Lob für die Mannschaft, Tadel für die Fans

13.11.2017, 12:44 Uhr
· Online seit 13.11.2017, 11:34 Uhr
Die Schweizer Zeitungen loben nach der gesicherten WM-Teilnahme den Geist und die mentale Stärke der Nationalmannschaft. Die Pfiffe gegen Haris Seferovic werden harsch kritisiert. Es war keine Galavorstellung, die die Schweizer Nationalmannschaft zum Abschluss der WM-Qualifikation zeigte.
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Das 0:0 gegen Nordirland auf dem vom Regen durchtränkten Rasen in Basel sei eine «Willensleistung» (Blick) gewesen, ein «weiterer Beweise der Moral dieses Teams» (20 Minuten). Im Vordergrund stand nicht die spielerische Leistung, sondern das Resultat, waren sich die Schweizer Zeitungen einig.

Die Qualifikation sei verdient gewesen, aber nur dank einem geschenkten Penalty und damit wenig souverän zustande gekommen, bemerkte die «Berner Zeitung». Als Glück des Tüchtigen bezeichnete die «Basler Zeitung» den umstrittenen Elfmeter aus dem Hinspiel, der in der nordirischen Presse auch am Montag eines der Hauptthemen war.

In den Schweizer Medien gab es Lob für die Mannschaft von Vladimir Petkovic und Tadel für jene Fans im St. Jakob-Park, die den glücklosen Stürmer Haris Seferovic mit Pfiffen verabschiedeten. «Das Publikum hat nicht das Niveau der Mannschaft», schrieb der «Tages-Anzeiger». Die «NZZ» warf die Frage nach der «Akzeptanz der Mannschaft oder einzelner Mitglieder» auf.

SCHWEIZ:

«Tages-Anzeiger»: «Zum vierten Mal in Folge reisen sie an eine WM. So etwas hat es in ihrer Geschichte noch nie gegeben. Dass Haris Seferovic nach einer vergebenen Chance trotzdem ausgepfiffen wird, ist befremdend und zeigt nur eines: Das Publikum hat nicht das Niveau der Mannschaft.»

«Blick»: «Nun hat man sich gegen einen mühsamen Gegner wie Nordirland für die WM qualifiziert. Eine Willensleistung, welche das Team einen Schritt vorwärts bringen wird. (...) Dabei kann man nicht oft genug betonen, dass es für die Schweiz nicht selbstverständlich ist, die WM zu erreichen. Es ist nach 2006, 2010 und 2014 die vierte Qualifikation in Folge. Ein Wunder für ein kleines Land, wie wir es sind.»

«Le Matin»: «Es wäre sicher einfach gewesen, sich ein glorioseres Szenario gegen einen Gegner mit mehr Glamour vorzustellen. Schade, meinen die Romantiker. Nicht schlimm, erwidern die Pragmatiker. Die Schweiz hat sich zum elften Mal für die WM qualifiziert, zum vierten Mal in Folge, und dieser Umstand für sich alleine muss jede Neigung zur Nörgelei im Keim ersticken.»

«20 Minuten»: «Die Nati rettete das für die Qualifikation benötigte Remis über die Zeit. Aber es war ein hartes Stück Arbeit - und ein weiterer Beweis der Moral dieses Teams. Die Schweizer absolvierten die Zusatzschlaufe über die Barrage bravourös. Die nordirische Härte konnte sie auf ihrem Weg nach Russland nicht stoppen. Die Schweizer schlugen mit mentaler Stärke, Herz und individueller Klasse zurück.»

«Berner Zeitung»: Die Schweiz hat sich die WM-Teilnahme verdient. (,,,) Aber sie hat sich trotz deutlich höherer Klasse letztlich nur dank eines geschenkten Elfmeters in Belfast und damit wenig souverän durchgesetzt. Als Erkenntnis bleibt deshalb auch: Die Nationalmannschaft ist relativ erfolgreich und auf einem guten Weg, aber noch nicht so stark, wie die Fussballer selber glauben. (...) Und die Pfiffe in Basel gegen den glücklosen Haris Seferovic mögen brutal sein und deplatziert - aber sie spiegeln das zuweilen ambivalente Verhältnis des Publikums zu dieser sehr selbstbewussten Multikultigeneration Schweizer Fussballer."

«Neue Zürcher Zeitung»: «Diese Mannschaft wird oft besungen und für ihr spielerisches Talent gerühmt, doch an Anfang und Ende dieser WM-Qualifikation bewies sie vor allem eine Tugend: Sie hat die Substanz zu reagieren und sich nach Enttäuschungen aufzufangen. (...) Als Haris Seferovic zur Auswechslung vom Feld schritt, pfiffen ihn Schweizer Fans aus. Es war eine kollektive Geste, die für Befremden sorgte nach früheren Debatten über Migrationshintergründe und die Zusammensetzung dieses Teams. Das Ende mit Pfiffen warf fast noch mehr Fragen auf als die Leistung, vielmehr Fragen nach der Akzeptanz der Mannschaft oder einzelner Mitglieder.»

«Aargauer Zeitung»: «Gewiss ist die Zitterpartie gegen Nordirland keine berauschende Vorstellung. Eine Kür stand aber gar nie auf dem Programm. Es ging einzig darum, Widerstände zu überwinden, sich für die WM zu qualifizieren. Das hat die Schweiz geschafft.»

«Basler Zeitung»: «Am Ende war es ein Elfmetergeschenk des Schiedsrichters, das 180 hochspannende Barrage-Minuten entschieden hat. Kann man das den Schweizern vorwerfen? Selbstverständlich nicht - im Gegenteil. Glück hat nur der Tüchtige. (...) Die Diskussion, wie schweizerisch sich diese Mannschaft gibt, ist ziemlich lächerlich. Alle Spieler haben sich in dieser Kampagne zerrissen. Dass ein paar Idioten nun Haris Seferovic auspfiffen, ist für die Schweizer Fussball-Hauptstadt Basel peinlich.»

NORDIRLAND:

«Belfast Telegraph»: «Der Traum ist vorbei. Es war besonders grausam, dass der entscheidende Moment in diesen Playoffs der Penalty in Belfast war, der niemals hätte gegeben werden dürfen.»

«Irish News»: «Selten war ein torloses Remis so spannend und packend. Aber das ganze Drama hatte das falsche Ende aus Sicht von Nordirland. Den Schaden richtete der zwielichtige Penalty im Hinspiel an. Aber trotz der riesigen Enttäuschung konnten die Gäste die Heimreise erhobenen Hauptes antreten.»

veröffentlicht: 13. November 2017 11:34
aktualisiert: 13. November 2017 12:44
Quelle: SDA

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