Graubünden

Streit um Metallstelen auf Bergen: Petition mit über 7000 Stimmen eingereicht

· Online seit 21.11.2021, 06:29 Uhr
Eine Alpenschutzorganisation hat mehrere tausend Unterschriften gesammelt. Erreichen will sie damit den Abbau von Metallplatten auf 100 Bündner Berggipfeln, installiert von der Graubündner Kantonalbank. Diese hat nicht vor, die Platten, welche als digitale Gipfelbücher fungieren, vorzeitig abzubauen.
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Sie sind nicht riesig, nur 60 Zentimeter hoch, die Metallstelen, die mit einem QR-Code versehen als elektronische Gipfelbücher fungieren und seit vergangenem Jahr auf 150 Bündner Berggipfeln stehen – doch sie sorgen für eine Menge Aufruhr.

«Aktion ist stossend»

Denn längst nicht alle haben Freude an der Idee der Graubündner Kantonalbank (GKB), welche die Stelen anlässlich eines Jubiläumsprojekts zu ihrem 150. Geburtstag im Jahr 2020 auf den Berggipfeln montierte. Kürzlich überreichte die Alpenschutzorganisation Mountain Wilderness der Kantonalbank eine Petition mit 7250 gesammelten Unterschriften. Das Ziel: den Rückbau der Stelen zu erwirken. «Wir finden die Aktion stossend, weil 100 der 150 aufgebauten Stelen auf Gipfeln stehen, welche wild und unberührt sind», sagt Tim Marklowski, Kampagnenleiter bei Mountain Wilderness, gegenüber FM1Today. «Wir sind der Meinung, dass diese erhalten bleiben müssen, so dass authentische Wildniserlebnisse auch in der Schweiz weiterhin möglich sind.»

Mit den Stelen auf den 50 Gipfeln, die ohnehin touristisch erschlossen sind und häufig von Besuchern frequentiert werden, hat die Organisation kein Problem.

Sind E-Gipfelbücher nötig?

Aus Marklowskis Sicht sind die E-Gipfelbücher in der unberührten Natur komplett unnötig, weil ein Blick auf die Webseite, wo die digitalen Gipfelbucheinträge archiviert sind, zeigen würde, dass die meisten Gipfel kaum begangen und kaum Einträge registriert werden. «Man hat einfach etwas in die Landschaft gepflanzt, das kein Mensch braucht», so Marklowski. Es gebe zudem mittlerweile genug Alternativen, wie ohne physische Komponenten Gipfelbücher geführt werden könnten.

Naturgemäss komplett anders sieht dies Martin Rust, der Projektleiter der Jubiläumsaktion bei der GKB. Er sagt zu FM1Today: «Wir wollten der Bevölkerung etwas zurückgeben und eine Alternative zu den herkömmlichen Gipfelbüchern bieten.» Die Aktion solle die Leute zudem animieren, die Bündner Berge zu besuchen und die Natur zu entdecken. Rund 6500 Gipfelfotos wurden hochgeladen – ein Blick auf die Webseite zeigt aber tatsächlich, dass die Schnappschüsse mehrheitlich von der gleichen Handvoll Gipfel stammen.

Rechtliche Lage ist unklar

Mit der Petition überreichten die Alpenschützer der Kantonalbank auch ein Rechtsgutachten. Dieses kommt zu einem klaren Schluss und stützt das Anliegen der Organisation. Demzufolge hätte für jede Metallstele ein separates Bewilligungsverfahren durchlaufen werden müssen – das ist aber nicht geschehen, wie Martin Rust bestätigt. «Wir haben beim Amt für Raumentwicklung alle notwendigen Abklärungen vorgenommen und die Bestätigung erhalten, dass keine Baubewilligungen notwendig sind. Wie verlangt, haben wir die Gemeinden über unser Vorhaben informiert. Dies haben wir für alle Gipfelbücher gemacht. Dort, wo der Bau abgelehnt wurde, haben wir natürlich darauf verzichtet.» Das sei bei drei Gemeinden der Fall gewesen.

GKB: Keine kommerziellen Interessen dahinter

Auf die Frage, welchen Mehrwert die 100 Metallplatten auf den unberührten Gipfeln haben, erklärt Rust, dass man den Leuten vielseitige Möglichkeiten bieten wollte, so dass auch diejenigen, welche lieber unberührte Berge besteigen, angesprochen werden. Und nicht nur jene, die die touristisch gut erschlossenen Gipfel besuchen würden. Zudem sei es für ein 150-Jahr-Jubiläum auch passend, auf 150 Gipfeln Gipfelbücher aufzustellen.

Für Marklowski handelt es sich hierbei um reines PR-Gerede: «Wenn man den QR-Code scannt, gelangt man direkt auf eine Seite der GKB – natürlich ist das Werbung.» Seitens Kantonalbank entgegnet Rust: «Es ist eine eigenständige Webseite, die nichts mit dem Bankgeschäft zu tun hat und die Stelen sind komplett werbefrei. Wir können versichern, dass kein kommerzieller Gedanke dahinter ist.»

Aus diesem Grund hat die GKB auch nicht vor, das Projekt vorzeitig zu beenden und damit dem Anliegen von Mountain Wilderness zu entsprechen: «Wir beziehen die Petition natürlich in unsere Diskussionen mit ein, aber grundsätzlich halten wir am Projekt fest», so Rust. 2023 werde ohnehin eine Neubeurteilung seitens der Bank erfolgen, dann werden womöglich auch die Stelen zurückgebaut.

Weg vor Gericht ist nicht ausgeschlossen

Für die Umweltschützer geht das nicht schnell genug. Sie wollen die GKB zum Einlenken bewegen und damit ein grundsätzliches Zeichen gegen Werbung auf Naturflächen setzen: «Es könnten andere Unternehmen auf die Idee kommen, ähnliche Projekte zu starten. Diese Entwicklung wollen wir verhindern», sagt Marklowski.

Sollte die Kantonalbank dem vorzeitigen Rückbau nicht doch noch zustimmen, wäre Mountain Wilderness auch bereit den Rechtsweg zu beschreiten. Weil derzeit wenig auf einen Kompromiss hindeutet, scheint es genau darauf hinauszulaufen.

veröffentlicht: 21. November 2021 06:29
aktualisiert: 21. November 2021 06:29
Quelle: FM1Today

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