Das Weltwirtschaftsforum ist auch eine Firma; und zwar eine, die gut läuft: 308 Millionen Dollar betrug das Vermögen des WEF 2017, deutlich mehr als noch 2015. Das zeigen öffentlich zugängliche Daten der amerikanischen Steuerbehörden. Geradezu bescheiden ist dagegen der Beitrag, den das WEF an die Sicherheitskosten leistet, die für den Schutz der rund 3000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer anfallen. Es sind 2,25 Millionen Franken. Dabei ist der tatsächliche Aufwand massiv höher: Der Kanton Graubünden alleine rechnet mit «rund 9 Millionen Franken» Kosten für die öffentliche Hand. Sogar 32 Millionen Franken pro Jahr verbucht der Bund, etwa für die Überwachung des Luftraumes, für Transportflüge für Staatschefs oder für die Bewachung von Objekten. Allerdings, so der Bund, wäre «mit ungefähr gleich hohen Kosten» zu rechnen, wenn die beteiligten Verbände ihren Wiederholungskurs leisten würden.
Kantone wollen keine Zahlen veröffentlichen
Und noch jemand bezahlt den Schutz der WEF-Gäste mit: Es sind die übrigen Kantone. Denn Graubünden hat selbst längst nicht genügend Polizisten, um die Sicherheit zu garantieren. Und so müssen neben den Soldaten auch viele Polizisten aus dem Unterland anreisen. Für diesen Einsatz erhalten die Kantone pro Mann und Tag 600 Franken – gemäss interkantonalen Vereinbarungen wie sie auch bei der Aushilfe an Fussball-Risikospielen gelten. Dies deckt die tatsächlichen Kosten längst nicht. In Basel-Stadt geht die Regierung davon aus, dass nur 40 Prozent des tatsächlichen Aufwands gedeckt werden. Aus Sicherheitsgründen halten fast alle Kantone geheim, wie viele Polizisten sie ans WEF schicken. So auch der Kanton St.Gallen. Die personelle Belastung für die Kantonspolizei vor und am WEF sei aber gross, deshalb bestehe während dieser Zeit eine Ferien- und Kompensationssperre, sagt Polizeisprecher Hanspeter Krüsi. Konkrete Zahlen veröffentlicht einzig der Kanton Zürich: Mit 20'000 Arbeitsstunden und Zusatzkosten von bis zu 800'000 Franken wurde der Aufwand rund ums WEF 2018 beziffert. Den grössten Aufwand hatte der Kanton Zürich aufgrund der anreisenden Staatsoberhäupter am Flughafen in Kloten und aufgrund von Demonstrationen.
Ein Dorn im Auge sind die Kosten Beat Villiger. Der Zuger Polizeidirektor findet es zwar wichtig, dass sich die Kantone gegenseitig aushelfen. Er stört sich aber daran, dass seine Polizisten mit Überstunden nach Hause kommen und die Vollkosten nicht bezahlt sind. «Ich sehe nicht ein, weshalb man hier nicht kostendeckend fährt», so Villiger. Mit Blick auf das Vermögen und den teils privaten Charakter des WEF könne man sich auch fragen, inwieweit es sich um eine Veranstaltung handle, an welche die Kantone einen Beitrag leisten sollten. Zudem gebe es unter den Kantonen bereits den Finanzausgleich. Der Zuger Sicherheitsdirektor hat bereits vor einigen Jahren bei der Konferenz der kantonalen Polizeidirektoren angeregt, «die Entschädigungshöhe zu überprüfen». Sein Antrag wurde damals angenommen. «Es ist aber nichts passiert.»
Kantone: Solidarität statt Erbsenzählerei
Keinen Handlungsbedarf sieht dagegen Urs Hofmann, Aargauer Regierungsrat und Präsident der kantonalen Polizeidirektoren. «Nicht jeder Kanton kann für ein Ereignis, das einmal pro Jahr stattfindet, genügend Polizisten in der Reserve haben», so Hofmann. Deshalb sei es wichtig, dass sich die Kantone – ob nun beim WEF oder bei risikoreichen Fussballspielen – untereinander aushelfen. «Dieses System funktioniert.»
Und die Kosten? Zwar würden die Vollkosten mit den 600 Franken pro Mann und Tag nicht gedeckt. «Letztlich haben die meisten Kantone keine Zusatzausgaben, wenn ihre Polizisten am WEF Dienst leisten», sagt Hofmann. Die einzige Folge der Einsätze sei, «dass weniger Polizisten für die normale Polizeitätigkeit zur Verfügung stehen». Wie Hofmann betont man auch in Schwyz, Luzern oder Solothurn den Solidaritätsgedanken.
Noch bis Ende 2021 dauert die Vereinbarung mit dem WEF über die Zahlung der 2,25 Millionen Franken pro Jahr. Wird der Kanton Graubünden danach vom WEF mehr Geld verlangen? André Kraske von der Stabsstelle des zuständigen Ausschusses der Bündner Regierung gibt zu bedenken: «Für die Sicherheit von völkerrechtlich geschützten Personen ist grundsätzlich der Staat verantwortlich.»
So oder so dürfte sich der Aufwand zumindest für den Kanton Graubünden lohnen: Das WEF generiert laut einer Studie der Universität St.Gallen rund 60 Mio. Franken Umsatz in Davos. Für den Bund, Graubünden und Davos gibt es rund 10 Mio. Franken Steuereinnahmen aufgrund des WEF.
(Lucien Fluri)