg Rosenberg.» Diese wurde um das Jahr 1305 erbaut von Rudolf von Rosenberg aus Herisau. Dadurch wurde sie in den Appenzellerkriegen nicht zerstört. Im Jahr 1505 wurde die Burg von der Abtei St.Gallen gekauft und schliesslich 1811 zum Abbruch verkauft. Heute quartiert sich Schmid gelegentlich im kleinen Gartentürmchen ein und verbringt den Sommer da - umringt von seinen Reben. Ebenso empfängt er Gäste auf seinem Schlössli. Schmid erinnert sich an einen Jux, den sich die Gemeinde an einem ersten April ausgedacht hat: «Sie stecktem Bauvisiere dort, wo die zehn Meter hohen Burgmauern standen, und die Leute dachten, dass die Burg wieder aufgestellt würde.»

 
 

FM1Today

veröffentlicht: 7. Dezember 2016 07:08
aktualisiert: 8. Dezember 2016 11:04

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