Appenzeller Züge bald in Kamerun?

· Online seit 03.09.2018, 18:05 Uhr
Die Appenzeller Bahnen erneuern ihr Rollmaterial. Die ausgediente Züge sollten auf den Schrottplatz gebracht werden. Ein Ausserrhoder hat aber andere Pläne und möchte den Zügen ein zweites Leben ermöglichen.
Nina Müller
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Abenteuer Afrika statt Beerdigung auf dem Schrottplatz: Egon Minikus aus Speicher will nicht, dass die alten Züge der Appenzeller Bahnen verschrottet werden. Wegen des Behindertengleichstellungsgesetzes erfüllen die Wagen nicht mehr die gesetzlichen Anforderungen. Sie wurden deshalb vor wenigen Wochen durch «Walzer» und «Tango» ersetzt und sollten auf dem Schrottplatz auseinander genommen werden. Egon Minikus hat etwas anderes vor: Er möchte sie nach Kamerun verschiffen, berichtet die «Appenzeller Zeitung».

Konkret geht es um neun Personenwagen, drei Steuerwagen und drei Triebwagen. «Die sind mindestens noch 20 Jahre brauchbar», sagt Egon Minikus. «Qualitativ sind die Waggons in einem guten Zustand. Es wäre schade, diese zu verschrotten», so der ehemalige SBB-Mitarbeiter gegenüber FM1Today.

Transfer nach Südafrika scheitert an Schienen

Auf die Idee, altes Rollmaterial nach Afrika zu schicken, kam der Pensionär während einer Reise in Südafrika. «Die Ursprungsidee waren Touristenzüge in der Gegend rund um Kapstadt, ähnlich wie die rhätische Bahn es anbietet», erklärt der 72-Jährige. Das Projekt ist gescheitert. Die Schienenspur in Südafrika ist zu breit für die Appenzeller Bahnen. Ein Zugdirektor machte Egon darauf aufmerksam, dass der Bedarf an Rollmaterial in Kamerun ebenfalls gross sei und dass das Land in Westfrika die gleiche Schienenstruktur wie die Appenzeller Bahnen hat.

Nach Zugunglück: Bedarf an Rollmaterial

Minikus hat schon eine konkrete Idee, wo die Wagen aus Appenzell zum Einsatz kommen sollen. Die Inter-City-Line zwischen Youndé und Doula ist zurzeit eingestellt. Grund ist ein tragisches Zugunglück. 2016 entgleiste aufgrund beschädigter Bremsanlagen und starken Regens ein Zug mit 6oo Insassen auf der Strecke. Die Tragödie kostete über 70 Menschen das Leben. Minikus weiss, dass das Material aus China stammt: «Die Qualität des Rollmaterials aus China war schlecht. Es wäre nun an Europa, Afrika ebenfalls zu unterstützen. Die Appenzeller Bahnen haben sich immer sehr um die Qualität ihrer Wagen gesorgt.»

Zwei Züge sollen täglich fahren und ein weiterer als Reserve dienen. «Diese nachhaltige Entwicklungshilfe würde ein gutes Licht auf die Schweiz werfen», findet Minikus.

Entscheid muss bis Ende Oktober fallen

Der Idee des Rentners steht nur noch etwas im Weg: Die Finanzierung des Transports. Diese soll über das kamerunische Finanzdepartement laufen. Diverse Hilfsprojekte in Kamerun werden von der Schweiz teilfinanziert. Minikus hat den kamerunischen Bahnen empfohlen, das Departement darum zu bitten, einen Teil des Geldes in die Übernahme der Wagen und den Transport zu investieren. Das Amt soll sich bis Ende Oktober entscheiden. «Die Appenzeller Bahnen möchten die Züge so schnell wie möglich von den Gleisen weg haben. Deshalb muss Kamerun zügig entscheiden», sagt Minikus.

Wenn es nach Egon Minikus geht, sollen die Appenzeller Züge nicht die letzten bleiben, die von der Schweiz in Entwicklungsländer gebracht werden. Seine Vision erklärt er bei den Kollegen der «Appenzeller Zeitung».
veröffentlicht: 3. September 2018 18:05
aktualisiert: 3. September 2018 18:05
Quelle: nm

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