Graubünden

Kanton hat ganzes Wolfsrudel im Visier: «Auch Jungtiere zeigen problematisches Verhalten»

· Online seit 02.08.2022, 12:03 Uhr
Wildhüter konnten zwei Jungwölfe des problemstiftenden Beverinrudels töten. Nun hat der Kanton Graubünden aber das ganze Rudel im Visier, da bereits Jungtiere ein problematisches Verhalten zeigen würden. Arno Puorger, Mitarbeiter des Amts für Jagd und Fischerei, erklärt im Interview, was die nächsten Schritte des Kantons sind.
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In der Nacht auf den 1. August konnten Wildhüter zwei Jungtiere des Beverinrudels erlegen. Wie schwierig war das? 

Arno Puorger: Der Abschuss war mit grossem Aufwand verbunden. Die Schwierigkeit war, dass wir nicht wussten, wo sich das Rudel aufhält. Wir hatten nur wenige Hinweise. Das hat es umso schwieriger gemacht. Wir sind erleichtert, konnten wir den ersten Schritt nun aber machen.

Wie hat man das Rudel schlussendlich trotzdem gefunden?

Gefunden ist das falsche Wort. Es gab Nutztierrisse auf einer Alp, auf der es diesen Sommer bereits über 40 gerissene Nutztiere gegeben hatte. Wir wussten das und haben dort entsprechend intensiv beobachtet. Schlussendlich gelang es uns vorgestern Abend, die Wölfe unmittelbar bei der Schafherde zu schiessen.

Waren die Wölfe im Rudel unterwegs?

Die Wölfe sind im Rudel oder in der Gruppe unterwegs. Es ist aber nicht immer zwingend das ganze Rudel dabei. Wir hatten schon Sichtungen von einem einzelnen bis hin zu sechs Wölfen. Die Rudelzusammenstellung variiert. Man kann nicht voraussehen, wie viele Wölfe auftreten.

Kann man bereits sagen, was für eine Wirkung der Abschuss der Jungwölfe hat?

Nein, kann man nicht. Wir werden es in den nächsten Tagen und Wochen sehen. Was wir aber wissen, ist, dass wir bereits zum dritten Mal Jungwölfe aus diesem Rudel geschossen haben. Wir sehen, dass dies, hinsichtlich der Anzahl Nutztierrissen, nicht den gewünschten Effekt hat. Darum ist der Kanton Graubünden klar der Ansicht, dass es weitere Abschüsse geben soll, insbesondere vom Vatertier des Rudels.

Wie geht es nun weiter?

Für uns liegt der Schwerpunkt herauszufinden, wo das Rudel den Rendezvous-Platz hat, wo auch die Jungtiere, die dieses Jahr geboren wurden, sind. Das ist wichtig, damit wir das Gesuch für weitere Abschüsse stellen können. Der erste Schritt ist also herauszufinden, wie viele Jungtiere es im Rudel dieses Jahr gegeben hat.

Was ist das Ziel des Kantons?

Ziel des Kantons ist es, dass man alle schadensstiftenden Wölfe aus dem Rudel schiesst. Wir haben im Moment das Vatertier, das ein grosses Problem ist. Aus Sicht des Kantons muss es zwingend zum Abschuss kommen, damit man einen Unterbruch der Entwicklung erwirken kann. Weil sich das Ganze aber über mehrere Jahre hingezogen hat, gibt es mittlerweile auch Jungtiere im Rudel, die dieses problematische Verhalten zeigen. Damit wir das Verhalten also unterbrechen können, müssen wir auch diese Jungtiere schiessen.

Das Vatertier ist das grosse Problem. Was braucht es denn noch, damit es geschossen werden kann?

Das Bundesamt für Umwelt hat uns sehr kurzfristig zwei Jungwölfe zum Abschuss freigegeben. Das haben wir jetzt gemacht. Der nächste Schritt und der offizielle Antrag, um das Vatertier schiessen zu können, wird erfolgen, wenn wir die neugeborenen Jungtiere zählen konnten.

Dazu ist es aber noch nicht gekommen.

Nein, das konnten wir noch nicht machen.

Wann ist mit einem Abschuss des Vatertiers zu rechnen?

Das können wir nicht sagen. Was wir sagen können, ist, dass der Abschuss eines Vater- oder Muttertiers gemäss Jagdverordnung erst ab November bis Ende Januar möglich sein wird. Das heisst, es wird also nicht in den nächsten Tagen passieren.

Und sobald das Vatertier geschossen ist, sind die Probleme gelöst?

Wir wissen nicht, was die Auswirkungen sind, wenn man ein solches Vatertier schiesst. Die Jungtiere, die das Verhalten bereits übernommen haben, werden das Verhalten weiterhin beibehalten. Das Rudel als solches wird aber mit einem Vatertierabschuss wahrscheinlich aufgebrochen werden – wobei es auch Situationen gibt, bei denen Jungtiere die Rolle des Vatertiers übernommen haben. Beim Wolf gibt es also verschiedenen mögliche Konstellationen. Damit die Probleme also langfristig verhindert werden können, müssten daher mehr Tiere als nur das Vatertier geschossen werden.

(gbo)

veröffentlicht: 2. August 2022 12:03
aktualisiert: 2. August 2022 12:03
Quelle: FM1Today

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