Nationalmannschaft

Diese Bündnerin kämpft als einzige Frau in der Schweizer Koch-Elite um WM-Gold

· Online seit 20.02.2021, 06:37 Uhr
Die Bündnerin Andrea Werth kocht seit zwei Jahren in der Schweizer Koch-Nationalmannschaft. In ihrem Team ist sie die einzige Frau. Das stört sie nicht. Viel wichtiger sind ihr Leidenschaft, Freude und Zeit am Kochen.
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Missgeschicke sind unverzeihlich – zumindest an einer Kochmeisterschaft. «Bei einem Probelauf ist mir einmal das Aprikosenpüree aus dem Kühlschrank auf den Boden gefallen», sagt Andrea Werth. Etwas, was nicht passieren sollte, denn Ersatzzutaten sind während eines Wettkampfs eine Rarität. Die 29-jährige Bündnerin hat aus dem Vorfall aber gelernt. «Seither stelle ich solche Geschirre im Kühlschrank weit nach hinten.»

Werth ist Mitglied der Schweizer Koch-Nati. Mit ihrem Team bestreitet sie Wettkämpfe an den Weltmeisterschaften und Olympiaden. Der letzte grosse Event war die Olympiade in Stuttgart vergangenes Jahres, das nächste Ziel ist die Weltmeisterschaft 2022 in Luxemburg. Dazu trainieren zehn Köchinnen und Köche aus der ganzen Schweiz an 30 Trainingstagen im Jahr. Zusätzlich wird in den eigenen Betrieben und zu Hause geübt. «Es ist ein grosser Zeitaufwand», sagt die Köchin aus Bonaduz. Andrea Werth ist seit zwei Jahren bei der Elite mit dabei. «Dazu braucht es viel Leidenschaft und Freude.»

Schon vor ihrer Zeit bei der Nationalmannschaft hatte die Bündnerin an Wettbewerben teilgenommen. So gewann sie 2014 den Schweizer Nachwuchswettbewerb Marmite Youngster. Durch ihren Sieg wurden die Nati-Coaches auf sie aufmerksam. «Ich habe kurz danach ein Telefon von unserem Coach bekommen.» Doch sie erteilte ihm eine Absage, denn sie war zu stark in den damaligen Betrieb eingespannt. «Er sagte mir noch: Man sieht sich im Leben immer zweimal», so die Köchin.

Eine Köchin mit Feingefühl

Werth startete 2018 eine Ausbildung an der EHL Passugg, einer höheren Fachschule für Tourismus, und plötzlich bekam sie Sehnsucht nach dem Kochen, da sie in ihrer Ausbildung viel weniger hinter dem Herd stand. Durch einen guten Kollegen, der selbst in der Nati ist, stiess sie dann dem Team hinzu. «Es ist ein schöner Ausgleich neben dem, was ich jetzt mache.» Die Bonaduzerin ist im Team für die Patisserie zuständig. «Das mache ich extrem gerne.» Sie sei auch stark in der Herstellung von Lebensmittel, die sehr klein und fein sind. So mache die Köchin gerne Garnituren oder Dekorationen. «Ich arbeite gerne genau und exakt. Zudem bin ich auch geduldig bei solchen Feinarbeiten.»

Lange Wettkampf-Tage

In den gemeinsamen Trainings im Team werden für alle Gänge die Rezepte ausgearbeitet, getestet und das Zeitmanagement koordiniert. An den Wettbewerben selbst muss alles auf fünf Minuten genau getimt sein. «Wir haben eine Zeitvorgabe.» Oftmals hätten die Köchinnen und Köche etwa sechs Stunden Zeit für die Zubereitung ihrer Speisen. «Das sind jeweils sehr lange Tage, an denen man fokussiert sein muss», sagt Werth.

Neben der Zeit werden dem Team auch die Anzahl Gäste und Gänge sowie die Fleisch- oder Fischsorten vorgegeben. Die Produkte und Arbeitsutensilien bringen die Mannschaften jeweils selbst mit. «Die Zutaten wägen wir alle auf der Milligramm-Waage im Vorhinein ab.» Beim Wettbewerb würde man die Zutaten nur noch zusammenfügen. «Wir konzentrieren uns dann vor allem aufs Kochen.» Missgeschicke, wie jenes mit dem Aprikosenpüree, dürfen deshalb nicht passieren. «Wir trainieren darum sehr viel.»

Trainings neben der 100-Prozent-Tätigkeit

Die Trainings sind sehr zeitintensiv. Einige der Köche müssten dafür Ferientage opfern. Andrea Werth wird von ihrem Arbeitgeber, dem Alpenhirt in Tschiertschen, in dieser Hinsicht gut unterstützt: Sie kriegt einen Teil der Trainingstage geschenkt. Trotzdem muss sie auch Wochenendtage opfern. Das wären eigentlich die einzigen freien Tage neben ihrer 100-Prozent-Tätigkeit.

Wegen Corona wurde die Trainingslast aber ein wenig geringer. «Wir haben uns wirklich wenig getroffen», sagt die 29-Jährige. Man habe sich aber weiterhin viel ausgetauscht und in kleineren Gruppen gekocht. «Wir sind wie eine Familie zusammengewachsen, wir sind gute Freunde und Kollegen.»

«Musste mich als Frau mehr durchsetzen»

Dass Andrea Werth die einzige Frau im Team ist, stört sie nicht. «Das ist für mich nicht ungewöhnlich, ich habe schon immer nur mit Männern gearbeitet.» Ausserdem arbeite sie auch lieber mit dem anderen Geschlecht, weil sie viel direkter sein könne und niemand danach böse sei. «Anfangs musste ich mich als Frau vielleicht ein wenig mehr durchsetzen. Mittlerweile aber überhaupt nicht mehr.» Mittlerweile funktioniert das Kochen im Team perfekt. Das muss es auch – spätestens bis Ende 2022 in Luxemburg. Bis dahin sollen die Kochabläufe nochmals ordentlich trainiert werden. Neben den Trainings wird Werth dieses Jahr auch noch ihr Studium in Hotel-Management abschliessen.

veröffentlicht: 20. Februar 2021 06:37
aktualisiert: 20. Februar 2021 06:37
Quelle: FM1Today

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