Säntispark

Sexuelle Handlung mit Kind: Rentner ist schuldig

29.08.2019, 07:41 Uhr
· Online seit 26.08.2019, 18:18 Uhr
Ein 66-jähriger Vorarlberger soll sich letzten September im Säntispark Abtwil an einem 15-jährigen Jungen vergangen haben. Das Kreisgericht St.Gallen spricht den Rentner am Montag schuldig und verweist ihn unter anderem für fünf Jahre des Landes.
Vanessa Kobelt
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Am 10. September 2018 verbrachte ein 15-jähriger Junge zusammen mit einem gleichaltrigen Kollegen seinen Geburtstag im Säntispark Abtwil. Obwohl die beiden Jugendlichen noch zu jung für den Nacktbereich waren, begaben sie sich in die Saunalandschaft. Dort soll ein 65-jähriger Mann aus Lustenau die beiden angesprochen und in den Whirlpool gelockt haben. Der Mann soll im Wasser sexuelle Handlung an dem 15-Jährigen vorgenommen haben. Am Montag musste sich der Mann vor dem Kreisgericht St.Gallen verantworten.

Angeklagter streitet alles ab

Der Gerichtsprozess hat kaum begonnen, schon müssen die Anwesenden den Saal wieder verlassen. Der Verteidiger beantragt, den Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuführen. Fünf Minuten später sitzen alle wieder im Raum: «Antrag abgelehnt», heisst es von der Richterin. Der Angeklagte rutscht nervös auf seinem Stuhl hin und her.

Der mutmassliche Täter, welcher nicht vorbestraft ist, beginnt den Fall aus seiner Sicht zu schildern. Der verheiratete Rentner rückt seine Brille zurecht und liest seine Aussagen von einem Zettel ab, bis ihn die Richterin darauf aufmerksam macht, dass seine Schilderungen so nur wenig realitätsnah rüberkommen. Er hat seine graue Mütze tief ins Gesicht gezogen und beginnt nun frei zu erzählen. Dabei wird schnell klar: Er streitet alles ab.

Jugendliche angesprochen

In der Anklageschrift heisst es, der Angeklagte habe die beiden Jungs im Saunabereich nach ihrem Alter gefragt. Anschliessend habe er ihnen angeboten, sie könnten angeben, mit ihm da zu sein, wenn sie vom Bademeister gefragt würden. Danach habe er sich mit ihnen im Sprudelbecken im Bäderbereich verabredet.

Das stimme so alles überhaupt nicht, sagt der ehemalige Kfz-Mechaniker, der den Säntispark in Abtwil schon seit 15 Jahren zum Saunieren besucht. Er sei davon ausgegangen, die beiden Jugendlichen wären schon über 18. Er habe sie lediglich auf die Regeln im Saunabereich aufmerksam gemacht und sich mit ihnen nur über Belangloses unterhalten. Dabei habe er sie zum Beispiel gefragt, ob sie auf Facebook oder WhatsApp unterwegs seien.

Im Intimbereich massiert

Während der Befragung redet der Angeklagte ohne Punkt und Komma, immer wieder muss ihn die Richterin unterbrechen, weil er vom Thema abschweift und Fragen nicht konkret beantwortet. Der dreifache Familienvater verzettelt sich dabei häufig und macht widersprüchliche Aussagen. Besonders brisant wird dies, als es um die Geschichte im Whirlpool geht.

Laut Anklageschrift haben das Opfer und sein Kollege links und rechts neben den Beschuldigten im Sprudelbecken gesessen. Als der 15-Jährige vom Beschuldigten wegrutschen wollte, soll dieser sein Bein gepackt und ihn mehrere Sekunden im Intimbereich massiert haben. Anschliessend soll er dem 15-Jährigen in die Badehose gegriffen und ihn am Penis und an den Hoden berührt haben. Das verängstigte Opfer versuchte währenddessen erfolglos seinen Kollegen durch Mimik auf das Geschehen aufmerksam zu machen. Schliesslich konnte er den Beschuldigten wegstossen und sagte: «Verpiss dich.» Der Jugendliche verliess das Sprudelbecken, rannte davon und erzählte danach unter Tränen seinem Kollegen, was passiert war.

