«Oink»: Ist Frauenfeld-Stapi ein Schwein?

12.07.2018, 16:36 Uhr
· Online seit 12.07.2018, 16:20 Uhr
Auf Facebook bezeichnet ein User alle Openair-Frauenfeld-Gänger als Schweine. Dass er damit auch den hiesigen Stadtpräsidenten meint, wird klar, als dieser sich augenzwinkernd zu Wort meldet. Das Abfall-Problem beschäftigt trotz viel Humor weiter.
Sandro Zulian
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«Werden beim OAFF keine Müllsäcke verteilt? 180'000 Gäste hab ich gelesen. Sollte man eher sagen 180'000 Schweine?» Das fragt ein enervierter Tuning-Fan auf der Facebookseite «Du bisch vo Frauefeld wenn». Er sei schon an zig Tuning-Festivals gewesen, an denen die Abfallmenge bei weitem nicht so gross sei, wie am Openair Frauenfeld.

Sein Posting löst eine hitzige Debatte über Abfall und Abfallentsorgung am Openair Frauenfeld aus. Knapp 50 Mal wurde der Beitrag kommentiert. Unter den Kommentierenden findet sich auch ein bekanntes Gesicht: Anders Stokholm, Stadtpräsident von Frauenfeld, macht den wütenden Kommentarschreiber auf seinen verallgemeinernden Ton aufmerksam. Auf ziemlich ungewöhnliche Art und Weise: «Oink, oink», schreibt der FDP-Politiker. «Ich war auch am Frauenfeld, und - oink, oink - bin schwups dank eines Kommentators zum Schwein mutiert, oink, oink.»

Das vermeintliche Schwein, Anders Stokholm, erklärt sein animalisches Verhalten auf Anfrage so: «Mit seinem Satz hat er mich und 180'000 andere Besucher zum Schwein mutiert, darauf habe ich ihn aufmerksam gemacht.» Bei solch emotionalen Themen möchte Stokholm mithilfe von einer Prise Humor verkrampfte Positionen lösen. Der 52-jährige gelernte Pfarrer will mit seinem lockeren, lustig gemeinten Post der Netzgemeinde mitteilen: «Kommt alle mal wieder ein bisschen runter», ohne dabei mit dem Zeigefinger zu wedeln.

Fakten sprechen für das Openair

Um seinem Kommentar mehr Gewicht zu geben, schiesst Stokholm ein wenig später mit Fakten nach. So geht er darauf ein, dass im letzten Jahr am Openair Frauenfeld 283 Tonnen Abfall liegengeblieben sind. Dass heisst, jeder Besucher hat im Schnitt 1,6 Kilogramm Abfall am Tag produziert. Der Schweizer Durchschnitt liegt bei zwei Kilogramm täglich.

Ausserdem gebe es auf dem ganzen Gelände Abfalltrennsysteme (PET, Alu, Rest) und Besucher erhalten einen Abfallsack, den sie voll zurückbringen und damit an einem Gewinnspiel teilnehmen können. Ferner haben 86 Prozent der Openair-Gänger ihr depotpflichtiges Zelt wieder mit nach Hause genommen.

Täglich grüsst das Murmeltier

Stokholm will das Abfall-Problem keineswegs kleinreden. Abfall liegen zu lassen, sei nicht okay. Aber trotzdem: «Man muss relativieren. Es sieht nach viel aus, aber das, was hier liegengeblieben ist, ist weniger als jeder von uns täglich produziert.» Stokholm diskutiert den Abfall am Openair Frauenfeld jedes Jahr aufs Neue auf Facebook, frustriert ist er deswegen nicht: «Es ist ein bisschen wie im Film ‹Und täglich grüsst das Murmeltier›. So kommt mir das oft vor. Aber genau das gibt uns und auch dem Organisator die Gelegenheit, jedes Jahr ein bisschen besser zu werden.» Stadt und Openair schrauben jedes Jahr am Abfallkonzept, um es zu optimieren.

Über das Ziel hinaus schössen Forderungen, wonach das Openair Frauenfeld verboten gehöre: «Wenn ich ins Kino gehe und sehe, was da an Popcorn am Boden liegt, geh ich nachher nicht raus und fordere die Schliessung des Kinos.»

Aktiver Stadtpräsident in den sozialen Medien

Was Stokholm oft als übertrieben erachtet, ist die hohe Emotionalität in den Netzdebatten. Teils arten diese auch in Gehässigkeiten aus. Dort hält sich Stokholm mit Wortmeldungen zurück: «Ich wähle sehr gezielt aus, wo und wie ich mich in den sozialen Medien melde. Stokholm ist seit geraumer Zeit im Internet präsent. So unterhält er seit 2017 seinen eigenen Instagram-Account, seit vier Jahren ist er auf Twitter unterwegs und auf Facebook zeigt er sich als nahbarer «Stapi», indem er seine Sicht immer wieder darlegt und mit den Frauenfelder Bürgern aktiv mitdiskutiert. Sein Beitrag zum Thema Abfall am Openair Frauenfeld hat auf jeden Fall Wirkung gezeigt. Ein Admin der Seite schreibt nach einem Tag teils heftiger Diskurse: «Jetzt ist wohl genug diskutiert worden. Nach dem Kommentar von Herrn Stokholm schliesse ich nun den Beitrag.»

(saz)

 

veröffentlicht: 12. Juli 2018 16:20
aktualisiert: 12. Juli 2018 16:36

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