Pirlo, Benzema und Co. als grosse EM-Abwesende

· Online seit 09.06.2016, 11:29 Uhr
Die Mannschaft der in Frankreich - aus diversen Gründen - abwesenden Spieler hätte gute Chancen, im Turnier ziemlich weit zu kommen.
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Drei Fixstarter des aktuellen Champions-League-Siegers Real Madrid, der beste Keeper der spanischen Liga, einer der stärksten Innenverteidiger des Planeten, zwei Erfolgsgaranten von Borussia Dortmund, Weltklasse-Kicker aus den Niederlanden, ein Mittelfeld-Genie. Das bunt gemischte Team der grossen Abwesenden bei der Fussball-EM hat definitiv Flair - und hätte wohl auch eine Chance auf den Titel.

Jan Oblak (SLO/nicht qualifiziert): Der Slowene spielte beim Champions-League-Finalisten Atletico Madrid in seinem zweiten Jahr eine bärenstarke Saison. Mit nur 18 Gegentreffern unterbot er den bisherigen Rekord in der spanischen Primera Division und wurde mit der Zamora-Trophäe für den besten Torhüter geehrt. Der slowenischen Nationalmannschaft vermochte der 23-Jährige aber nicht zur zweiten EM-Qualifikation nach 2000 zu verhelfen. In der Barrage setzte sich die Ukraine in zwei Spielen durch.

Dani Carvajal (ESP/verletzt): Der Rechtsverteidiger wäre im Team von EM-Titelverteidiger Spanien wohl gesetzt gewesen. Im Champions-League-Final verletzte sich der Real-Madrid-Profi aber bereits nach wenigen Minuten. Der 24-Jährige muss wegen einer Blessur der Hüftmuskulatur zumindest noch zwei Wochen pausieren - für Teamchef Vicente del Bosque ein zu langer Zeitraum, um eine Nominierung zu riskieren. Erster Ersatzkandidat ist nun Juanfran vom Stadtrivalen Atletico.

Vincent Kompany (BEL/verletzt): Der Captain von Manchester City ist auch bei den «Roten Teufel» der unumschränkte Leader. Sein Ausfall wegen einer Oberschenkelverletzung traf die Belgier besonders hart, da mit Björn Engels, Nicolas Lombaerts und Dedryck Boyata noch drei weitere Innenverteidiger nicht zur Verfügung stehen. Auf die faule Haut wird sich Kompany während der EM aber nicht legen; er verstärkt das BBC-Expertenteam in Paris.

Raphaël Varane (FRA/verletzt): Varane vergrösserte wenige Wochen vor dem Turnierstart die Sorgen von Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps. Der junge Innenverteidiger von Real Madrid galt in seinem Konzept als Chef der Hintermannschaft, die den Alleskönnern in der Offensive den Rücken freihalten soll. Der 23-Jährige zog sich wenige Tage vor dem Champions-League-Final ebenfalls eine schwere Muskelverletzung im Oberschenkel zu.

Daley Blind (NED/nicht qualifiziert): Blind war der erklärte Wunschspieler von Louis van Gaal, als dieser vor zwei Jahren als Trainer bei Manchester United anheuerte. Er holte den Defensiv-Allrounder in die Premier League, nachdem er zuvor bei der Weltmeisterschaft in Brasilien einer der Leistungsträger der Niederländer auf dem Weg zu Bronze war. Knapp eineinhalb Jahre später blieb Blind mit «Oranje», die mittlerweile sein Vater als Trainer übernommen hat, in der EM-Qualifikation bereits in der Gruppenphase hängen.

Andrea Pirlo (ITA/nicht nominiert): Dem genialen Hirn der Italiener wurde sein Wechsel über den Atlantik zum Verhängnis. Seit dem Transfer zu New York City FC wurde er von Teamchef Antonio Conte lediglich einmal eingesetzt, im September 2015 im EM-Qualifikations-Match gegen Malta. Der Trainer machte nie ein Hehl daraus, dass er vom Niveau in der MLS wenig begeistert ist, was Pirlos Chancen von vornherein schmälerte. In Italien hat die Nicht-Berücksichtigung des 37-Jährigen dennoch breite Kritik hervorgerufen.

