Befragung

Alkohol, Cannabis und Tabak – die Churer Jugend ist in Nöten

25. Mai 2023, 14:39 Uhr
Im vergangenen Jahr führte die Stadt Chur bei allen 13- bis 15-Jährigen eine Befragung zu Gesundheit und Verhalten durch. Im Vergleich zu anderen Gemeinden zeigten die Jugendlichen Auffälligkeiten bei der psychischen Gesundheit, beim Suchtmittelkonsum und bei Paarbeziehungen.
Neun Prozent der Befragten gaben an, schon einmal Cannabis konsumiert zu haben.
© Getty Images
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«Die Resultate haben mich teilweise schockiert. Gleichzeitig war ich sehr positiv überrascht, wie engagiert die Jugendlichen in den Austausch getreten sind», sagt der zuständige Churer Stadtrat Patrik Degiacomi.

Der Gesellschaft bereiten Verhaltensauffälligkeiten von Jugendlichen wie Straffälligkeit, Gewalt und Substanzkonsum, aber auch psychische Belastungen wie depressive Symptomatik, Angst und Suizidgedanken Sorge.

Hierzu muss bekannt sein, welchen Risikofaktoren die Jugendlichen in Bezug auf die vielfältigen Problemverhalten ausgesetzt sind und wo sie über positiv wirkende Ressourcen verfügen. «So können bestehende Angebote gezielt auf geeignete und wirksame Präventionsmassnahmen ausgerichtet werden», heisst es in einer Mitteilung der Stadt Chur.

Im vergangenen Jahr hat der Churer Stadtrat in der Strategie Sucht- und Drogenpolitik definiert, dass die Stadt neu eine Best-Practice-Strategie in der Suchtprävention verfolgen möchte. Dazu wurde das international auf die Wirkung erforschte Programm CTC «Communities That Care» ausgewählt.

Im November und Dezember 2022 fand die Befragung bei allen 13- bis 15-Jährigen, die in der Stadt Chur wohnen, statt. Von den 660 Fragebögen wurden 74 Prozent ausgefüllt und von der Universität Zürich ausgewertet.

Problemverhalten bei Jugendlichen

Die Vergleiche beziehen sich auf zwölf Schweizer Gemeinden, die die CTC-Befragung 2022 durchgeführt hatten.

Psychische Probleme wie Depressionen oder Selbstwertprobleme sind bei den Churer Jugendlichen nicht anders wie in den anderen Gemeinden – so auch die Fragen zur Suizidalität.

«Dennoch ist beunruhigend, dass insgesamt 32 Prozent der Jugendlichen sagten, dass sie an einzelnen oder mehr als der Hälfte der Tage Gedanken hätten, dass sie lieber tot wären oder sich Leid zufügen möchten», heisst es in der Mitteilung. 22 Prozent gaben an, schon einmal ernsthaft daran gedacht zu haben, sich das Leben zu nehmen.

Suchtmittelkonsum:

Alkohol 50 Prozent
Tabak 28 Prozent
Cannabis 9 Prozent
Andere Substanzen 7 Prozent

14 Prozent waren in den vier Wochen vor der Befragung betrunken. Insgesamt liegen die Werte für alle Substanzen höher als in den anderen Gemeinden.

Eine dritte Auffälligkeit zeige sich bei der Gewalt in jugendlichen Paarbeziehungen. 38 Prozent gaben an, dass sie in den letzten zwölf Monaten eine Paarbeziehung hatten.

Insgesamt 33 Prozent der Befragten in Chur äusserten, dass sie Opfer von Gewalt waren. Die weitverbreitetste Form von Gewalt ist verbale Gewalt. 50 Prozent der Jugendlichen, die in einer Beziehung waren, sagten, dass sie von ihren (Ex-)Partnern oder (Ex-)Partnerinnen überwacht wurden. In Chur sind die Opferraten somit höher als in anderen Gemeinden.

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Familie als Risikofaktor

Bezüglich der zu priorisierenden Risiko- und Schutzfaktoren aus den vier Lebenswelten sind sich die Jugendlichen und Fachleute einig – als grösster Risikofaktor zeigt sich die Familie.

Hier sind die Werte in Chur relativ hoch bei Problemen mit dem Familienmanagement, Konflikten in der Familie und der zustimmenden Haltung der Eltern zu Substanzkonsum.

Bei den Schutzfaktoren soll bei den Familien, den Schulen und der Wohnumgebung angesetzt werden.

Weiteres Vorgehen

Die Angebote in der Stadt Chur werden nun analysiert und in Diskussionen mit Jugendlichen und Fachleuten Massnahmen für einen Aktionsplan vorgeschlagen – dieser soll ab 2024 umgesetzt werden.

Gemäss Patrik Degiacomi ist jedoch nicht eine Vielzahl neuer Angebote zu erwarten: «Die Diskussion unter den Jugendlichen und auch den beteiligten Fachleuten zeigte, dass ein Schlüssel die Haltung sein dürfte, wie Erwachsene auf Jugendliche zugehen und sie in Entscheide einbeziehen, welche für sie von besonderer Bedeutung sind».

Schliesslich soll nach einigen Jahren die Wirkung der Massnahmen evaluiert werden.

(Stadt Chur/cs)

Quelle: FM1Today
veröffentlicht: 27. Mai 2023 09:00
aktualisiert: 27. Mai 2023 09:00
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