«Ich bin sehr enttäuscht von der Polizei»

27.01.2017, 19:13 Uhr
· Online seit 27.01.2017, 15:01 Uhr
Patrik Lichtensteiger produziert Industriehanf in Niederhelfenschwil. Die Polizei hat im September auf seinem Hof eine Razzia durchgeführt. Da es sich aber nicht um illegalen Hanf handelte, musste die Polizei die beschlagnahmten Gerätschaften heute Freitag wieder zurückbringen.
Sandro Zulian
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Vor einiger Zeit wollte sich Patrik Lichtensteiger mittels legaler Hanfproduktion für die Thurgauer Firma Medropharm ein zweites Standbein aufbauen. Doch die Kantonspolizei St.Gallen hat dem 40-Jährigen im Herbst einen ordentlichen Strich durch die Rechnung gemacht. Laut der Staatsanwaltschaft bestand der Verdacht auf illegalen Marihuana-Anbau. Die Beamten stellten im September die Anlage von Patrik Lichtensteiger sicher und nahmen dutzende Wärmelampen, Kisten und Filter mit. Die Auswertung des Hanfs ergab aber: Es handelte sich um legalen Industriehanf mit weniger als einem Prozent THC. Heute brachten Beamte der Kantonspolizei St.Gallen die Waren wieder zurück und gaben sich dabei ziemlich missgestimmt. «Der Umgang ist rau. Die Polizei will ihren Fehler nicht eingestehen. Das finde ich sehr schade», so Lichtensteiger.

Erst rüpelhaft - dann versöhnlich

«Ich hätte nicht gedacht, dass die Polizei meine Gerätschaften wieder zurückbringt. Im Normalfall muss man diese selbst abholen.» Patrik Lichtensteiger ist überrascht. Zusammen mit seiner fünfköpfigen Familie und seinem Anwalt hat der 40-Jährige auf das Eintreffen der Beamten gewartet. Zwei Polizisten der Kantonspolizei luden die konfiszierte Ware aus einem Transporter aus und prüften diese gemeinsam mit Lichtensteiger auf potenzielle Schäden. Gegenüber den Medien gaben sich die beiden Polizisten ziemlich ungehalten: «Keine Fotos, sonst klage ich!», so der eine. In Absprache mit Patrik Lichtensteiger und seinem Anwalt waren Fotografien der für die Polizei unangenehmen Rückgabeaktion dann aber doch kein Problem. Schliesslich entspannte sich dann der erboste Polizist: «Sie machen ja nur ihren Job - und ich meinen.»

Drogenfahnder verwettete seine Grossmutter

Patrik Lichtensteiger führt das 270-jährige Unternehmen bereits in achter Generation: «So etwas habe ich noch nie erlebt.» Wie die Polizei mit ihm umspringe, sei auf ganzer Linie inakzeptabel: «Als sie mich verhafteten, sagte der leitende Beamte, er würde seine Grossmutter darauf verwetten, dass der konfiszierte Hanf für Drogengeschäfte benutzt würde.» Auf diese Grossmutter wartet Lichtensteiger nun immer noch: «Ich könnte sie gut für die nächste Ernte gebrauchen», lacht er. Kurz darauf wird er wieder ernst: «Ich wünsche mir mehr Anstand und weniger Vorverurteilungen.» Bei der Hausdurchsuchung und der Konfiszierung des Hanfs machten die Beamten laut Lichtensteiger nicht einmal vor seiner Frau Halt. «Natürlich hat meine Frau geweint und geschrien, als die Polizisten in unserem Hof ausschwärmten.» Einer der Polizisten habe dann gedroht, seine Frau in eine Klinik einweisen zu lassen und eine Meldung bei der Kesb Uzwil zu deponieren. «Das hat mir natürlich Angst gemacht.» Doch zuletzt war diese Drohung seitens der Polizei reine Kraftmeierei: «Mein Anwalt hat mit der Kesb Kontakt aufgenommen. Es wurde nie eine Meldung über meine Frau abgegeben.»

Hanfbauer will bald wieder produzieren

Die Beamten seien bei der Beschlagnahmung seiner Gerätschaften nicht gerade zimperlich umgegangen, so Lichtensteiger: «Die teuren Lampen sind herumgeworfen worden. Einige gingen dabei kaputt und die Kohle von den Aktivfiltern lag überall verstreut. Die Kabel für die Ventilatoren wurden herausgerissen.» Die Bestandesaufnahme der beschädigten Objekte wird nun einige Zeit in Anspruch nehmen. Patrik Lichtensteiger hat auf Schadenersatz geklagt: «Ich will so bald wie möglich wieder produzieren.» Richtig beschädigt wurde indes nur etwas: Patrik Lichtensteigers Vertrauen in die Behörden.

(saz)

Patrik Lichtensteiger im Gespräch mit TVO

veröffentlicht: 27. Januar 2017 15:01
aktualisiert: 27. Januar 2017 19:13

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