Darum geht's an der Landsgemeinde 2019

27.04.2019, 18:02 Uhr
· Online seit 27.04.2019, 12:45 Uhr
Für die stimmberechtigen Bürgerinnen und Bürger des Kantons Appenzell Innerrhoden ist das wohl der höchste Feiertag im Jahr: die Landsgemeinde. Diesen Sonntag wählen die Innerrhoderinnen und Innerrhoder unter anderem zwei neue Regierungsmitglieder und stimmen über das Energiegesetz ab.
Lena Rhyner
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Am Sonntag, 28. April, treffen sich die Stimmberechtigten von Appenzell Innerrhoden an der Landsgemeinde (FM1Today berichtet live). Alle Traktanden sind hier in der Liste aufgeführt:

1. Die Wahlen der Standeskomission und des neuen Ständerates

Die Landsgemeinde startet mit zwei Wahlen für die Standeskomission. Zum einen wird ein neuer regierender Landammann gewählt, da der amtierende Daniel Fässler nach elf Jahren aus der Innerrhoder Regierung zurücktritt (FM1Today berichtete). Für seine Nachfolge kommen drei Kandidaten in Frage: der 33-jährige Lorenz Gmünder (CVP), der 57-jährige Roland Dähler (parteilos) und der 51-jährige Bruno Huber (CVP).

Zudem muss noch eine Nachfolge für Landesfähnerich Martin Bürki bestimmt werden, da er im April überraschend verstarb (FM1Today berichtete).

In einem weiteren Wahldurchgang wird die neue Vertretung für den Kanton im Ständerat gewählt, da Ivo Bischofberger nach dreissig Jahren in der Politik ebenfalls zurücktritt. Möglicher Nachfolger für sein Amt ist CVP-Nationalrat und (ehenmaliger) Landammann Daniel Fässler.

Ebenfalls gewählt wird das Kantonsgericht, Mitglied Sepp Koller hat auf die diesjährige Landsgemeinde seinen Rücktritt bekannt gegeben.

2. Datenschutz-, Informations- und Archivgesetz

Das neue Gesetz soll dazu dienen, den Umgang von öffentlichen Amtsstellen mit Daten, insbesondere Personendaten, zu regeln. Das beinhaltet, dass Datenbearbeitungen transparenter sein müssen, wie das Weitergeben von Daten an Dritte geregelt ist und inwiefern eine Person und ihre Daten geschützt sind.

Ebenfalls dazu gehört das Öffentlichkeitsprinzip. Das heisst, dass man ohne Begründung Einsicht in Akten und Dokumente nehmen darf. Wenn eine Amtsstelle einem diese Einsicht verweigern will, muss sie das begründen. Das gilt nicht für jegliche Akten: Protokolle von nicht öffentlichen Sitzungen zum Beispiel darf man nicht einsehen, da muss sich eine Amtsstelle auch nicht rechtfertigen, wenn sie dies verweigert.

Die Archivierung von Dokumenten, Fotos, Plänen und anderen Aufzeichnungen gehört auch in das Paket. Dabei möchte der Kanton das kulturelle Erbe wahren, wenn eine Pflicht besteht, solche Inhalte zu archivieren.

3. Änderungen im Justizgesetz

Die Änderungen im Justizgesetz sind hauptsächlich Ergänzungen, um alle Fronten zu klären. Darin soll geregelt sein, in welcher Beziehung die Kantonsgerichts- und Bezirksgerichtspräsidenten, der Grosse Rat, die Staatsanwaltschaft und weitere Justiz-Gewalten zueinander stehen, darunter gehört auch, wer welche Aufgabe hat. Bis anhin waren solche Aufgaben zwar klar, jedoch gesetzlich nicht verankert.

4. Neue Regelungen für Unstimmigkeiten bei sozialen Krankenversicherungen

Gibt es Streitereien, wenn es um Zusatzversicherungen bei sozialen Krankenversicherungen geht, soll neu immer das Verwaltungsgericht zuständig sein. Damit will man erreichen, dass es eine möglichst einheitliche und aufeinander abgestimmte Rechtsprechung gibt. Bis jetzt war dies noch nicht gesetzlich festgehalten.

