«Perfektes Chaos»

Müssen Weihnachtsmärkte dieses Jahr abgesagt werden?

· Online seit 15.08.2020, 06:33 Uhr
Ab dem 1. Oktober dürfen Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen in der Schweiz wieder stattfinden. Bei den Organisatoren von Weihnachtsmärkten sorgt dies für Unsicherheiten. Auch weil nicht klar ist, ob die Märkte überhaupt als Veranstaltungen definiert werden.
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Auch wenn wir noch mitten im Spätsommer stecken, werden die Tage bereits wieder kürzer. So schnell wie die letzten Monate vorbeigezogen sind, dürfte die Weihnachtszeit nur noch einen Wimpernschlag entfernt sein. Die Zeit, wenn es in den Gassen wieder nach Zimt und Glühwein duftet und festliche Lichter sich in strahlenden Kinderaugen widerspiegeln. An Weihnachtsmärkten treffen viele Menschen aufeinander - und genau das könnte den Märkten in diesem Jahr zum Verhängnis werden.

«Arbeiten laufen erst an»

«Mit grösster Wahrscheinlichkeit wird es nicht möglich sein, eine solche Veranstaltung durchführen zu können», sagt der St.Galler Regierungsrat und Gesundheitschef Bruno Damann gegenüber dem «SRF Regionaljournal». «Ich denke, dass das sehr schwierig wird, da das Contact Tracing an einer solchen Veranstaltung nicht mehr möglich ist.»

Das Gesundheitsdepartement kann zu den Kriterien für Grossanlässe zurzeit aber noch keine Auskunft geben. «Die Arbeiten laufen erst an», heisst es auf Anfrage von FM1Today. Auch im Kanton Graubünden werde das Thema erst noch behandelt, bestätigt die Kantonsärztin Martina Jamnicki.

«Wir haben das perfekte Chaos»

Während bei den Kantonen noch Unsicherheit herrscht, stecken einige der Veranstalter von Weihnachtsmärkten schon in den Vorbereitungen. So auch Peter Hutter vom Churer Christkindlimarkt, der jeweils in der Bahnhofstrasse gastiert. «Wir sind sehr zuversichtlich, was die Bewilligung angeht. Der Bundesrat hat Wochenmärkte ab dem 11. Mai wieder freigegeben und die Gemeinden konnten über deren Durchführung entscheiden.» Nach der Bundesratskonferenz vom Mittwoch liegt diese Entscheidungshoheit aber wieder bei den Kantonen. «Damit haben wir das perfekte Chaos», sagt Hutter.

«Dann kann man gleich die ganze Bahnhofstrasse schliessen»

Für die Marktstände in Chur gebe es bereits ein Schutzkonzept, sagt Peter Hutter. Ob dies ausreichen wird, ist noch nicht klar. Die Kantone und der Bund werden bis am 2. September Kriterien für die Durchführung verschiedener Grossanlässe vorlegen. Peter Hutter hofft ab dann auf mehr Planungssicherheit. Eins weiss er aber schon jetzt: «Wird der Christkindlimarkt geschlossen, kann man gleich die ganze Bahnhofstrasse schliessen.»

Sind Märkte keine Veranstaltungen?

Romauld Maier, Mitglied des Organisationskommitees des St.Galler Weihnachtsmarkts, bezieht sich indes auf ein E-Mail des Secos vom Juni, nach welchem Märkte nicht als Veranstaltungen zu qualifizieren sind und somit auch nicht den Vorgaben zur Maximalzahl an teilnehmenden Personen unterliegen: «Vor diesem Hintergrund kann ich nicht nachvollziehen, weshalb ein Weihnachtsmarkt nicht durchführbar sein sollte. Nichts anderes habe ich bislang auch von der Marktpolizei St.Gallen gehört.»

Aktuell arbeite man im Marktverband am Schutzkonzept für den Herbstjahrmarkt Light. Sobald dieses von der Marktpolizei St.Gallen genehmigt wird, soll es als Grundlage für den Weihnachtsmarkt dienen. Trotzdem ist auch Romauld Maier bewusst, dass es bei den Weihnachtsmärkten einen Knackpunkt gibt: «Bei den Glühweinständen fliesst der Alkohol und die Hemmschwellen fallen. Allerdings schliesst der Markt jeweils um 20 Uhr. Nur am Donnerstag sind die Stände bis 22 Uhr geöffnet.» Somit seien die Verhältnisse deutlich anders als in einer Sommernacht.

Schweizweite Unterschiede

Auch andere Weihnachtsmärkte hadern mit der Ungewissheit. «Aufgrund der aktuellen Lage und den Weisungen bezüglich des Coronavirus ist eine Durchführung des Adventsmarktes noch unklar», schreibt das Organisationskommitee des Weinfelder Weihnachtsmarkts, der am 12. und 13. Dezember stattfinden soll. Der Christchindlimarkt in Herisau vom 5. und 6. Dezember wurde bereits komplett abgesagt.

In anderen Schweizer Städten sieht die Situation ähnlich aus. Mit über 300 Ausstellern gilt der Weihnachts- und Christchindli-Märt in Bremgarten als der grösste Markt der Schweiz. Auch dort laufen im Moment die Abklärungen für die verschiedenen Möglichkeiten und deren Schutzkonzepte. Ein endgültiger Entscheid soll Mitte September gefällt werden.

In Basel ist man schon einen Schritt weiter. Dort soll der Weihnachtsmarkt wie geplant vom 26. November bis am 23. Dezember durchgeführt werden. Dafür soll die Maximalzahl an Besuchern beschränkt und per Zugangskontrollen überblickt werden. Ausserden soll die Anzahl Stände um ein Drittel reduziert werden.

Ihr Kinderlein kommet – oder bleibt zu Hause

Ob und in welcher Form die Weihnachtsmärkte in diesem Jahr stattfinden können, steht also noch in den Sternen. Noch sind nicht alle Fragen geklärt – weder bei den Kantonen noch bei den Veranstaltern.

veröffentlicht: 15. August 2020 06:33
aktualisiert: 15. August 2020 06:33
Quelle: FM1Today

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