Mehr Ehrgeiz geht nicht

· Online seit 26.07.2018, 05:39 Uhr
Viele halten sie für Übermenschen: Sportler, die den Ironman absolvieren. Dafür braucht es so richtig Biss. Eine, die davon mehr als genug hat, ist Barbara Tettenborn. Die 60-Jährige ist Chefärztin der Neurologie am Kantonsspital St.Gallen und ist gerade Europameisterin ihrer Altersklasse am Ironman in Frankfurt geworden.
Leila Akbarzada
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3,86 km Schwimmen, 180,2 km Radfahren und 42,195 km Laufen: Das alles muss man hinter sich bringen, wenn man am Ironman teilnimmt. Für viele Menschen ist diese Leistung unvorstellbar und ein wahrer Albtraum. Doch nicht für Barbara Tettenborn, Chefärztin der Klinik für Neurologie am Kantonsspital St.Gallen. Sie hat schon vor vielen Jahren davon geträumt, einmal beim Ironman mitzumachen. «Als meine Karriere einigermassen lief, fing ich an, intensiv Sport zu treiben», sagt die 60-Jährige. Das war vor zehn Jahren.

Heute trainiert sie jeden Tag mindestens einmal. Seit eineinhalb Jahren hat sie einen Trainer, der die Trainings auf all ihre Termine abstimmt. «Oft gehe ich während des Mittags trainieren, oder auch zwischendurch bei Meetings, wenn zum Beispiel ein Apero stattfindet.»

Schon zum zweiten Mal an den Weltmeisterschaften

2007 meldete sie sich spontan für den Ironman in Zürich an. «Ich brauchte ein neues Ziel», sagt sie. Zu dem Zeitpunkt hatte sie noch nicht mal ein richtiges Rennrad. Das Training zahlt sich aus: Schon zum zweiten Mal kann sie an den Weltmeisterschaften auf Hawaii mitmachen, weil sie Europameisterin in ihrer Altersklasse geworden ist. Zuletzt diesen Juli in Frankfurt.

Die sportliche Professorin

Auch beruflich hat Barbara Tettenborn schon beachtliche Leistungen erbracht. Sie ist Professorin sowie Chefärztin der Neurologie am Kantonsspital St.Gallen. «Woher der Ehrgeiz kommt, kann ich nicht sagen. Ich hatte ihn einfach schon immer», sagt die 60-Jährige. Seit sie denken kann, wollte sie Professorin werden. Und so hat sie denn auch dieses Ziel verfolgt. Die Neurologie fasziniert sie bis heute. «Das Gehirn ist so ein interessantes Organ mit vielen Funktionen. Ich lerne täglich Neues dazu in meinem Beruf als Neurologin.»

Sport gegen Demenz?

Sie sieht aus beruflicher Sicht gute Gründe, Sport zu treiben: «Es gibt Studien, die zeigen, dass Sport gut fürs Gehirn ist. Es führt sogar dazu, dass Menschen in höherem Alter noch neues Nervengewebe aufbauen. Sport ist zudem die einzige zurzeit mögliche Vorbeugung für Demenz, es gibt keine Medikamente dafür», sagt sie. Sie empfiehlt deshalb 30 bis 60 Minuten Sport für jeden pro Tag. «Das kann auch die Velofahrt zur Arbeit sein, wenn diese etwas ambitionierter durchgeführt wird. Je länger desto besser, aus gesundheitsvorbeugender Sicht bevorzugt im aeroben Bereich, also im mittleren Belastungsbereich. Zudem sind zweimal Muskeltraining und einmal Geschicklichkeitstraining pro Woche ratsam», so die Expertin.

Viele Interessen, wenig Zeit

Chefärztin am Kantonsspital, ein- bis zweimal Training am Tag - bleibt da noch Zeit für anderes? «Ich habe viele andere Interessen, ich fahre sehr gerne Ski, gehe gerne auf Hochtouren ins Gebirge, reise sehr gerne und gehe sehr gerne aus. Ich versuche, meine Freunde so viel wie möglich zu treffen.» Doch viel Zeit habe sie bei ihrem vollen Terminkalender nicht. «Meine Freunde haben zum Glück grosses Verständnis dafür.» Eigene Kinder hat die gebürtige Deutsche nicht.

Sie könne auch mit weniger Sport gut leben. «Ich mache viele Sachen gerne. Doch ich bleibe fleissig am Sport treiben, weil ich Angst habe, dass ich sonst faul werde», sagt sie und lacht.

Von Speicher aus ins Training

Nun trainiert sie auf ein neues Ziel hin: die Ironman-Weltmeisterschaften im Oktober auf Hawaii. Dort wird sie, wenn es denn die Termine erlauben, für die Schweiz antreten. Sie ist 1999 nach St.Gallen gekommen und direkt als Chefärztin in der Neurologie am Kantonsspital St.Gallen eingestiegen. Sie lebt in Speicher. Dabei nutzt sie die Umgebung sehr gerne für ihr Training. «Ich kann vor der Haustür losradeln, das ist toll.» Sie hätte früher nicht gedacht, dass sie einmal so lange an einem Ort leben würde. «Ich fühle mich sehr wohl hier.»

(lak)

 

 

 

 

 

 

veröffentlicht: 26. Juli 2018 05:39
aktualisiert: 26. Juli 2018 05:39

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