«Wenn einer rast, kann er gehen»

18.01.2017, 20:53 Uhr
· Online seit 18.01.2017, 17:13 Uhr
Mit dem WEF in Davos kommt auch die Zeit der drängelnden und rasenden Chauffeure auf den Autobahnen. Die Polizei zeigt sich präsenter, Limousinenservices aus dem FM1-Land dementieren, Strassenrowdies einzustellen.
Sandro Zulian
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«Autobahn: Es sind wieder WEF-Drängler mit orangem Warnlicht auf dem Dach unterwegs, welche glauben, dass Sie polizeiliche Sonderrechte und Wegrechte haben!» So liest es sich dieser Tage auf der Facebook-Seite «Rennleitung SG». Die knapp 29'000-Autofahrer starke Community, die sonst eher in den Schlagzeilen steht, weil ihre Mitglieder illegal vor Radarkontrollen warnen, machen für ein Mal auf richtige Gesetzesbrecher aufmerksam.

Der Polizei sind die Drängler bekannt

In diesem Jahr sei die Anzahl Reklamationen von entrüsteten Autofahrern jedoch noch sehr tief, sagt Hanspeter Krüsi von der Kantonspolizei St.Gallen: «Wir haben bis anhin sehr wenige Rückmeldungen bekommen. Natürlich hoffen wir, dass das so bleibt und diese Disziplin heuer endlich ein wenig besser ist.» Die Kantonspolizei St.Gallen sei im Vorfeld des WEF auf die im Einsatz stehenden Limousinen-Services zugegangen und habe das Gespräch gesucht: «Wir haben ihnen ganz klar gemacht, dass Strassenregeln einzuhalten sind. WEF hin oder her», so Krüsi. Anders als in vorangegangen Jahren sei die Polizei nun auf den Autobahnen in Richtung Bündnerland mit Streifenfahrzeugen und in Zivil deutlich präsenter.

Chauffeure stehen unter Druck

Krüsi sei selbst in früheren Jahren des öfteren am WEF im Einsatz gestanden. «Ich weiss aus persönlichen Gesprächen mit solchen Limousinenchauffeuren, dass sie oft unter grossem Druck stehen.» Man darf vor allem unerfahrenen Chauffeuren von WEF-VIPs anheimstellen, dass ihre Fahrgäste nicht immer die einfachsten Zeitgenossen sind. Handelt es sich dann auch noch um sehr berühmte oder auch berüchtigte Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft, welche auf eine schnellstmögliche Ankunft am Flughafen oder in Davos pochen, kann der eine oder andere Fahrer durchaus seine guten Strassenmanieren auf dem Parkplatz vergessen.

«Ich musste für einen Fahrgast eine Skiausrüstung kaufen»

Wahrlich ein Lied davon singen kann Robert Brunner, Inhaber der Brunner Limousine Service GmbH. Brunner bestreitet schon sein elftes Jahr als WEF-Chauffeur und kennt die Gäste des Wirtschaftsgipfels mittlerweile gut. «Die meisten unserer Fahrgäste sind ganz angenehm, aber genauso wie man uns einen schlechten Tag zubilligen mag, dürfen auch Wirtschaftsvertreter ebenjenen ab und zu einziehen.» Klar gebe es Gäste, die gewisse Wünsche haben, doch genau dafür seien die Chauffeure rund um Brunner da: «Der eine wollte stets nach dem Einsteigen seinen Kaffee. Ein anderer gab dem Fahrer Schuh- und Konfektionsgrösse an und schickte ihn in Davos eine Skiausrüstung kaufen.» So etwas mache man in diesem Job gerne.

Drängeln und Rasen zieht eine Kündigung nach sich

«Wenn jedoch einer unserer Chauffeure mein geltendes No-Go missachtet, kann er gehen», sagt Robert Koller. In dieser Angelegenheit gibt es beim 65-jährigen Limousinenservice-Chef kein Pardon. «Wir hatten aber bislang auch noch nie Probleme in dieser Hinsicht.» Die Fahrer seien sehr gut ausgebildet und auf genau solche Probleme sensibilisiert. Bleibt die Frage, wo all die viral kritisierten, drängelnden und rasenden Limousinenfahrer sind. Wahrscheinlich fahren die von Zürich nach Davos.

Limousinen rasen durch die Ostschweiz

veröffentlicht: 18. Januar 2017 17:13
aktualisiert: 18. Januar 2017 20:53

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