Schweiz - Italien

Euphorie und Ernüchterung: So war der EM-Abend in St.Gallen

17.06.2021, 08:58 Uhr
· Online seit 17.06.2021, 08:58 Uhr
St.Gallen war bereit für ein Fussballfest. Die bekannte EM-Euphorie scheint mit ein wenig Verzögerung doch noch um sich zu greifen. Doch die Leistung des Schweizer Teams trübt die Freude – ganz anders die Gefühlslage bei den Italien-Fans: Sie feiern ihr Team mit einem lauten Hupkonzert.
Nico Conzett

Quelle: FM1Today

Anzeige

Lange Zeit wurde die EM-Euphorie vermisst. Die verschiedenen Austragungsorte, die Corona-Einschränkungen, die «richtige» Public Viewings verunmöglichen – die Stimmung war zu EM-Zeiten auch schon ausgelassener.

Doch langsam scheinen die Schweizerinnen und Schweizer doch noch vom EM-Fieber gepackt zu werden. Wer am Mittwochabend vor dem Anpfiff des Gruppenspiels gegen Italien durch die St.Galler Gassen schlenderte, begegnete einer ganzen Menge rot-weiss eingepackter Fussballbegeisterter. Die Vorfreude auf das Spitzenspiel gegen die favorisierten Italiener war spürbar. Spätestens als kurz nach Anpfiff Sascha Ruefers Stimme an allen Ecken in der Innenstadt zu hören war, fühlte sich die Europameisterschaft endlich wie eine Europameisterschaft an.

Der Respekt vor den Italienern ist gross

Die Ansichten bezüglich Rollenverteilung fielen bei den Fans zu einem grossen Teil eindeutig aus: «Die Schweiz ist schon nicht schlecht, aber gegen Italien wird es sehr schwierig», meint beispielsweise eine junge St.Gallerin. Nachdem den Italienern das erste Tor wegen einer Abseitsstellung aberkannt wurde, lassen sich aber wieder Optimisten finden: «Jetzt sind wir wieder im Spiel, wir holen alles oder nichts!»

Die spielerische Leistung der Schweizer liess aber auch im Anschluss zu wünschen übrig – oder lag es einfach daran, dass Italien so stark ist? Dieser Meinung ist eine Italien-Anhängerin: «Ich bin sehr zufrieden mit meinem Team, sie verteidigen einfach alles und spielen immer direkt nach vorne. Einfach eine Top-Leistung, die Italien zeigt.»

Dass sie mit ihrer Einschätzung nicht ganz unrecht hatte, zeigte sich, als die Italiener kurz darauf das zweite Tor schiessen. Den Schweizer Fans in St.Gallen verging daraufhin ein wenig die Lust am Spiel, so schien es. Spätestens als der italienische Stürmerstar Ciro Immobile in den Schussminuten auf 0:3 aus Schweizer Sicht erhöhte, war von der anfänglichen Euphorie der rot-weissen Menge nichts mehr zu spüren.

Zu wenig Kampfgeist bei den Schweizern

Stattdessen versuchten sich die Fans in Spiel- und Fehleranalysen. Der Tenor war dabei ziemlich eindeutig: Zu wenig Kampfbereitschaft und Leidenschaft auf Seiten des Schweizer Teams: «Unsere Spieler waren immer zu weit weg vom Gegner, sowohl beim zweiten als auch beim dritten Tor.» Ein anderer fügt ernüchtert an: «Es ist eine pure Enttäuschung. Klar, wir waren der Underdog, aber man sollte ein wenig Stolz zeigen, wenn man im Schweizer Dress spielt. Der Kampf hat mir einfach total gefehlt.»

So dürfte es vielen Schweizer Fussballfans derzeit gehen. Doch es besteht immer noch Grund zur Hoffnung. Mit einer guten Leistung im dritten Gruppenspiel gegen die Türkei kann es das Schweizer Team immer noch ins Achtelfinale schaffen. Und sollte dies gelingen, scheint spätestens seit Mittwochabend klar: Die St.Gallerinnen und St.Galler sind bereit, sich vom EM-Fieber anstecken zu lassen.

Bei den Italien-Anhängerinnen und -Anhänger, die in St.Gallen leben, ist dies schon längst geschehen. Mit zwei Siegen aus zwei Spielen sind die Italiener auf Kurs, dabei zeigten sie sich in spielerischer Topverfassung. Kein Wunder, dass auf den Strassen noch Stunden nach dem Schlusspfiff ein lautes Hupkonzert stattfand und man sich wegen des grün-weiss-roten Fahnenmeers kurzzeitig eher in Mailand, Florenz oder Rom als in St.Gallen wähnte.

veröffentlicht: 17. Juni 2021 08:58
aktualisiert: 17. Juni 2021 08:58
Quelle: FM1Today

Anzeige
Anzeige