«Das ist Panikmache»

27.08.2016, 10:10 Uhr
· Online seit 26.08.2016, 15:56 Uhr
Am Schulhaus OZ Schönau in St.Gallen wurden wegen eines Masernfalls ungeimpfte Kinder vom Unterricht suspendiert. Nun gibt die Stadt Entwarnung: Alle Kinder dürfen ab Montag wieder zur Schule. Das Vorgehen sorgt bei Impfgegnern für Kritik.
Leila Akbarzada
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Ein 14-jähriges Schulmädchen des Oberstufenzentrums Schönau in St.Gallen hat die Masern. Schnell war von einer möglichen Epidemie die Rede. Nicht geimpfte Kinder durften heute Freitag nicht zur Schule gehen. Jetzt relativiert der Kanton. «Das betroffene Kind ist früh genug zu Hause geblieben, deshalb war die Ansteckungsgefahr gering», sagt Hans Gammeter, stellvertretender Kantonsarzt von St.Gallen. Am Montag können alle Kinder wieder zur Schule gehen - auch nicht geimpfte.

Panikmacherei?

Am Donnerstag hiess es noch, dass ungeimpfte Schülerinnen und Schüler während der Inkubationszeit von drei Wochen zu Hause bleiben müssen, sofern sie sich nicht innert 72 Stunden impfen lassen. Dieses Vorgehen sorgt für Kritik. «Ich halte nichts von dieser Massnahme. Das ist schlicht und einfach Panikmacherei», sagt Daniel Trappitsch, prominenter Impfgegner und Delegierter vom Netzwerk Impfentscheid. Das Netzwerk Impfentscheid hat sich dem Kampf gegen Impfungen verschrieben und möchte mit «gezielter Aufklärung Impfschäden verhüten». Das Netzwerk ist umstritten, weil es zum Beispiel die Ebola-Pandemie als Angstmacherei abtat. Für Trappitsch ist klar: «Der Schulausschluss ist rechtlich sehr fraglich.»

Alles nach Gesetz

Das Gegenteil sei der Fall, sagt der Kantonsarzt: Es gebe juristische Gründe, die den Kanton zu diesem Schluss am Donnerstag veranlassten, entgegnet dieser. «Die Gesetzgebung schreibt es uns vor, dass die nötigen Massnahmen ergriffen werden, um eine Verbreitung einer übertragbaren Krankheit zu verhindern», sagt Gammeter. Der Masern-Fall am Schulhaus Schönau sei vom Labor bestätigt gewesen. «Ohne positiven Labortest passiert gar nichts», so Gammeter. Trappitsch hatte zuvor infrage gestellt, ob der Fall laborbestätigt war.

Trappitsch: «Kritik gegen Schulmedizin wird ignoriert»

So oder so: Für den Impfgegner Trappitsch ist der Fall am Schulhaus Schönau nur ein Aspekt eines grösseren Problems. «Viele Menschen hinterfragen nichts, auch die Aussagen des Bundesamtes für Gesundheit werden ohne Wenn und Aber geschluckt», sagt er. Daran seien auch die Medien schuld. Es gebe selten eine wirklich kritische Berichterstattung über Impfungen und allgemein über Medizin.

«In der Schweiz herrscht eine Überbehandlung. Daran ist das System schuld, nicht der einzelne Arzt», ist Trappitsch überzeugt. «Es gibt immer mehr chronisch Kranke, die Krankenkassenkosten steigen fortlaufend, obwohl wir in guten Verhältnissen leben. Das kann so nicht weiter gehen.» Darum müsse die Bevölkerung die Gesundheit wieder selbst in die Hand nehmen. Mit Ernährung, sauberem Wasser und einem schlauen Umgang mit Krankheiten könne vieles verbessert werden, glaubt er. Impfungen brauche es nicht.

Manipulation durch Impfungen?

Er selber sei seit 25 Jahren nicht mehr beim Arzt gewesen, weil er nie krank wurde. «Ich kenne viele ungeimpfte Kinder, die in Kontakt kamen mit Kindern, die an Masern erkrankt waren. Trotzdem wurden sie nicht krank, so auch meine eigenen Kinder», behauptet Trappitsch. Für ihn ist es erwiesen, dass ein Mensch nicht krank werde, solange sein Immunsystem richtig aufgebaut sei, und nicht wie etwa durch Impfungen manipuliert werde.

Im Fall der Schülerin am Schulhaus Schönau empfiehlt Trappitsch der Familie, das Kind mit alternativer Medizin zu behandeln, und keine fiebersenkenden Mittel zu benutzen. «Man muss dem Körper einen Impuls geben. Das macht die Homöopathie.»

Gammeter: «Impfungen rotten Krankheiten aus»

Die medizinische Methodik - ob Schulmedizin oder Homöopathie - sei letzten Endes eine Glaubensfrage, sagt der Kantonsarzt Gammeter. Er arbeitet seit über 25 Jahren als Hausarzt. «Ich war mehrere Jahre in der dritten Welt tätig. Dort war man sehr froh und dankbar über Impfstoffe», erzählt er. Und: Laut Gammeter könnten die Masern in der Schweiz ausgerottet werden, würden sich alle Menschen in der Schweiz gegen die Krankheit impfen.

veröffentlicht: 26. August 2016 15:56
aktualisiert: 27. August 2016 10:10

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