5. Revision zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs

Auch hier soll die Revision Klarheit schaffen. Wer betrieben wurde oder mit einer Verfügung des Konkursamtes nicht einverstanden ist, kann bei der Aufsichtsbehörde Beschwerde führen. Für die Innerrhödler ändert sich kaum etwas, diese Änderungen sind vor allem formale Anpassungen im Gesetzbuch.

6. Energiebewussteres Energiegesetz

Das Energiegesetz bekommt ein Update, das präzisiert und energiebewusster ist. So soll zum Beispiel künftig ein Teil der Energie, die in einem neuen Haus verbraucht wird, durch die Produktion von erneuerbarer Energie am, auf oder beim Haus kompensiert werden. Das Resultat: mehr Photovoltaikanlagen oder andere ökologische Techniken.

7. Revision des Strassenverkehrsgesetzes

Die Revision beinhaltet zwei Hauptthemen:

  1. Neu soll das Justiz-, Polizei- und Militärdepartement Bewilligungen erteilen, wenn eine Rad- und Motorsportveranstaltung auf öffentlichen Strassen stattfinden soll. Bis anhin hat das die Standeskomission übernommen.
  2. Neu sollen die Einnahmen von gebührenpflichtigen Parkplätzen für verschiedene Zwecke verwendet werden, zum Beispiel für die Entlastung des Verkehrs oder die Förderung des Ortsverkehrs. Seit 2015 hat der Kanton die Aufgabe, öffentliche Parkplätze gebührenpflichtig zu machen. Bis anhin dienten die Erlöse der Parkgebühren für die Kontrollen, doch der Kanton nahm mehr Geld durch Parkgebühren ein, als für Kontrollen ausgegeben wurde.

8. Tourismusförderungsgesetz

Schwachpunkte im bisherigen Gesetz rund um den Tourismus sollen ausgebessert werden. Der Kanton kann dann mehr Geld in den Tourismus investieren, höchstens 600'000 Franken und nicht wie bis anhin 400'000 Franken. Die Übernachtungsbeiträge sind neu Kurtaxen, die von den Gästen bezahlt werden sollen. Seil- und Bergbahnen müssten künftig mehr Geld für die Tourismusförderung abgeben, da diese besonders stark vom guten Tourismus profitieren. Neu soll auch die Kurtaxe für Ferienhäuser und -wohnungen nicht mit der Anzahl Betten, sondern der Nettowohnfläche berechnet werden.

9. Neues Verwaltungsgebäude

Das Gebäude, in dem Kantonspolizei, Staatsanwaltschaft und die Gerichte untergebracht werden, ist zu klein und muss saniert werden. Als Lösung soll an der Marktgasse 14 und 16 in Appenzell einen Neubau für die Gerichte, das Landesarchiv, die Kantonsbibliothek und weitere Verwaltungsstellen gebaut werden, da alle diese mehr Platz gebrauchen könnten. Für den Neubau ist jedoch die Bewilligung des Kredites durch die Bevölkerung nötig. Die Erstellungskosten belaufen sich auf 19,8 Millionen Franken. Nach der Zustimmung der Landsgemeinde wird ein Architekturwettbewerb durchgeführt, das Siegerprojekt wird dann mit dem bewilligten Kredit realisiert.

10. Initiative «Versorgungsregion Säntis im Gesundheitswesen»

Die Initative möchte eine überregionale Kooperation im Gesundheitswesen mit Appenzell Ausserrhoden und St.Gallen schliessen, um die Gesundheitskosten zu dämmen. Diese zusammen sollten dann die «Versorgungsregion Säntis» bilden. Momentan hat Appenzell Innerrhoden die tiefsten Gesundheitskosten, welche sich mit der neuen Kooperation dem regionalen Durchschnitt angleichen und damit steigen würden.

Die Abstimmungen beginnen am Sonntag, 28. April, pünktlich um 12 Uhr auf dem Landsgemeindeplatz in Appenzell. Stimmberechtigt sind alle im Kanton wohnhaften Personen mit Schweizer Bürgerrecht und vollendetem 18. Lebensjahr.

Weitere Infos zur Landsgemeinde gibt es hier. FM1Today berichtet live.

veröffentlicht: 27. April 2019 12:45
aktualisiert: 27. April 2019 18:02
Quelle: rhy

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