Ein zweites Leben geschenkt

24.05.2017, 10:54 Uhr
· Online seit 24.05.2017, 05:52 Uhr
Seit knapp drei Wochen ist Rosie Hörler wieder zuhause. Davor hat sie rund einen Monat im Spital verbracht, um ihr Immunsystem auszuwechseln. Die Leukämiepatientin hat eine Stammzellentransplantation hinter sich. Heute will sie andere Menschen dazu aufrufen, sich als Spender registrieren zu lassen.
Fabienne Engbers
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Rosie Hörler hat Leukämie. Hatte - besser gesagt. Dank einem geeigneten Stammzellenspender ist sie daran, ihre Krankheit zu überwinden. Zum Weltblutkrebstag, der am 28. Mai stattfindet, will die FM1-Moderatorin nun möglichst viele Menschen dazu animieren, sich als Spender zu registrieren.

Rosie Hörler hat ein Jahr voller Hochs und Tiefs hinter sich. Letztes Jahr im Februar dachte sie, dank Chemotherapie von ihrer Leukämie geheilt zu sein und sprach darüber, wie es für sie jetzt weiter geht. Sie reiste mal hier hin und mal dort hin, genoss das ferne Israel genauso wie den nahen Alpstein und den gefrorenen Seealpsee im Winter.

Im Januar 2017 dann das Tief: Rosie erhielt den Bescheid, dass der Krebs zurück ist. «Es war, als ob man nochmals einen Schlag ins Gesicht bekommt», sagt sie heute. Zusammen mit ihrer Familie und ihrem Freund hat sie sich aber schnell dafür entschieden, nochmals zu kämpfen. Nochmals eine Chemotherapie durchzustehen. Eine Stammzellenspende wurde zum Thema, dadurch könne die Moderatorin endgültig geheilt werden.

Spender waren schnell gefunden

Es dauerte nicht lange, bis Spender gefunden waren, drei kamen infrage. «Ich hatte grosses Glück.» Dann ging alles ganz schnell. «Ich bekam den Bescheid, dass ein Spender da ist und dass schon in zwei Wochen die Transplantation beginnt.» Das war für Rosie dann doch etwas schnell. «Aber so hatte ich wenigstens keine Zeit, noch gross zu überlegen.»

Anfang April ging es für die Appenzellerin ins Unispital Zürich, dort wurden ihr ihre alten Stammzellen entfernt und die neuen eingesetzt. Ohne grössere Komplikationen akzeptierte Rosie Hörlers Körper sein neues Immunsystem. Mittlerweile kann die 29-Jährige wieder unterwegs sein und findet im FM1-Studio ein wenig Ablenkung von ihrer Krankheit. Von hier aus macht sie heute Mittwoch auch den ganzen Tag darauf aufmerksam, dass weltweit Stammzellenspender gesucht werden.

«Es geht mir sehr gut»

Sieben Wochen nach der Transplantation spürt Rosie Hörler die Folgen natürlich noch. «Wenn ich keine Termine habe, schaffe ich es morgens fast nicht aus dem Bett», sagt sie und lacht. Ansonsten gehe es ihr aber gut. «Mit dem Kreislauf und der Kondition habe ich noch Mühe, aber das kommt schon.» Man merkt, Rosie ist Optimistin durch und durch. Sie weiss, dass der Verlauf nach der Transplantation optimal war. «Ich hatte nur ganz kleine Beschwerden, wie zum Beispiel trockene Schleimhäute.»

Wenige Beschwerden - nach einer Stammzellentransplantation ist das alles andere als normal. Des Öfteren kommt es bei Patienten zu Komplikationen mit dem neuen Immunsystem. «Zum Beispiel ist es möglich, dass das neue Immunsystem den Körper angreift», sagt die Moderatorin. Sie selbst spürt davon nichts, nur ein leichtes Jucken auf der Haut erinnert sie an die Vorgänge in ihrem Körper. «Das ist aber auch gut, so merkt man, dass sich etwas tut.»

«Ich war total überrumpelt»

Als ein Spender für Rosie gefunden war, wurde sie davon total überrumpelt. «Ich fühlte mich überhaupt nicht vorbereitet und war fast ein bisschen wütend, weil alles so kurzfristig war. Ich wollte eigentlich noch in die Ferien fahren und so viele Sachen machen.» Die Ärzte machten ihre aber klar, dass die Transplantation bald über die Bühne gehen muss.

«Das Schlimmste war die Bestrahlung»

Vor der Transplantation wurde Rosie Hörler eine Woche lang bestrahlt. Eine hochdosierte Chemotherapie wurde ihr zusätzlich verabreicht. Diese Bestrahlung war für die 29-Jährige das Schlimmste. «Das hat mich recht mitgenommen.»

