Gleiche Demo, verschiedene Strafen

29.01.2019, 08:07 Uhr
· Online seit 29.01.2019, 05:32 Uhr
Wenn St.Galler Kantischüler an den Klimastreiks teilnehmen, werden sie mit unentschuldigten Absenzen bestraft. Die Kantonsschule Trogen zeigt sich da kulanter: Einmal im Monat dürfen die Schüler dort streiken. Trotz der Ungleichbehandlung: In St.Gallen will man nichts ändern.
Praktikant FM1Today
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Sie kämpfen für die gleiche Sache, schreien die gleichen Parolen und stemmen die gleichen Schilder in die Höhe. Schüler aus der ganzen Ostschweiz gehen während der Klimastreiks nicht zur Schule, sondern demonstrieren gemeinsam gegen den Klimawandel. Doch dafür, dass sie den Unterricht nicht besuchen, werden sie unterschiedlich bestraft.

Kanti Trogen bewilligt auf Gesuch

Die Kantonsschule Trogen bewilligt eine Streikteilnahme einmal im Monat. «Bedingung ist ein individuelles, reguläres, vorgängig eingereichtes und begründetes Urlaubsgesuch zuhanden der Prorektorate», heisst es in einem Informationsschreiben, das FM1Today vorliegt.

«Wir haben uns mit der Schülerorganisation und einer Vertretung der Trogener Klimastreiker zweimal getroffen und uns mit dem Thema auseinandergesetzt», sagt Rektor Marc Kummer. Der Vorschlag für einen entschuldigten Streik pro Kalendermonat sei dann von den Schülern gekommen – der Rektor bewilligte ihn «einstweilig».

Unentschuldigte Absenz im Kanton St.Gallen

Im Kanton St.Gallen läuft es anders. Dort haben die Schulen und das Bildungsdepartement entschieden, ab sofort unentschuldigte Absenzen für Streikende einzutragen (FM1Today berichtete). Tina Cassidy, die Leiterin des Amtes für Mittelschulen, will sich nicht zur Appenzeller Lösung äussern. «Wir werden unsere Absenzenpraxis nicht ändern.»

Damit bekommen Kantischüler aus dem Kanton St.Gallen weiterhin eine Absenz, die Trogener Kantischüler möglicherweise nicht – obwohl sie an der gleichen Demo teilnehmen. «Wir haben sehr früh eine einheitliche Regelung getroffen, damit im Kanton St.Gallen alle Schülerinnen und Schüler gleich behandelt werden.» Cassidy kann jedoch nachvollziehen, dass die unterschiedlichen Regelungen zu Unmut führen können.

«Gegebenenfalls neu beurteilen»

Mit der Kantonsschule Trogen habe es bislang keinen Kontakt gegeben. Ausgeschlossen sei das aber nicht. «Wir werden den Klimastreik weiter beobachten und danach gegebenenfalls die Sachlage neu beurteilen. Das bedeutet aber nicht, dass wir die Trogener Lösung übernehmen», sagt die Leiterin des Amtes für Mittelschulen.

Cassidy begrüsst eine überkantonale Lösung. Man müsse sich aber im Klaren darüber sein, dass der Entscheid, wie mit dem Streik umzugehen ist, in der Bildungshoheit der Kantone liegt. «Längerfristig könnte man über ein Modell mit Jokertagen, wie im Kanton Zürich, nachdenken.»

Streikgrund wird nicht bewertet

Das Amt könne keine Ausnahme nur für den Klimastreik machen. «Wir bewerten den Grund des Streikes nicht. Auch bei anderen Themen würden wir keine Streiks tolerieren», sagt Cassidy.

Für die nächste Klimademo bekommen aber weder die St.Galler noch die Trogener Schüler eine Absenz: Diese findet nämlich am Samstag, 2. Februar, in St.Gallen statt – am freien Tag und während der Winterferien.

(tob)

veröffentlicht: 29. Januar 2019 05:32
aktualisiert: 29. Januar 2019 08:07

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