Verschiedene Geschichten

Völliger Blödsinn, sagt der Angeklagte. Er habe sich lediglich im Whirlpool entspannt. Die beiden Jungs hätten etwas ausgeheckt, hätten immer wieder miteinander getuschelt und gelacht. Plötzlich sei der 15-Jährige nahe zu ihm hin gerutscht und er habe seine Badehose am Handrücken gespürt. Auf die Frage der Richterin, warum ein 15-Jähriger so etwas tun sollte, antwortet der Beschuldigte aufgebracht: «Der wusste bestimmt, dass er Geld einkassieren kann, wenn er mir eine sexuelle Handlung vorwirft.»

Plötzlich ändert sich die Version der Geschichte und der Beschuldigte gibt an, nicht nur die Badehose, sondern auch das erigierte Glied des 15-Jährigen an der Hand gespürt zu haben. Dabei betont er immer wieder aufs Neue, wie erregend so ein Bad im Sprudelbecken sein könne, wegen all der Düsen und Blubberblasen. So erkläre er sich auch die Erektion des Jungen, welcher bäuchlings im Becken lag. Laut dem Beschuldigten hat sich der 15-Jährige die Berührungen womöglich auch nur eingebildet.

Angeklagter sieht sich als Opfer

Was anschliessend an Aussagen folgt, bleibt ein einziges Wirrwarr, dem teils nur schwer zu folgen ist. Der Beschuldigte versucht in die Opferrolle zu schlüpfen, sagt, ihm sei übel mitgespielt worden. Die Anschuldigungen seien lächerlich und frei erfunden. Alle seine Kollegen aus dem Säntispark könnten beteuern, dass er so etwas nie machen würde.

Auf die Frage, warum er nach dem Vorfall geflüchtet sei, obwohl ihn ein Säntispark-Mitarbeiter versuchte aufzuhalten, antwortet er: «Die Jugendlichen haben mich beim Ausgang im Säntispark abgepasst und bedroht. Ich bin als Vergewaltiger beschimpft und tätlich angegriffen worden. Da bin ich in Panik geraten.» So habe er sein Auto stehen gelassen und sei per Anhalter nach Lustenau geflüchtet. Darauf sei er stolz, denn die Situation sei eh nicht mehr zu retten gewesen.

Gericht spricht Rentner schuldig

Vor Gericht fordert der Anwalt erfolglos einen Freispruch des Angeklagten. Das Kreisgericht St.Gallen kommt zum Schluss, dass die Aussagen des Opfers glaubhaft sind. Es spricht den Rentner wegen sexuellen Handlungen mit einem Kind schuldig. Der heute 66-jährige Mann wird ausserdem wegen Wiederhandlung gegen das Waffenrecht schuldig gesprochen. Ebenfalls am 10. September führte er eine Teleskopschlagrute in die Schweiz ein, für welche eine Einfuhrbewilligung nötig gewesen wäre.

Bedingte Freiheitsstrafe und Landesverweis

Das Gericht kommt zu einem etwas milderen Urteil als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Es verurteilt den Beschuldigten zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten mit einer Probezeit von zwei Jahren und zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 40 Franken. De Beschuldigte muss ausserdem eine Genugtuung von 2000 Franken, sowie die Verfahrenskosten von über 7000 Franken bezahlen. Er darf die nächsten zehn Jahre keine Tätigkeit mit Minderjährigen ausführen und wird für fünf Jahre des Landes verwiesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

veröffentlicht: 26. August 2019 18:18
aktualisiert: 29. August 2019 07:41
Quelle: kov

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