Geschwister im Geschwindigkeitsrausch

· Online seit 01.10.2018, 05:51 Uhr
Von Klein auf stehen die Herisauer Julia und Felix Meier auf dem Skateboard. Auf dem Pumptrack fahren die Geschwister von Podestplatz zu Podestplatz. Die Leidenschaft für das Boarden haben sie von ihrem Vater.
Marc Sieger
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Die langen Haare flatternd im Wind, die Gesichter hochkonzentriert jagen sich Julia und Felix Meier über den Pumptrack - der zehnjährige Felix vorneweg, Julia, zwölf Jahre alt, dicht auf. Die Arme eng an den Körper gelegt, pushen sie über die Betonwellen, liegen in die Kurven und sausen tief in der Hocke über die kurzen geraden Abschnitte des Pumptracks.

«Pump-Queen» und bester «Rookie»

Julia und Felix sind heute zum Training nach Balzers gekommen. Auf dem Pumptrack im Liechtensteiner Dorf tummeln sich nur ein paar Kinder mit Velos und Scootern. Als das Geschwisterpaar aus Herisau ankommt machen sie aber bereitwillig Platz und schauen ehrfürchtig vom Rand aus zu wie die beiden jungen Skatebaorder über die Strecke sausen. Kein Wunder: Julia und Felix Meier gehören in ihrer Altersklasse zu den schnellsten Skateboardern der Schweiz. Julia hat sich dieses Jahr bei der «Pump-King-Challenge», die in etwa den Status einer Schweizermeisterschaft hat, den Meistertitel geholt und darf sich nun «Pump-Queen» nennen. Felix führt bei den «Rookies», den Fahrern zwischen acht und zwölf Jahren, die Rangliste an.

Julia und Felix Meier auf dem Pumptrack in Balzers

So konzentriert und verbissen die Geschwister auf der Rennstrecke dem Geschwindigkeitsrausch nachjagen, so schüchtern und bescheiden geben sie sich neben dem Pumptrack. Auch wenn sie von Podestplatz zu Podestplatz fahren, der Sieg ist für sie nebensächlich. «Beim Skaten fühle ich mich frei», sagt Felix. «Es ist einfach cool und man kann an seine Grenzen gehen». Gleicher Meinung ist seine ältere Schwester. «Man kann so schnell sein wie man will, es macht einfach Spass», schwärmt Julia.

Die Zwölfjährige sieht sich gerne als Vorbild. Zwar gäbe es immer mehr Frauen, die Skateboarden, dennoch seien sie im von Männern dominierten Sport nach wie vor in der Unterzahl. «Dabei können auch Frauen schnell sein», sagt Julia. Gerne würde sie mehr Mädchen animieren, sich aufs Brett zu wagen.

Während die Schwester vor allem schnell sein will, versucht sich der Bruder gerne an verschiedenen Tricks. Wie er über die Betwonwelle saust greift er das Brett mit einer Hand, hebt es an und fliegt einen guten Meter weit durch die Luft.

«Ich will Leidenschaft weitergeben »

Auf dem Brett standen die Geschwister, kaum konnten sie laufen - zuerst auf dem Snowboard, dann auf dem Skateboard. Julia war vier Jahre alt, Felix zwei. Die Leidenschaft fürs Boarden haben die Geschwister von ihrem Vater. Manfred Siegrist führt in Gossau ein Snow-und Skateboardgeschäft und steht selbst schon sein ganzes Leben auf dem Brett. «Als ich wusste, ich bekomme Kinder war für mich klar: ich möchte diese Leidenschaft weitergeben», sagt Siegrist.

Beim Training in Balzers steht er neben dem Pumptrack und feuert seine Kinder an: «Jetzt Pushen. Los, los, los», ruft er, wenn Felix und Julia über die Betonwellen sausen. «Jetzt in die Knie, und Tempo».

«Fraglich ob man Erfolg will»

Der Vater ist sichtlich stolz auf seine Kinder. «Es ist wunderschön zuzuschauen, wie Julia und Felix täglich Fortschritte machen». Auf die Frage, ob er seine Kinder auch im internationalen Brettsportzirkus künftig an der Spitze sieht, zögert er aber. «Es ist fraglich, ob man das will». Schliesslich gehe der Erfolg auch mit vielen Entbehrungen einher. «Sie sollen vor allem Spass haben», sagt der Familienvater.

Julia und Felix haben sich trotzdem hohe Ziele gesetzt.« Ich will mal an der Snowboardweltmeisterschaft teilnehmen», sagt Julia. Felix will Skateboardprofi werden. «Mein Ziel ist die Olympiade».

So geben die beiden beim Training in Balzers auch alles. Nach zwei Stunden auf dem Pumptrack nehmen sie verschwitzt aber zufrieden ihre Skateboards unter den Arm und machen sich auf den Heimweg. Julia und Felix wollen noch an eine Geburtagsparty. Und typisch für die Geschwister im Geschwindigkeitsrausch können sie gar nicht schnell genug dort sein.

(mas)

 

veröffentlicht: 1. Oktober 2018 05:51
aktualisiert: 1. Oktober 2018 05:51

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