Mangelnde Hygiene

Grüsel-WK in Waldstatt: Armee droht Informanten mit Polizei

05.03.2021, 08:39 Uhr
· Online seit 05.03.2021, 08:08 Uhr
Ein Armeeangehöriger prangert die Hygiene-Massnahmen im Infanterie-Bataillon 61 in Waldstatt an. Die Schutzmassnahmen seien ein Witz und die Corona-Ansteckungsgefahr gross. Als Beweis schickt er uns ein Foto des unappetitlichen Waschsaals. Die Armee weist alle Vorwürfe zurück und droht mit der Militärpolizei.
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Viele Wiederholungskurse der Schweizer Armee finden seit letztem Frühjahr nicht statt. Eine Ausnahme ist jener des Infanterie-Bataillons 61 in Waldstatt. Weil es sich um eine Bereitschaftsformation handelt und Echt-Einsätze möglich sind, wird der WK durchgeführt. Momentan sind über 100 Armeeangehörige in Waldstatt stationiert, Ausgang haben sie wegen der Corona-Pandemie keinen.

«Es ist ein Leichtes, sich hier anzustecken»

Damit sich auch niemand innerhalb der Kompanie ansteckt und weil es sich um eine Bereitschaftsformation handelt, müssten die Corona-Hygienemassnahmen besonders streng eingehalten werden. Dies ist nicht der Fall, berichtet ein Armeeangehöriger aus dem Bataillon 61, der anonym bleiben will. «Die Schutzmassnahmen hier sind ein Witz. Es ist ein Leichtes, sich mit dem Coronavirus anzustecken», sagt er gegenüber FM1Today.

Armeeangehöriger positiv getestet

Fehler in Sachen Schutzmassnahmen sollen schon am Anfang passiert sein. Einen Tag nach Einrücken im Februar hatte einer der Armeeangehörigen ein positives Testresultat erhalten. Dies bestätigt auch die Armee. Laut Armee-Sprecher Daniel Reist wurde der Betroffene sofort isoliert und seine engsten Kontakte in Quarantäne geschickt. Der anonyme Leserreporter berichtet aber: «Die Quarantäne betraf nur eine weitere Person, obwohl noch viele andere mit dem Infizierten Kontakt hatten. Eigentlich hätte die ganze Truppe in Quarantäne müssen. Immerhin haben wir Toiletten und den Essenssaal mit dem positiv Getesteten geteilt.»

«Saubere WCs sehen anders aus»

Laut der Armee ist die Ansteckungsgefahr klein, schliesslich würden die Schutzmassnahmen zu jedem Zeitpunkt eingehalten. Gerade die Toiletten würden «kontinuierlich gereinigt und desinfiziert», heisst es auf Anfrage. Fotos aus dem Bataillon 61 beweisen aber etwas anderes. «Es ist wirklich nicht schön, hier auf die Toilette zu gehen», sagt der anonyme Armeeangehörige. «Saubere WCs sehen für mich sicher nicht so aus. Hier muss das Ansteckungsrisiko enorm gross sein.»

«Möglich, dass Kübel mal voll sind»

Trotz des Fotos bleibt die Armee bei ihrer Aussage mit den sauberen Toiletten. Diese würden zwei- bis dreimal pro Tag gereinigt und desinfiziert. Auch gebe es zwischendurch Grundreinigungen der gesamten Unterkunft. Vom zuständigen Kommando heisst es: «Es ist natürlich möglich, dass ein Kübel nicht sofort geleert wird – hier wäre aber doch auch die Eigeninitiative eines mündigen und volljährigen Angehörigen der Armee gefragt, dies zu melden. Oder aber gerade den Missstand direkt zu beseitigen.»

«Zu acht in einem kleinen Zimmer»

Die Waschsäle seien aber nicht der einzig Ort, wo man sich ohne Problem anstecken könne, berichtet der Leserreporter. Er bemängelt auch die Schlafsituation. «Wir sind hier zum Teil zu acht in einem kleinen Zimmer. Ich glaube, dem Virus ist es egal, wenn jedes zweite Kajütenbett nicht besetzt ist.» Letze Woche sei eine weitere Truppe eingerückt und man habe sich auch in den Schlafsälen «vermischt». «Es wäre kein Wunder, wenn wir bald alle positiv getestet werden.»

Auch diese Aussagen stimmen laut dem Militär nicht. «Die neue Truppe schläft getrennt und mit den vorgeschriebenen Abständen», antwortet Daniel Reist.

Militär wird nervös und droht

Seit unseren Nachforschungen wird im Bataillon 61 plötzlich immer strikter auf die Hygiene geachtet, wie unsere anonyme Quelle berichtet. «Erfreulicherweise geht hier plötzlich etwas. Im Waschsaal war zum Beispiel vorher jeder zweite Wasserhahn nur abgesperrt – jetzt wurden sie richtig zugeklebt.» Die Truppe werde auch vermehrt angehalten, die Hygieneregeln einzuhalten.

Seit FM1Today im Besitz des WC-Fotos ist, werde auch enorm Druck aufgebaut, dass sich der anonyme Armeeangehörige stellt. «Uns wurde am Mittwoch gedroht, wenn ich mich nicht bis 23 Uhr melde, werde die Militärpolizei eingeschalten.» Trotz all der Vorwürfe und des Beweisfotos bliebt die Armee bis zum Schluss bei ihrer Aussage: «Dieses Bataillon ist die Bereitschaftsformation der Armee. Hier werden die Schutzmassnahmen besonders rigoros eingehalten, um die Einsatzbereitschaft für einen Ernsteinsatz sicherstellen zu können.»

veröffentlicht: 5. März 2021 08:08
aktualisiert: 5. März 2021 08:39
Quelle: FM1Today

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