Eine Leiche trieb im Gübsensee

21.12.2016, 08:54 Uhr
· Online seit 21.12.2016, 06:22 Uhr
Der Gübsensee ist für viele vor allem ein Ort, wo man die Natur geniessen kann. Für unseren Adventskalender werden uns aber die Türen «unter» dem See geöffnet und der Wärter des Sees sagt uns, was er schon alles aus den Tiefen des Wassers geholt hat.
Fabienne Engbers
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In einer Seelenruhe liegt er da, der Gübsensee. Um ihn herum laufen Spaziergänger und Jogger, die sich in der Natur erholen. Ein bisschen weiter unten, mitten im Berg, da tobt es dagegen. Die Turbinen der St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke SAK wälzen das Wasser aus dem Gübsensee umher und produzieren damit Strom. Martin Koller (36), der Wärter vom Gübsensee, schaut für beide Seiten. Der Gübsensee ist dank ihm sauber und die St.Galler bekommen Strom.

«Es ist einfach schön, hier zu arbeiten»

Martin Koller hegt und pflegt «seinen» Gübsensee schon seit 15 Jahren. «Ich bin gerne draussen und kann mir hier meine Arbeit selber einteilen, das fasziniert mich an diesem Job», sagt der 36-Jährige. Er ist nicht nur für die Umgebung rund um den Gübsensee verantwortlich, sondern auch dafür, dass das Wasser aus dem Gübsensee ins Kraftwerk gelangt. Durch ein riesiges Rohr fliesst das Wasser unterirdisch vom Gübsensee bis in die Turbine, wo daraus Strom gemacht wird.

Blätter, tote Fische und eine Leiche

Martin Koller hat in den letzten 15 Jahren so einiges aus seinem See gefischt. «Im Herbst haben wir natürlich sehr viel Laub. Im Winter schwemmt es auch mal ein totes Tier an, das auf den gefrorenen See gelaufen und dann eingebrochen ist.» Diese muss der Gübsensee-Wärter aus dem See herausfischen und der Polizei übergeben. «Das stinkt meistens ganz schön», sagt Martin Koller.

Einmal musste Martin Koller auch eine menschliche Leiche bergen. «Wir wussten schon davor, dass sehr wahrscheinlich jemand im See treibt. Taucher haben die Person jedoch nicht gefunden», sagt er.

Neben dem wachsamen Auge von Martin Koller sorgt zusätzlich ein «Rächen» vor dem riesigen Rohr dafür, dass nichts ausser Wasser mit den Turbinen des Kraftwerks in Berührung kommt.

Regelmässige Kontrollen sind Pflicht

Das Rohr hinter dem «Rächen» sieht man normalerweise nicht. Martin Koller öffnet für uns aber die Türe, die zwei Meter der Röhre frei legt. «Das ist der einzige Ort, an dem man dieses Rohr sehen kann», sagt der Gübsensee-Wärter.

«Nur hier kann man das durchfliessende Wasser stoppen. Diese Funktion brauchen wir, um Kontrollen und Revisionen an der Röhre oder an den Turbinen durchzuführen.» Eine riesige Apparatur kann die Röhre mit viel Druck schliessen. In dem kleinen Raum, der in den Berg hinein gebaut wurde, war es früher sehr nass. Eine Lüftung, die letztes Jahr eingebaut wurde, hat dem nun Abhilfe geleistet.

Einmal im Jahr wird der Notschalter betätigt

Ein bisschen weiter oben, direkt unterhalb der Staumauer, steht ein kleines, unscheinbares Häuschen. Darin befindet sich einer der wichtigsten Schalter überhaupt. Mit diesem Schalter kann man den See komplett ablassen. Gemacht wurde das allerdings noch nie. «Warum der Schalter genau eingebaut wurde, weiss ich auch nicht», sagt Martin Koller.

Einmal im Jahr öffnet er den Schalter und lässt das Wasser ablaufen. «Allerdings nur für fünf Minuten, das merkt man kaum.» Damit wird der Ablauf des Gübsensees einmal durchgespült und getestet, ob die Apparatur noch funktioniert. «Würde man den Schalter zwei Stunden offen lassen, wäre der See komplett geleert», sagt Martin Koller.

Wenn alle Turbinen laufen, kann man hier nicht mehr sprechen

Ein bisschen den Berg hinunter entdeckt man den einen oder anderen Schacht, der vom Berg in die Sitter führt. Dort endet auch die besagte grosse Röhre, mitten im Berg, dort, wo die Turbinen der SAK stehen. Drei sind es an der Zahl, alle drei sind gelb und gross. «Im Moment haben wir wenig Wasser, weil es lange nicht geregnet hat», sagt Martin Koller. Nur eine der drei Turbinen ist deshalb in Betrieb. Würden alle drei Turbinen laufen, könnte man sich in der riesigen Halle, die sich ebenfalls im Berg befindet, nicht mehr unterhalten. Die SAK führt für Interessierte und Schulklassen kostenlose Führungen durch, um die Turbinen zu zeigen. Das Rohr und der Notschalter bleiben aber - normalerweise - hinter verschlossenen Türen.

FM1Today

veröffentlicht: 21. Dezember 2016 06:22
aktualisiert: 21. Dezember 2016 08:54

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