Die Frau, die tausende Worte kennt

09.03.2019, 06:18 Uhr
· Online seit 09.03.2019, 06:15 Uhr
Wenn es um Worte geht, kann man Blanca Gröbli-Canonica gar nichts vormachen. Die leidenschaftliche Scrabble-Spielerin zählt zu den besten Turnierspielerinnen im deutschsprachigen Raum. Das nächste internationale Turnier, das sie bestreitet, findet in St.Gallen statt.
Stefanie Rohner
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Aus, Braus, Laus, Saus, Kraus: Sobald der erste Buchstabe auf dem Brett liegt, beginnt es in Blanca Gröblis Kopf zu rattern. Wort um Wort erscheint vor ihren Augen. Doch sie legt nicht einfach das erstbeste, sondern das beste. Nicht einmal jene Worte mit Q, X oder Y sind ein Problem für sie.

«Es gibt auch Schrott-Worte. Die geben praktisch keine Punkte. Ich lege sie dann nicht», sagt sie. Die Oberuzwilerin Gröbli-Canonica weiss, wie man am meisten Punkte absahnt oder sich mit den sogenannten Bingo-Worten noch 50 Punkte extra holen kann.

«Ich war sofort fasziniert»

Ihre Leidenschaft für das Spiel mit den Worten hat sie vor 18 Jahren entdeckt, als Freunde zu Besuch waren. Franzosen wohlgemerkt. Das Spiel war also nicht mit deutschen Wörtern zu meistern. «Da habe ich Scrabble zum ersten Mal gesehen und es hat mich fasziniert. Ich habe mir sofort die deutsche Version davon gekauft», sagt Gröbli-Canonica.

Seither vergeht nicht ein einziger Tag, an dem sie nicht scrabbelt. Manchmal online, viel lieber aber auf dem Brett. «Das ist die Königsdisziplin», sagt die 75-Jährige. Das erste Turnier hat sie 2002, ein Jahr nachdem sie das erste Mal Scrabble gespielt hat, bestritten.

Talent und eine Portion Glück

Die Wochenzeitung «Die Zeit» veranstaltete schon damals Scrabble-Turniere. Gröbli-Canonica war dazumal in der Scrabble-Szene noch unbekannt. Das sollte sich aber schnell ändern. Denn 2005 holte sie als erste Schweizerin den Sieg am «Zeit»-Turnier in Hamburg. Im Jahr darauf räumte sie gleich nochmal ab.

«Das ist das Grösste, was ein Scrabbler erreichen kann - ein Turniersieg ist was besonderes», sagt sie sichtlich stolz. Sie sagt, alles habe zusammengepasst. Denn auch im Scrabble spiele nicht nur das Talent mit, es brauche auch ein bisschen Glück.

«No risk, no fun»

Die Turniere, so sagt die 75-Jährige, seien spannend, aber auch nervenaufreibend. Sie sei zwar nicht nervös, aber während einer Partie sei man gefordert und man brauche seine volle Konzentration. Den Nervenkitzel mag sie.

«Jede Partie entwickelt sich anders. Es kommt stark darauf an, was der Gegner legt und welche Strategie er verfolgt. Spielt jemand offensiv, kann das Gegenüber viele Worte anhängen. Spielt er defensiv, gibt es nicht wahnsinnig viele Möglichkeiten. Ich bin bekannt für mein offensives Spiel - no risk, no fun», sagt Gröbli-Canonica und schmunzelt. Im Finale, wenn es knapp wird, müsse man aber taktisch vorgehen.

Der Duden - die Bibel des Spiels

Gröbli-Canonicas Wortschatz ist riesig. Wie viele Wörter sie kennt, kann sie unmöglich sagen. Wenige sind es nicht, denn die ehemalige Lehrerin ist sehr belesen. Zudem kennt sie wohl alle Worte, die für Scrabble wichtig sind. «In der Grammatik muss man absolut sattelfest sein», sagt sie.

Ihre Bücherwand umfasst viele Werke - alte Bücher und neue. Und vor allem natürlich den aktuellsten Duden. An diesem orientieren sich die Scrabbler, er ist quasi die Bibel für das Spiel. Der neue Duden umfasst 5000 neue Worte, die heute im Scrabble auch gültig sind.

«Die neuen Begriffe kann man sich am besten merken, wenn sie jemand während des Spiels legt. Neu sind sogar Worte aus der Jugendsprache, englische Begriffe und Schweizer Worte gültig», sagt Gröbli-Canonica.

Das Ziel: Top Ten

Vom 15. bis 17. März findet in St.Gallen das internationale Scrabble-Turnier im Adlersaal St.Georgen statt. Gröbli-Canonica ist mit von der Partie, rechnet aber nicht unbedingt mit einem Sieg. «Viele junge Leute sind nachgerutscht. Sie können sehr schnell denken. Es ist schön, wenn eine neue Generation dabei ist. Es soll ja nicht einfach ein Denksport für ältere Leute sein», sagt sie.

Und an den Turnieren zeigt sich: Das ist es keinesfalls. Vom 20-Jährigen bis zur 85-Jährigen sind alle Altersklassen vertreten. Gröblis Ziel ist es, die Top Ten zu erreichen. Im vergangenen Jahr wurde sie drei Mal Dritte an grossen Turnieren.

Diese Platzierung reicht ihr, sie finde es nicht schlimm, nicht im Finale zu stehen. Die Konkurrenz ist gross. Für Gröbli kommen am Turnier in St.Gallen sicher 15 Leute für den Sieg in Frage. Wer jetzt denkt: Wer interessiert sich schon für Scrabble? – Das Finale in St.Gallen wird nicht nur auf Grossleinwand, sondern auch im Internet übertragen.

Blanca Gröbli-Canonica organisiert Scrabble-Treffs in St.Gallen und Uznach. Jeden letzten Mittwoch im Monat wird im Restaurant Marktplatz St.Gallen gespielt und jeden zweiten Dienstag im Hotel Uzwil. «Es wäre natürlich schön, wenn wir dort auch etwas Zuwachs hätten.»
veröffentlicht: 9. März 2019 06:15
aktualisiert: 9. März 2019 06:18

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