Freispruch für St.Galler Stadtpolizist

17.11.2016, 17:27 Uhr
· Online seit 17.11.2016, 16:42 Uhr
Ein St.Galler Stadtpolizist stand heute Donnerstag vor dem Kreisgericht, weil er bei einer Verfolgsungsjad überreagiert hat. Er hatte einen Töff-Rowdy unter anderem mit «Chrüppel» beschimpft. Deshalb wurde ihm Amtsmissbrauch vorgeworfen. Ihm drohte eine Geldstrafe von 8500 Franken.
Claudia Amann
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Es sind Szenen wie wir sie sonst nur aus Filmen kennen: Ein Motorradfahrer fährt viel zu schnell durch die Stadt St.Gallen. Die Polizei verfolgt ihn. Dabei überfährt der Rowdy Rotlichter, überholt rechts und drängt entgegenkommende Autos ab. Schliesslich fällt der damals 41-Jährige zu Boden und die Polizei kann ihn fassen. Weil er sich aber vehement gegen seine Verhaftung wehrt, rastet einer der Beamten aus und beschimpft den Fahrer auf ärgste Weise. «Du huere Sau!», «du Chrüppel, du verdammte!» und «i rupf dir de Grind us», hört man den Polizisten, in einem Video sagen.

Wegen dieser Beschimpfungen stand der St.Galler Polizist am heutigen Donnerstag vor dem Kreisgericht St.Gallen. Der Vorfall ist inzwischen zwei Jahre alt. Der Töfffahrer, ein in Rheineck wohnhafter 42-Jähriger, hatte damals alles auf seiner Helmkamera aufgezeichnet. Das Video wurde später auf Youtube veröffentlicht.

Der Rheinecker beschwerte sich später über das Verhalten der Polizei. «Die von der Behörde sind einfach alles panierte Bünzli-Bürger!», sagte er dem Blick. Er selbst habe damals Dampf ablassen wollen, weil er durch vielerlei Probleme ein Burnout erlitten habe. Für sein Vergehen wurde er im Frühling zu 23 Monaten bedingter Freiheitsstrafe und zu 1000 Franken Busse verurteilt. Nun folgte der Prozess gegen den Polizisten.

Auswertungen durch Helmkamera

«Die Staatsanwaltschaft vom Kanton St.Gallen hatte in ihrer Anklageschrift gefordert, dass der Polizist wegen Amtsmissbrauch zu einer Geldstrafe und Busse verurteilt wird», sagt Roman Dobler, Mediensprecher der Staatsanwaltschaft St.Gallen. Im Rahmen der Strafuntersuchung habe die Staatsanwaltschaft die Aufnahmen der Helmkamera auswerten lassen. Aufgrund dieses Inhalts sei die Untersuchung erst in die Gänge gekommen.

Am späten Donnerstagnachmittag wurde der St.Galler Stadtpolizist schliesslich vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs freigesprochen. Die Gerichtskosten von 4500 Franken trägt der Staat.

Der Richter begründete den Urteilsspruch damit, dass es sich um eine Ausnahmesituation gehandelt habe. Subjektiv seien keine Absichten erkennbar gewesen, dem Raser Nachteile zuzufügen. Allerdings könne die Polizei aus dem Vorfall Lehren ziehen, meinte der Richter.

«Polizisten sind auch nur Menschen»

Max Imfeld, der Verbandspräsident der Stadtpolizei St.Gallen, nahm den Polizisten vor der Verhandlung in Schutz. «Ich kenne den Fall nicht im Detail», wirft er voraus. «Der Polizist ist offenbar ausgerastet und wurde zuvor provoziert. Im Prinzip sollte ein Polizist die Contenance bewahren. In der Polizeischule finden auch Schulungen für solche Situationen statt.»

Diese Situation müsse aber aussergewöhnlich extrem gewesen sein. «Ich persönlich kann sein Verhalten nachvollziehen», sagt Imfeld weiter. «Polizisten sind auch nur Menschen.» Imfeld kennt den Mann als gelassene Person. «Wenn dieser ausgerastet ist, dann muss etwas Schwerwiegendes vorgefallen sein. Polizisten sollten vor Gericht nicht besser behandelt werden - aber auch nicht schlechter», betont er.

(red.)

Ausschnitt aus dem Video der Helmkamera

veröffentlicht: 17. November 2016 16:42
aktualisiert: 17. November 2016 17:27

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