«Fremde Katzen sollte man nicht füttern»

19.06.2018, 10:40 Uhr
· Online seit 18.06.2018, 05:58 Uhr
In vielen Wohngegenden in der Schweiz gehört es zum Alltag, dass die Katze des Nachbarns ab und zu im eigenen Garten vorbeischaut. Genauso normal ist es für viele Bewohner, das Kätzchen auch mal zu Streicheln oder gar zu Füttern. Dies kann jedoch heftige Folgen haben.
Nina Müller
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«Thiago ist jetzt gerade nach Hause gekommen und fast an einem Asthmanfall gestorben!! [...] Da er wieder so extrem nach eurem Waschmittel/Weichspüler riecht, muss er direkt von Euch gekommen sein», so beginnt der Brief von Kristina W. an ihre Nachbarn. Kristina W. lebt mit ihrem Ehemann in St.Margrethen. Seit Wochen ist der Kater über Stunden weg, wird immer dicker und aggressiver. Nun hat der Tierarzt auch noch Asthma bei dem Kleinen diagnostiziert. Gemäss der Tierärztin muss dies eine allergische Reaktion auf neue Duftstoffe oder Ähnliches sein.

«Wir haben Euch bereits mehrmals darum gebeten [...] unsere Katze nicht mehr reinzulassen. Zudem möchten wir auch nicht, dass Thiago durch Euch gefüttert wird. [...] Wir bangen bei jedem Asthmaanfall um sein Leben», geht es im Brief weiter.

Doch wie ist die Gesetzeslage? Darf man fremde Katzen füttern und ins eigene Heim lassen? Wo sind die Grenzen?

«Fremde Katzen sollte man nicht füttern»

Nicole Rohner, Präsidentin des Tierschutzverein Rheintal kann Auskunft geben. «Eine fremde Katze sollte man weder ins Haus lassen noch füttern. Es gibt viele Katzen, die einfach gerne jammern – vor allem bei solchen Büsis sollte man nicht weich werden. Wenn die Katze gesund aussieht, sollte man sie einfach in Ruhe lassen», sagt die Präsidentin des Tierschutzvereins Rheintal. Werden die Katzen von Fremden so verhätschelt, entwöhnen sie sich von ihrem eigentlichen Zuhause. Nicole Rohner erhält durchschnittlich zwei bis drei Anrufe pro Woche von Menschen die Katzen vor ihrem Haus finden und mit hineinnehmen. «Eine normale Hauskatze hat in ihrem Heim ihr Plätzchen und kann ohne Probleme einige Nächte draussen verbringen. Man muss die Katze nicht in Watte packen.» Auch die Stiftung «Tier im Recht» erhält oft Anrufe von Besitzern, deren Katzen fremdgefüttert werden.

Verwahrloste Katzen zum Tierarzt bringen

Die einzige Situation, in der man sich um eine fremde Katze kümmern sollte, ist wenn sie verwahrlost wirkt. Gemäss Nicole Rohner erkennt man eine verwahrloste Katze an folgenden Merkmalen: hohes Alter, abgemagert, verwirrt, verschleimte Augen, struppiges Fell und verängstigt.  «Wenn man so eine Katze findet, sollte man zuerst bei einer Tiermeldestelle anrufen und sich vergewissern, dass dieses Tier auch wirklich Hilfe braucht. Der Nächste Schritt wäre dann einen Besuch beim Tierarzt. Die Arztkosten muss nicht zwingend der Finder bezahlen», sagt Christine Künzli, stellvertretende Geschäftsleitung der Stiftung «Tier im Recht».

Massnahmen bei Fremdfütterung

Kommt es tatsächlich so weit, dass jemand die eigene Katze füttert, sind sich der Tierschutzverein, die Stiftung «Tier im Recht» und auch die Polizei alle einig. Zuerst sollte man das Gespräch mit dem betreffenden Nachbarn suchen. «In so einem Gespräch kommen dann auch oft die Beweggründe für ein solches Verhalten zum Vorschein. Manchmal lässt sich dann eine Lösung finden, wie zum Beispiel eine Einigung darauf, dass der Nachbar die Katze besuchen kommen darf», sagt Nicole Rohner. Weigert sich der Nachbar weiterhin das Füttern einzustellen, empfiehlt Christine Künzli, der betreffenden Person die rechtlichen Folgen zu erläutern. Nützt auch das nichts, hat man die Möglichkeiten, einen Friedensrichter aufzusuchen oder mit der Polizei in Kontakt zu treten. Hanspeter Krüsi, Mediensprecher der Kantonspolizei St. Gallen bestätigt diese Aussage. «Wenn das Gespräch mit dem Nachbarn keinen Erfolg hat, bieten wir an, dass die Polizei mal mit ihm spricht. Der nächste Schritt wäre dann eine Anzeige», sagt Krüsi.

Kristina W. ist mittlerweile umgezogen und der Zustand des Katers hat sich sichtlich verbessert. «Thiago hat deutlich an Gewicht verloren, ist wieder ruhiger und die Ashtmaanfälle bleiben aus», sagt Kristina. «Wir sind sehr erleichtert, geht es ihm besser und hoffen, dass andere Katzenbesitzer nicht auch in so eine Lage gebracht werden.» Zur Vorbeugung solcher Situationen empfiehlt Christine Künzli, die Hauskatze unbedingt chipen zu lassen. So ist der Erfolg vor Gericht, falls es denn so weit kommen muss, auch eher garantiert.
veröffentlicht: 18. Juni 2018 05:58
aktualisiert: 19. Juni 2018 10:40

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