Marco Verratti (ITA/verletzt): Verratti ist für viele der designierter Nachfolger von Pirlo im Mittelfeld der «Azzurri». Der 23-Jährige vom französischen Serienmeister Paris Saint-Germain plagte sich bereits die gesamte Saison mit einer schmerzenden Leiste herum und musste schliesslich Forfait erklären. Eine Operation in Doha liess sich nicht länger aufschieben. So wird dem italienischen Spiel in Frankreich ein zweiter wichtiger Impulsgeber fehlen.

Gökhan Inler (SUI/nicht nominiert): Von seinem Wechsel von Napoli zu Leicester City im letzten Sommer versprach sich der 89-fache Schweizer Internationale mehr Einsatzzeit - das Gegenteil wurde der Fall. Den fabelhaften Meistertitel seines neuen Arbeitgebers erlebte der langjährige SFV-Captain, der von Nationaltrainer Vladimir Petkovic erstmals seit zehn Jahren aus sportlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt worden ist, von der Tribüne mit. Insgesamt kam Inler in der Meisterschaft und den Cup-Wettbewerben auf mickrige 705 Minuten, die letzten in der Premier League am 29. Dezember 2015 beim 0:0 gegen Manchester City.

Ilkay Gündogan (GER/verletzt): Die Karriere Gündogans im deutschen A-Nationalteam steht wahrlich unter keinem guten Stern. Aufgrund eines komplizierten Nervenleidens fand bereits die Weltmeisterschaft 2014 ohne den langjährigen Dortmunder statt, nun musste er wegen einer Luxation der Kniescheibe absagen. Erst 16 Spiele hat Gündogan für die Mannschaft von Trainer Joachim Löw seit absolviert. Per 1. Juli wechselt er zu Manchester City in die Premier League.

Karim Benzema (FRA/nicht nominiert): Der wertvollste und bekannteste EM-Abwesende ist Benzema, dessen Fehlen wegen seiner Verwicklung in eine bizarre Erpressungsaffäre bereits seit langem absehbar war. Für seinen Status sorgte der Real-Madrid-Star auch selbst - etwa mit einem «Marca»-Interview, in dem er den Rassismus in Frankreich für seinen Ausschluss aus dem Team verantwortlich machte. Alle Vorzeichen verheissen, dass er der «Equipe Tricolore» nicht fehlen wird.

Marco Reus (GER/verletzt): Siehe Gündogan. Verpasste der Blondschopf die WM 2014 wegen einer Fussverletzung, rutschte er ausgerechnet an seinem 27. Geburtstag wegen einer Schambeinentzündung aus dem endgültigen EM-Aufgebot. Der giftige und torgefährliche Linksaussen, der Borussia Dortmund bald ebenfalls in Richtung England verlassen könnte, kann die freie Zeit nun für die Arbeit an seinem Führerschein gewinnbringend nutzen.

Tor: Kasper Schmeichel (DEN/nicht qualifiziert).

Abwehr: Jeremy Mathieu (FRA/verletzt), Javi Martinez (ESP/nicht nominiert), Antonio Rüdiger (GER/verletzt), Luke Shaw (ENG/nicht nominiert).

Mittelfeld: Juan Mata, Isco, Saul Niguez (alle ESP/nicht nominiert), Claudio Marchisio, Riccardo Montolivo (beide ITA/verletzt), Arjen Robben, Wesley Sneijder (NED/beide nicht qualifiziert), Henrich Mchitarjan (ARM/nicht qualifiziert).

Angriff: Diego Costa, Fernando Torres (beide ESP/nicht nominiert), Danny Welbeck (ENG/verletzt), Theo Walcott (ENG/nicht nominiert).

veröffentlicht: 9. Juni 2016 11:29
aktualisiert: 9. Juni 2016 11:29
Quelle: SDA

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