Für Tochtergesellschaften im Ausland haften

20.02.2019, 11:48 Uhr
· Online seit 20.02.2019, 11:37 Uhr
Unternehmen mit Sitz in der Schweiz sollen Menschenrechte und Umweltschutz auch bei ihren Geschäften im Ausland achten. Die Rechtskommission des Ständerates befürwortet Gesetzesbestimmungen dazu. Die neuen Regeln sollen als indirekter Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative dienen.
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Diese empfiehlt die Kommission mit 7 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung zur Ablehnung, wie die Parlamentsdienste am Mittwoch mitteilten. Den Gegenvorschlag hiess sie mit 6 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen gut. Gegenüber der Version des Nationalrates nahm sie allerdings einige Änderungen vor.

Der Gegenvorschlag sieht vor, dass Unternehmen belangt werden können, wenn Tochtergesellschaften im Ausland Bestimmungen zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt verletzen - es sei denn, sie können bestimmte Nachweise erbringen.

Entweder müssen die Unternehmen nachweisen, dass sie die gebotenen Sorgfaltsmassnahmen getroffen haben, um einen Schaden dieser Art zu verhindern. Oder sie müssen nachweisen, dass sie nicht auf das Verhalten des kontrollierten Unternehmens Einfluss nehmen konnten. Gelten soll diese Regelung für Unternehmen ab einer bestimmten Grösse oder mit besonderen Risiken.

Eine Kommissionsminderheit möchte einen Gegenvorschlag, der eine Sorgfaltsprüfung- und Berichterstattungspflicht, aber keine Haftung vorsieht. Das hat die Kommission mit 7 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt. Die Mehrheit befürwortet eine Haftungsregelung, will diese aber Schweizer Recht unterstellen. Das biete mehr Rechtssicherheit und vereinfache die Rechtsanwendung, argumentiert sie.

Die wichtigste Differenz zur Version des Nationalrates hat die Ständeratskommission mit der Einführung einer Subsidiaritätsregelung geschaffen: Die Kläger sollen soweit zumutbar im Ausland gegen die Tochtergesellschaft vorgehen, welche die Menschenrechts- oder Umweltrechtsverletzung begangen hat. Dieser Regelung stimmte die Kommission mit 7 zu 6 Stimmen zu.

Sie wolle nicht vom Grundsatz des Wohnsitzgerichtsstandes des Beklagten im Schweizer Zivilprozessrecht abweichen, hält sie fest. Dieses Prinzip solle aber für multinationale Konzerne eine weniger verbindliche Anwendung erfahren.

Die Muttergesellschaft soll in der Schweiz belangt werden können, wenn der Kläger glaubhaft macht, dass eine Klage gegen die Tochtergesellschaft im Ausland im Vergleich zu einem Vorgehen in der Schweiz erheblich erschwert ist. Das würde insbesondere dann zutreffen, wenn nicht zu erwarten ist, dass ein ausländisches Gericht innert angemessener Frist eine Entscheidung fällt.

Weiter will die Kommission im Gesetz verankern, dass die Unternehmen den Bericht über die Sorgfaltsprüfung durch ein Revisionsunternehmen prüfen und bestätigen lassen können. Das Gericht soll diese Bestätigung bei der Beurteilung einer Klage berücksichtigen.

Umstritten ist, ob sich die Sorgfaltsprüfungspflicht auf die ganze Wertschöpfungs- und Lieferkette erstrecken soll. Die Kommission hat sich mit Stichentscheid von Präsident Robert Cramer (Grüne/GE) dafür ausgesprochen. Dies entspricht der Version des Nationalrates und den OECD-Leitsätzen. Eine Minderheit der Kommission möchte die Sorgfaltsprüfungspflicht auf Zulieferer beschränken.

Der Bundesrat sah keinen indirekten Gegenvorschlag vor. Er schlug im Rahmen der Aktienrechtsrevision lediglich eine Anti-Korruptionsklausel vor: In der Rohstoffförderung tätige Unternehmen sollen Zahlungen ab 100'000 Franken an staatliche Stellen offenlegen müssen.

Der Ständerat wird sich in der Frühjahrssession mit dem Gegenvorschlag befassen. Die Initianten - über hundert Organisationen - bedauerten nach den Entscheiden im Nationalrat insbesondere, dass die Regelung für weniger Unternehmen gelten soll und dass die Haftung eingeschränkt wurde. Sie stellten aber in Aussicht, die Volksinitiative zurückzuziehen, wenn das Parlament den Gegenvorschlag in der Nationalratsversion annehmen würde.

veröffentlicht: 20. Februar 2019 11:37
aktualisiert: 20. Februar 2019 11:48
Quelle: SDA

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