Kein Schutz vor gefährlichen Hashtags

27.02.2019, 16:26 Uhr
· Online seit 26.02.2019, 05:37 Uhr
Die zweite Generation Digital Natives wächst heran, doch beim Schutz für Jugendliche im Internet ist in der Zwischenzeit nicht viel passiert. Gesundheitsgefährdende Blogs und Hashtags verbreiten sich weiter und Apps wie TikTok wird kein Riegel vorgeschoben.
Nina Müller
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Das Videoportal TikTok erfreut sich grosser Beliebtheit bei Kindern und Jugendlichen. Der Datenschutz der App lässt jedoch zu wünschen übrig und die Privatsphären-Einstellungen sind ein Paradies für Pädophile (FM1Today berichtete). In der Schweiz verstossen die Hersteller aber gegen kein Gesetz. Auf Instagram, Tumblr und Co. sind einschlägige Hashtags, die zu problematischen Inhalten führen weit verbreitet.

Und das wird immer engmaschiger, weil die Inhalte noch zielgruppenorientierte ausgelegt werden. Gab es vor drei Jahren beispielsweise nur den Hashtag «thinspo», findet man auf Instagram nun spezifischere Hashtags, die auf die Vorlieben der Essgestörten ausgerichtet sind. «Kthinspo» für asiatische dünne Vorbilder, «grungethinspo» für Leute, die auf den Grunge-Look stehen oder «boythinspo» für Männer, die sehr dünn sein wollen.

Kein Jugendschutzgesetz in der Schweiz

In Deutschland gibt es seit 2016 ein Gesetz, das Jugendliche im Internet schützt. So kann Deutschland gegen Blogs von Pro-Ana-Mitgliedern vorgehen. In der Schweiz gibt es kein spezifisches Jugendschutzgesetz.

Der Begriff «Ana» ist eine Abkürzung für Anorexia Nervosa (Magersucht), «Mia» steht für Bulimia Nervosa (Ess-Brech-Sucht). Beide Krankheitsbilder fallen in den Bereich der Essstörungen. Nicht immer ist klar, ob Jugendliche erst durch Pro-Ana-Bilder in die Magersucht rutschen, oder ob bereits erkrankte Userinnen und User gezielt nach Inspiration zum Durchhalten suchen. (Quelle: Jugend und Medien)
Die Schweiz setzt im Internetbereich auf Prävention. «Eine frühe Förderung der Medienkompetenz kann einiges bewirken. In vielen Kantonen und auch bundesweit in den letzten Jahren präventive Massnahmen gesetzt», sagt Samuel Horner, ein auf Arbeits- und Datenschutzrecht spezialisierter St.Galler Anwalt.

Aufklärung von Jugendlichen soll helfen

Seit 2011 gibt es die Website Jugend und Medien, welche vor allem die Medienkompetenz von Jugendlichen fördern will. Die Plattform bietet Eltern, Lehrern und sonstigen Betreuungspersonen Tipps und Infos rund um das Thema Medien. «Generell empfehlen wir, dass die Eltern unbedingt mit ihren Kindern darüber reden, wie sie sich im Netz bewegen und welche Inhalte sie konsumieren. Apps können zusammen durchgespielt und gemeinsam angeschaut werden. Einstellungen von Apps sollten zum Schutz der Kinder angepasst werden», rät Yvonne Haldimann, Projektleiterin bei «Jugend und Medien» vom Bundesamt für Sozialversicherungen.

Auch Pro Ana wird auf der Website von Jugend und Medien thematisiert. Dagegen vorzugehen, ist aber nicht möglich: Der Bund kann nicht direkt Einfluss auf solche Seiten nehmen, auch wenn sie gesundheitsgefährdend sind, sind sie nicht illegal.

«Im Einzelfall kann es sein, dass es zu einer strafbaren Handlung kommt, beispielsweise, wenn ein Pro-Ana-Coach mit einem Kind oder Jugendlichen in Kontakt tritt und illegale Handlungen wie Kinderpornografie vornimmt. Diese Straftat kann dann auch verfolgt werden. Generell kann man nichts gegen diese Plattformen machen», sagt Haldimann.

Pro-Ana-Coaches sind in der Regel Pädophile, welche die Pro-Ana-Bewegung ausnutzen. Sie bieten Unterstützung beim Abnehmen an. Von ihren «Schülerinnen» verlangen die Coaches nicht nur absoluten Gehorsam, sondern auch regelmässig Nacktfotos oder Aufnahmen in aufreizenden Posen. Meist verläuft der Austausch über Whatsapp.

«Man kann nicht alles reglementieren»

Obwohl es keine Regelung gibt, welche Minderjährige vor solch negativen Plattformen schützt, ist Haldimann nicht der Meinung, dass im Bezug auf dieses Thema eine Gesetzeslücke vorhanden ist: «Man kann nicht alles reglementieren und regulieren. Plattformen, auf denen sich Mädchen und Buben austauschen können, sind erlaubt und das muss auch gewährt sein.» Für sie sei es wichtiger, die Kinder selber zu stärken und aufzuklären.
veröffentlicht: 26. Februar 2019 05:37
aktualisiert: 27. Februar 2019 16:26

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