Ostschweiz

Beobachter der rechtsextremen Szene in der Schweiz schaut besorgt auf jüngste Entwicklungen

Junge Tat

Warum sich die SVP schwer tut, sich vom Rechtsextremismus zu distanzieren

02.10.2023, 17:42 Uhr
· Online seit 02.10.2023, 16:30 Uhr
Am Sonntag berichtete der «SonntagsBlick», dass der Gründer der Jungen Tat die Wahlplakate der Jungen SVP Thurgau entworfen hat. Die Jungpartei will sich nicht von der Gruppierung distanzieren, der Präsident der Jungen SVP Thurgau hingegen schon. Ein Experte beobachtet die Situation besorgt.
Céline Stieger
Anzeige

Wenige Tage ist es her, seit publik wurde, dass Rechtsextreme den Wahlkampf für SVP-Politikerin Maria Wegelin machen. Dabei handelt es sich um keinen Einzelfall. Wie der «SonntagsBlick» berichtet, hat der Gründer der rechtsextremen Gruppierung Junge Tat auch die Wahlplakate der Jungen SVP Thurgau entworfen. Ausserdem sei der Rechtsextremist seit anfangs Jahr selbst Mitglied der Partei.

Die SVP Winterthur teilte am Sonntag mit, dass sie die Angelegenheit an einem Sonderparteitag besprechen wolle. Wegelin wird bis dahin ihr Parteiamt ruhenlassen. Anders reagiert die Jungpartei auf das jüngste Ereignis. David Trachsel, der Präsident der Jungen SVP Schweiz, weigert sich, sich von der Jungen Tat und deren Inhalte zu distanzieren, wie die Wochenendzeitung schreibt.

Gegenüber der Thurgauer Zeitung sagt Marco Bortoluzzi, Parteipräsident der JSVP Thurgau, hingegen, dass sie sich «ganz klar von der Politik der Jungen Tat distanzieren». Zum aktuellen Zeitpunkt stehe auch ein Parteiausschluss des Gründers der Jungen Tat im Raum. Gegenüber der Zeitung sagt er: «Ich will auch keinen Schnellschuss, sondern eine saubere Angelegenheit.»

Keine politische Unvereinbarkeit

Distanzieren, oder nicht distanzieren. Das war die grosse Frage in beiden der nachgewiesenen Fällen der Zusammenarbeit zwischen SVP und der rechtsextremen Gruppierung Junge Tat. «Die Reaktionsgeschwindigkeit der SVP hat sich verlangsamt», sagt Hans Stutz, Journalist und langjähriger Beobachter der rechtsextremen Szene in der Schweiz. Es daure heute länger, bis sich SVP-Gremien von rechtsextremistischen oder rassistischen Positionen von Parteiexponenten distanzieren.

Das habe seiner Meinung nach damit zu tun, dass sich der Teil der Gesellschaft nach rechts radikalisiert hat und sich «voll im Saft» fühlt, so Stutz. Betreffende Personen sehen in der Zusammenarbeit mit rechtsextremen Gruppierungen keine politische Unvereinbarkeit – zumindest so lang, wie der Druck von aussen nicht zu gross ist. Das zeige sich am Beispiel von SVP-Politikerin Maria Wegelin.

«Die bürgerliche Demokratie ist gefährdet»

Die Verbindungen zwischen der Schweizerischen Volkspartei und rechtsextremen Gruppierungen gibt es laut Stutz seit den 1990er Jahren. Zudem sei der «politische Diskurs in den letzten Jahren nach rechts gerutscht», so Stutz. Heute sei es möglich, Forderungen zu stellen, die vor zehn Jahren noch einen Skandal ausgelöst hätten. Das stelle nach Stutz eine Gefahr besonders für Menschen mit Migrationshintergrund dar.

Denn ein Viertel der Bevölkerung hat keine politischen Rechte. Mit der Einmischung rechtsextremen Gruppierungen sieht Stutz vor allem eine Bedrohung der Bürgerrechte, dies weil der Zugang zu politischen Rechten für Ausländerinnen und Ausländer künftig erschwert werden dürfte. Deswegen sei die bürgerliche Demokratie gefährdet.

Auswirkungen auf Wahlen

Mit Hinblick auf die Wahlen in wenigen Wochen prognostiziert Stutz zwei gegenseitige Tendenzen. «Am rechten bürgerlichen Rand wird es Menschen geben, die die SVP deswegen nicht wählen werden.» Diese Wählerinnen und Wähler würden entweder eine andere bürgerliche Partei wählen oder nicht wählen gehen. Und dann sehe er einen anderen Teil der Bevölkerung, die gerade durch die SVP-Nähe zu rechtsextremen Gruppen wie die Junge Tat mobilisiert würden. Es sei jedoch schwierig, genauere Prognosen zu machen.

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

veröffentlicht: 2. Oktober 2023 16:30
aktualisiert: 2. Oktober 2023 17:42
Quelle: FM1Today

Anzeige
Anzeige