Die Transplantation an sich fand Rosie dann nicht mehr so schlimm. «Dass ich das Blut eines anderen erhalte, war für mich nichts Neues. Viel spannender fand ich, dass ich durch die Transfusion neue Stammzellen erhalte, das sich einfach so, ohne Hilfe, seinen Weg durch mein Blut in meine Knochen bahnt.»

«Ich machte viel Yoga»

Nach der Transplantation musste Rosie Hörler in ihrem sterilen Zimmer bleiben. Menschen, die zu Besuch kamen, mussten Schutzmäntel tragen, damit sie keine Keime mit hinein tragen. «Händchen halten war erlaubt, diese kann man gut desinfizieren.»

Frischluft war drei Wochen lang tabu. «In dieser Zeit habe ich viel Radio gehört und Yoga gemacht.» Nach drei Wochen fingen die Zellen wieder an zu wachsen. «Dann durfte ich einmal in den Gang, am nächsten Tag sogar in den Park und als die Zellen stabil waren, konnte ich wieder heim.» Nach vier Wochen in einem mintgrünen Spitalpyjama freute sich die Moderatorin vor allem darauf, wieder die eigenen Kleider anziehen zu können.

«Man schätzt das Leben mehr»

Gleich mehrere Male war Rosie Hörler in den letzten Jahren dem Tod nahe. Während der ersten Chemotherapie musste sie wegen einer Blutvergiftung auf die Intensivstation verlegt werden. Nun hat sie ein neues Leben geschenkt bekommen, das sie in vollen Zügen geniessen will. «Ich habe bereits nach der ersten Chemotherapie angefangen, das Leben mehr zu schätzen.»

Die 29-Jährige regt sich nicht mehr so schnell über Kleinigkeiten auf. «Für jeden coolen Tag, den ich geniesse, bin ich dankbar. Ein kleiner Ausflug, meine Freunde und Familie oder ein gutes Essen sind mir heute mehr wert.» Auch ihren Job als Radio-Moderatorin schätzt Rosie mehr. «Ich gehe extrem gern zur Arbeit, wer kann das schon von sich behaupten?» Nie mehr würde sie sich wünschen, krank zu sein, um nicht arbeiten gehen zu müssen. Nebst der Arbeit schätzt Rosie Hörler vor allem das Reisen in neue Länder. In Zukunft will sie wieder vermehrt reisen, ihr Leben geniessen.

«Zurzeit bin ich noch sehr eingeschränkt»

Fliegen könnte Rosie Hörler momentan allerdings noch nicht. «Ich muss noch extrem aufpassen, damit mein Immunsystem nicht zu sehr gefordert ist.» In ein tropisches Land reisen ist für die 29-Jährige zurzeit genauso unmöglich wie ein Ausflug mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Ins Unispital nach Zürich fährt Rosie daher momentan mit einem gemieteten Auto.

«Bis hundert Tage nach der Transplantation muss ich extrem aufpassen, bis dahin ist es noch kritisch.» Menschenmengen wie beispielsweise an Festivals, Fussballspielen oder öffentlichen Plätzen muss sie meiden. Ausserdem trägt sie immer einen Mundschutz im Spital, da es dort von Bakterien wimmelt. Auch ihre Ernährung musste die Appenzellerin umstellen, ihr Lieblingskäse - Appenzeller - ist zurzeit tabu. «Ich muss einfach aufpassen, dass ich mich nirgends anstecke.» Nach Tag hundert sollte Rosies neues Immunsystem seine Funktionen aufgenommen haben.

«Das Clanx ist ein Muss»

Heute Mittwoch ist Rosie bei Tag 41 von 100. Gegen Ende ihrer «Aufpass-Phase» will sie ihre Vorschriften nicht mehr ganz so eng sehen. «Gegen Ende Sommer will ich definitiv noch einige Festivals besuchen. Als Appenzellerin ist das Clanx-Festival natürlich ein Muss.» Bis dahin sollte ihr Immunsystem das aushalten.

Auch sportlich hat sich Rosie schon wieder viel vorgenommen. Im September könnte sie sich vorstellen, am Greifenseelauf mitzumachen.

Letztes Jahr im Februar gab Rosie ihr erstes emotionales Comeback nach der Chemo, dieses Jahr wird es bereits das «zweite erste Mal».

Du willst auch Gutes tun? Informiere dich über eine Stammzellspende und lass dich hier eintragen.
veröffentlicht: 24. Mai 2017 05:52
aktualisiert: 24. Mai 2017 10:54
Quelle: enf

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