Höhere Bussen für Velofahrer?

07.03.2018, 17:34 Uhr
· Online seit 07.03.2018, 17:20 Uhr
Velofahrer sollen gleich hohe Bussen für Verkehrsdelikte zahlen wie Autofahrer, geht es nach einem Vorstoss von über 70 Nationalräten. Die Vorlage stösst auf Kritik, jedoch auch ein bisschen Zustimmung, gerade bei unseren Lesern.
Leila Akbarzada
Anzeige

Es ist nichts Ungewöhnliches: Die Ampel steht auf Rot, doch der Velofahrer biegt noch schnell rechts ab. Wird er von der Polizei erwischt, tut es ihm nicht so weh wie dem Autofahrer, der über Rot fährt: Der Autofahrer zahlt 250 Franken, wenn er ein Rotlicht überfährt. Der Velofahrer hingegen nur 60 Franken.

Dieser Ungleichheit wollen über 70 Nationalräte aus FDP, SVP und CVP den Riegel schieben, wie der «Tagesanzeiger» am Mittwoch berichtet. Sie unterstützen einen Vorstoss des Zürcher Nationalrats Hans-Peter Portmann (FDP), der die Gleichbehandlung aller Benützer von Verkehrsmitteln bei Verletzung der Verkehrsregeln verlangt.

Velokurier ist sehr skeptisch

Bisher sind die Busshöhen sehr unterschiedlich (siehe Übersicht unten). Der St.Galler Velokurier Michael Schläpfer findet die Idee, die Bussen anzupassen, nicht gut. «Ich persönlich bin sehr skeptisch, wenn man Velofahrer mit Autofahrern gleichsetzt. Es sind einfach zwei verschiedene Verkehrsmittel.»

«Keine Frage von Fairness»

Ein Velofahrer sei bedeutend weniger gefährlich für seine Umwelt wie ein Autofahrer. Schläpfer findet, dass man hier nicht von Fairness reden kann. «Wenn ich schaue, wie viele Autos auf dem Klosterplatz zum Gallusplatz in der Stadt St.Gallen das Fahrverbot missachten, oder dort parken, ist es ja auch nicht fair, wenn diese nicht gebüsst werden.»

Er entscheide situationsbedingt, ob er beim Rotlicht rechts abbiege oder nicht. «Wenn die Situation übersichtlich ist, dann kann man das machen. In Basel ist das sogar erlaubt. Ich finde das nicht einmal so schlecht.»

Pro Velo: «Vom Auto geht die geringere Gefahr aus»

Auch bei Pro Velo St.Gallen-Appenzell ist man nicht überzeugt von der Idee, die Bussen der Velofahrer anzupassen. «Wir unterstützen die Haltung des Bundesrats, der sagt, dass es immer um die Gefährdung geht, die aus einem Delikt ausgeht», sagt Michael Städler von Pro Velo St.Gallen-Appenzell.

«Wenn ein Auto bei Rot rechts abbiegt, ist die Gefährdung auf dieser Fahrspur ganz anders, als wenn ein Velo bei Rot rechts abbiegt - was übrigens im Ausland gang und gäbe ist. Wer die Unfallzahlen genau anschaut, der sieht, dass von Velofahrern eine sehr geringe Gefahr ausgeht», sagt er.

Mangelhafte Infrastruktur für Velofahrer

Er glaubt nicht, dass höhere Bussen das Fahrverhalten der Velofahrer verbessern würden. «Die Regeln werden wegen der ungenügenden Infrastruktur missachtet. Das hat auch schon der Bund festgestellt. Velofahrer, die auf das Trottoir ausweichen, fühlen sich in der Regel unsicher auf der Strasse», so der Pro-Velo-Mann.

«Wäre bei den Velofahrern alles so genormt strukturiert wie bei den Autofahrern, würde es anders aussehen mit der Strafbarkeit. Aber eine Busse kann das subjektive Sicherheitsgefühl im Verkehr nicht regeln.»

TCS-Vertreter: Gleiches Vergehen soll gleich gebüsst werden

Marcel Aebischer, Vize-Präsident des TCS Sektion St.Gallen-Appenzell, findet, dass das noch lange kein Grund ist, eine Verkehrsregel zu missachten. «Wer sich unsicher fühlt, kann ja für eine kurze Distanz das Velo stossen», sagt er. Er meint, höhere Bussen könnten das Verkehrsverhalten der Velofahrer durchaus verbessern. «Eine Erhöhung der Bussen wäre im Sinne der Verkehrssicherheit und aus meiner Sicht durchaus zu prüfen.»

«Aus strafrechtlicher Sicht wäre es wünschenswert, wenn der Velofahrer für dasselbe Vergehen gleich viel zahlt wie der Autofahrer.»

Bei unseren Lesern sieht die Stimmungslage hingegen anders aus. «Das ist schon längst überfällig», kommentiert ein Leser unsere Umfrage auf der Facebookseite. «Richtig so??. Motorradfahrer bis zum Lkw müssen auch an die gleichen Strassengesetze halten, dann kann man die Radfahrer genau so behandeln», findet ein anderer.

Die Vorlage wird voraussichtlich am Donnerstag im Ständerat diskutiert.

veröffentlicht: 7. März 2018 17:20
aktualisiert: 7. März 2018 17:34
Quelle: kov/lak

Anzeige
Anzeige