Fesche Madln, Stromausfall und Striptease

25.12.2017, 12:43 Uhr
· Online seit 17.06.2017, 07:42 Uhr
Es war ein Konzert der Emotionen: berührend, begeisternd, beängstigend, beeindruckend. Es hatte alles, was ein gutes Konzert braucht: Viele Leute, die tobten und laut sangen, einen Stromausfall, einen Striptease, einen rappenden Gabalier und überfüllte Toiletten. Von der Gänsehaut bis zum lauten Gekreische: Das Publikum kochte. Wir haben einige Stimmen zum Konzert von Andreas Gabalier.
Lara Abderhalden
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Es war ein Seelenstriptease durch und durch des Herrn Gabalier. Man könnte fast sagen, man hat an diesem Abend alles von ihm gesehen: Seine wilde, springende und laute Seite, seine Nachdenklichkeit, seine Trauer und Emotionalität und nicht zuletzt beinahe seinen ganzen Körper.

«Ich hatte Mitleid mit Gabalier»

«Der Gabalier ist einfach ein geiler Siech. Es war obercool», schwärmt Fredi Huber aus Walenstadt. Er ist einer der ersten, der nach dem Konzert aus dem Stadion kommt. Gabalier überzieht nämlich. Seine Zugabe dauert über eine halbe Stunde. Nicht zuletzt ein Stromausfall verzögert das Ganze. Ungefähr um 21.20 Uhr versagte das Mischpult. Mitten im Song war es plötzlich ruhig. Anstatt dass die Masse wütend das Stadion verliess, löste der Ausfall das Gegenteil aus. Es wurde noch lauter geklatscht, noch mehr gesungen und noch höher gesprungen.

Der Stromausfall war fast schon ein Wachrütteln, denn von diesem Punkt an wurde es immer lauter im Stadion. Das bestätigt auch Anja aus Konstanz: «Für mich war der Stromausfall das Highlight. Die Stimmung da war einfach super.» Auch sonst beklagt sich kaum einer über den kurzen Unterbruch. Daniela Widmer aus Rebstein hatte einfach nur Mitleid mit Gabalier: «Ich habe in seinem Gesicht gesehen, dass er gestresst ist und er hat mir so leid getan. Mein Gott, da hast du einen Auftritt und dann noch in der Schweiz und dann gibt es einen Stromausfall.» Aber Gabalier habe das nicht aus dem Konzept gebracht: «Er hat das super überbrückt. Vor allem den halben Striptease habe ich genossen.»

Während der rund zehn Minuten, als das Mischpult ausfiel, begann Gabalier zuerst Acapella «Hulapalu» zu singen, dann versuchte er es mit rappen und als dass immer noch nicht nützte, begann er, sich auszuziehen. Leider kam in diesem Augenblick aus den Boxen wieder Musik.
Und zur Feier des Tages wurde spontan das Lied «Hulapalu» vorgezogen:

«Das war eine Micky-Mouse-Show»

Obwohl die meisten der rund 27'500 Besucher im Kybunpark das Konzert genossen, gibt es auch kritische Stimmen. Vor allem an der ganzen Organisation gibt es einiges auszusetzen, findet Schmidi aus Zürich: «Ich musste unglaublich lange für die Toilette und die Getränke anstehen.» Auch das Ehepaar Moni und Urs aus Horgen sind überhaupt nicht zufrieden: «Die Organisation war eine Katastrophe. Die Akustik war schlecht, die Technik mies und man hat Gabalier überhaupt nicht verstanden. Wir würden nicht mehr hierher kommen.»

Auch Thomas aus Schwarzenbach hat sich das Konzert etwas anders vorgestellt: «Ich als Helene Fischer Fan bin enttäuscht von dieser Micky-Mouse-Show. Da trug einer ein Rollings-Stones-T-Shirt, das geht doch nicht? Irgendwie hat nichts zusammen gepasst. Es gab keine Choreographie und am meisten geklatscht haben die Leute, wenn er nicht gesungen hat, also wenn man nur Schlagzeug oder Gitarre hörte. Ich würde nicht mehr kommen.» Um nicht nur zu jammern, fügt er noch hinzu: «Wenn ich noch etwas Positives sagen darf: Das Catering war super! Ich habe vor dem Konzert ein Schnitzelbrot gegessen und jetzt feine Pommes Frites, die nicht versalzen sind.»

Zu Tränen gerührt

«Ich liebe ihn einfach», schreit Jasmin aus dem Liechtenstein ins Mikrofon und hebt die bedrückte Stimmung wieder nach oben. Ihr hat das Konzert sehr gut gefallen und sie und ihr Freund johlen noch eine Runde «Oli, oli, oli, oli, oooh», ins Mikrofon.

Obwohl organisatorisch nicht alles geklappt hat, die Leute zum Teil viel anstehen mussten, ist die breite Masse zufrieden. Vor allem Andreas Gabaliers letzter Song «Amoi seg'ma uns wieder» hat das Publikum bewegt und teilweise zu Tränen geführt. «Das letzte Lied hat mich an eine persönliche Geschichte erinnert», sagt Claudia aus Diepoldsau. Andreas Gabalier hat das Lied seinem Vater und seiner Schwester gewidmet, welche sich beide das Leben genommen haben.

«Mit Musik kann man Brücken bauen»

Für Claudia war es ein schöner Abschluss eines Konzert, welches berührt hat, nicht zuletzt in der heutigen Zeit, in der so viel passiere: «Es gibt viele gute Menschen auf der Welt. Meine Tochter war am Donnerstag alleine am Justin-Bieber-Konzert. Da habe ich mir schon Sorgen gemacht als Mutter. Aber es ist genau, wie Gabalier es sagt: Wir müssen zusammen stehen. Mit Musik kann man ganz viele Brücken bauen.»

Das Stadion leert sich. Dirndl und Lederhosen zwängen sich aus den Ausgängen. Die Buben packen ihre feschen Madln an den Hüften. Es wird gelacht und getrunken. Vereinzelt hört man noch ein «Oli, oli, oli, oli, oooh». Das Publikum selbst hat die Emotionalität Gabaliers perfekt imitiert - von der Gänsehaut bis zum wilden Gekreische und letzteres wird wohl so manch einer noch spüren: «Ich bin jetzt schon heiser», bestätigt Vroni aus Degersheim die Befürchtungen.

«I sing a Lied für di» (damit ihr noch etwas mehr heiser werdet;))
veröffentlicht: 17. Juni 2017 07:42
aktualisiert: 25. Dezember 2017 12:43
Quelle: abl

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