Mutmasslich vergifteter Pussy-Riot-Aktivist in Berliner Spital

16.09.2018, 14:40 Uhr
· Online seit 16.09.2018, 02:10 Uhr
Der mutmasslich vergiftete Pussy-Riot-Aktivist Pjotr Wersilow wird nun von Spezialisten in der Berliner Charité behandelt. Der 30-Jährige traf am Samstagabend mit einem Ambulanzflieger in Berlin ein. Das bestätigte der Gründer der Initiative «Cinema for Peace», Jaka Bizilj, am Sonntag.
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Er hatte den Transport auf Bitte der Familie organisiert. Seiner Freundin zufolge litt Wersilow weiter an Halluzinationen.

Wersilow wurde am Flughafen Berlin-Schönefeld von seiner Ehefrau und Pussy-Riot-Frontfrau Nadja Tolokonnikowa erwartet, von der er seit Längerem getrennt lebt. Sie veröffentlichte auf Twitter ein kurzes Video, wie Wersilow nach seiner Ankunft im Flugzeug versucht, sich aufzusetzen. Er wirkt darauf etwas benommen.

«Ich gehe davon aus, dass er mit Absicht vergiftet wurde und dass es entweder um Einschüchterung oder sogar einen Mordanschlag ging», sagte Tolokonnikowa der «Bild am Sonntag».

Auch Wersilows Lebensgefährtin Veronika Nikulschina hatte zuvor ihren Verdacht bekräftigt, Wersilow sei vergiftet worden. «Es ist definitiv eine Vergiftung», sagte sie der russischen Nachrichten-Website «Medusa».

Der 30-jährige Regierungskritiker, der auch die kanadische Staatsbürgerschaft hat, war am Dienstagabend in ein Moskauer Spital eingeliefert worden, nachdem er nach Angaben Nikulschinas nach einer Gerichtsanhörung zunächst sein Seh- und später auch sein Sprechvermögen verloren hatte. Am Donnerstag wurde er auf die Intensivstation des renommierten Sklifossowski-Instituts verlegt.

Wersilow und Nikulschina gehören zu einer Gruppe von vier Pussy-Riot-Mitgliedern, die beim Finale der Fussball-Weltmeisterschaft im Juli in Polizeiuniformen auf das Spielfeld gestürmt waren, um gegen die Unterdrückung politisch Andersdenkender in Russland zu protestieren.

Wegen des Protestes sassen sie zwei Wochen in Haft. Die Gruppe wird regelmässig von den russischen Behörden gegängelt.

Wersilow ist Gründer der Website MediaZona, die über Gerichtsverfahren gegen Menschenrechtsaktivisten berichtet. In jüngster Zeit arbeitete er an einem Dokumentarfilm über einen der drei russischen Journalisten, die im August bei Recherchen über eine russische Söldnergruppe in der Zentralafrikanischen Republik getötet worden waren.d

veröffentlicht: 16. September 2018 02:10
aktualisiert: 16. September 2018 14:40
Quelle: SDA

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