Herisau

«Amt unterschätzt» – Gemeindepräsident Kurt Geser tritt ab

26.11.2020, 18:19 Uhr
· Online seit 26.11.2020, 09:29 Uhr
Im Frühling 2019 verdrängte der frühere Verwaltungsangestellte Kurt Geser den amtierenden Herisauer Gemeindepräsidenten Renzo Andreani aus dem Amt. Nun gibt der Parteilose seinen Rücktritt per 31. Mai 2021 bekannt.

Quelle: tvo

Anzeige

Im Juni vor einem Jahr trat der damalige Politneuling Kurt Geser sein Amt als neuer Herisauer Gemeindepräsident an. Dem damals 58-jährigen Bereichsleiter Bauberatungen und Baubewilligungen auf der Gemeinde Herisau gelang es, seinen Chef, den SVP-Gemeindepräsidenten Renzo Andreani, nach fünf Jahren vom Thron zu stossen.

Mangelnde politische Erfahrung

Jetzt tritt Kurt Geser überraschend auf Ende des Amtsjahres am 31. Mai 2021 zurück. An einer Medienkonferenz am Donnerstagvormittag nennt er den Grund: Er habe das Amt und die Amtsführung unterschätzt. Zudem sei die «fehlende politische Erfahrung gekoppelt mit der fehlenden Unterstützung durch eine Partei» eine «schwere Hypothek» gewesen.

«Covid hat eingeschlagen»

Im Interview mit FM1Today gibt Geser zu: «Ein Hauptgrund ist sicher fehlendes Parteiwissen.» Noch viel wichtiger sei aber die unerwartet grösste Herausforderung seiner Amtszeit gewesen: «Covid hat eingeschlagen.» Er hebt die Solidarität seit März positiv hervor, sagt aber im gleichen Atemzug: «Diese Zeit war durchaus eine Belastung, welche zu gross geworden ist.» Überfordert sei er nicht, aber der Druck sei zu gross geworden. «Ich brauche eine Entlastung.»

«Mein Antrieb war, mein Bestes zu geben für Land und Leute, Ideen einzubringen, mitzugestalten und mutig zu sein», sagt Geser. Das sei ihm langfristig nicht mehr möglich, auch um seine Gesundheit zu schützen. «Ich fühle mich physisch und mental zwar gesund, aber ich möchte dem einfach vorbeugen.»

Riesiger Erfahrungsschatz – positive Bilanz

Geser habe in seiner Zeit als Gemeindepräsident einen riesigen Erfahrungsschatz sammeln können. «Die Bilanz ist positiv, man kann etwas erreichen und bewirken.» Er sei überzeugt, dass Herisau einen grossen Schritt nach vorne macht: «Man sieht viele gute Sachen, die in der Entwicklung sind.»

Was genau Geser nach seinem Amtsabtritt geplant hat, lässt er offen: «Es kann gut sein, dass es eine Pause gibt. Darauf würde ich mich freuen.» Gleichzeitig werde er sich darum bemühen, im «immobiliennahen Umfeld» wieder eine Herausforderung zu finden. Dort werde er seine Erkenntnisse und Erfahrungen voll und ganz einbringen.

Kein Rücktritt mit «Lämpen»

Der Gemeindsvizepräsident Max Eugster gibt sich im Interview verständnisvoll für die Entscheidung des Politik-Neulings Geser: «Angesichts der Leistungen, die er in dieser sehr speziellen Zeit erbracht hat, haben wir viel Verständnis für seinen Entscheid und hegen keinen Groll.» Eugster erlebt den Gemeindspräsidenten, der nunmehr noch sechs Monate im Amt bleiben wird, als sehr engagiert. «Er will Herisau wirklich vorwärts bringen.»

Was seiner Meinung nach bei Geser ein wenig fehlt, sei die politische Erfahrung und das Gespür, wie man Geschäfte «anteigt». Eugster zeigt aber auch hier Verständnis und vergleicht Gesers Amt mit der Berufswelt: «Kommt man in einen völlig neuen Bereich, hat man einen besseren Stand, wenn man die entsprechenden Fähigkeiten und Erfahrungen mitbringt.» Auch der Vize führt als grossen Stolperstein die Coronapandemie ins Feld. «Es war kein Rücktritt mit ‹Lämpen›.» 

Nachfolger wird im April gewählt

Mit der Rücktrittsankündigung falle viel Druck weg, weshalb er sich nun die verbleibenden sechs Monate im Amt «mit Energie für das Wohl Herisaus» einsetzen könne.

Gesers Nachfolgerin oder Nachfolger wird am 11. April 2021 gewählt, ein allfälliger zweiter Wahlgang ist auf den 2. Mai angesetzt.

(red.)

veröffentlicht: 26. November 2020 09:29
aktualisiert: 26. November 2020 18:19
Quelle: FM1Today

Anzeige
Anzeige