Sackgeld

Eine eigene Bankkarte für Sechsjährige – ist das die Zukunft?

23.08.2022, 11:42 Uhr
· Online seit 23.08.2022, 10:37 Uhr
Kein Münz mehr, sondern eine Karte im Geldbeutel: Kinder erhalten ihr Sackgeld vermehrt digital. Auch die Graubündner Kantonalbank lanciert jetzt ein digitales Bezahlangebot für Kinder. Laut Pro Juventute ist Bargeld anfangs aber immer noch wichtig.
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Ein sechsjähriges Mädchen bezahlt ihr Süssigkeiten-Säckli mit der Bankkarte anstatt eines Fränklers. Ein ungewohntes Bild. Doch das könnte in Zukunft zur Normalität werden. Immer mehr Banken lancieren Apps und Konten, womit Kinder bereits ab sechs Jahren ihr Sackgeld digital verwalten – und mit Karte ausgeben können.

«Bargeld immer stärker aus dem Alltag verdrängt»

Digitale Konkurrenz fürs Sparschwein – das hat die Graubündner Kantonalbank zusammen mit der St.Galler Kantonalbank und dem Churer IT-Dienstleister Inventx entwickelt und am Montag lanciert. «Unser Angebot ‹Gioia Kids› beinhaltet Konto, Karte und App für Kinder ab sieben Jahren, damit sie in einem sicheren Rahmen ihre digitale Finanzkompetenz aufbauen können. Die Eltern können das Ganze steuern», sagt Thomas Müller, Mediensprecher der Graubündner Kantonalbank.

Es sei aber individuell unterschiedlich, ab wann die Kinder die Karte selbstständig nutzen dürfen. «Die einen können vielleicht schon mit sieben Jahren beginnen, andere brauchen länger. Das Angebot ist einfach eine Möglichkeit, den Kindern den Umgang mit digitalen Zahlungsmöglichkeiten beizubringen, weil diese das Bargeld immer stärker aus unserem Alltag verdrängen», so Müller.

«Kinder zwischen sieben und vierzehn Jahren entwickeln sich rasant und individuell. Deshalb besteht unser Angebot bereits ab sieben Jahren – Pflicht ist es natürlich nicht», sagt Müller. Das Thema Sackgeld betreffe aber alle, und mit dem Angebot sollen die Eltern unterstützt werden.

SGKB hat Angebot schon länger

Bei der St.Galler Kantonalbank gibt es das Angebot mit der «Minibank» bereits seit rund einem halben Jahr für Kinder ab sechs Jahren – und es läuft gut. «Wir haben viele neue Kontoeröffnungen, was unsere Erwartungen übertrifft», sagt Jolanda Meyer, Mediensprecherin der St.Galler Kantonalbank.

Zwar werde das Gesamtangebot rege genutzt, doch ob wirklich schon viele Sechsährige eine eigene Karte erhalten, kann Meyer nicht sagen. «Wir führen keine Statistik dazu. Aber ich denke, dass die Bankkarte erst in einem etwas höheren Alter wirklich relevant wird, zum Beispiel, wenn die Kinder alleine ins Kino gehen dürfen.»

Das digitale Angebot sei ein Bedürfnis der Kundinnen und Kunden gewesen. «Bei einem Workshop haben wir gesehen, dass viele Eltern ihren Kindern einen digitalen Zugang zum Geld ermöglichen wollen. Mit dem Konto können die Kinder ihr Sackgeld auch online ausgeben, ohne die Kreditkarte der Eltern verwenden zu müssen», so Meyer.

Ähnliche Bezahlangebote für Kinder und Jugendliche gibt es auch von anderen Banken und Finanzdienstleistern. Bei der Grossbank Credit Suisse gibt es zum Beispiel das Angebot «Viva Kids», bei Twint gibt es eine Prepaid-Lösung und auch die Onlinebank Revolut hat ein Angebot für Kinder.

Bargeld als Einstieg laut Pro Juventute immer noch wichtig

«Solche Angebote können eine gute Ergänzung sein, sofern das Kind den Umgang mit Geld bereits mit Bargeld geübt hat», sagt Lulzana Musliu, Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit bei Pro Juventute. Das Kind soll aber langsam an die digitalen Angebote herangeführt werden. «Je nach Familie und Kind kann das schon ab sechs Jahren sein, in der Regel empfiehlt sich die Einführung jedoch später», sagt Musliu. In vielen Familien sehen jedoch die Kinder schon bei den Eltern, wie das digitale Bezahlen funktioniert und sind neugierig, wie es geht.

Digitales Sackgeld hat Zukunft

Durch den gesellschaftlichen Wandel in die digitale Welt habe das Angebot für digitales Sackgeld aber auf jeden Fall Zukunft – «die junge Generation ist immer am fittesten in der digitalen Welt», sagt Musliu. Sackgeld in physischer Form sei aber am Anfang doch noch wichtig. «Bargeld ist für Kinder viel greifbarer. Mit Münz und Noten können sie besser verstehen, dass man etwas abgeben muss, um etwas zu erhalten. Ausserdem merken sie dann in physischer Form, dass Geld einen Wert hat, weil es nicht ganz so abstrakt ist.»


veröffentlicht: 23. August 2022 10:37
aktualisiert: 23. August 2022 11:42
Quelle: FM1Today

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