Altersheim total herunter gewirtschaftet

· Online seit 29.04.2019, 11:26 Uhr
Der Heimleiter brauchte nur knapp vier Jahre, um das bestens aufgestellte Altersheim Forstegg in Sennwald herunter zu wirtschaften. Und obwohl er die Bilanzen des Heims manipuliert hat, verzichtet der Gemeinderat auf eine Strafanzeige.
Angela Mueller
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Die Situation, die der neue Heimleiter im Jahr 2015 im Altersheim Forstegg angetroffen hatte, war geradezu perfekt. Das Heim mit seinen rund 35 Bewohnern verfügte über eine finanzielle Reserve von 2,4 Millionen Franken und dank tiefer Fluktuation konnte er auf eingespielte Arbeitsteams zählen.

Doch kaum hatte der diplomierte Betriebswirtschafter das Ruder übernommen, änderte sich dies. Er kündigte langjährigen Arbeitnehmenden, zum Teil auch direkt vor der Pensionierung, und ersetzte sie durch Bekannte, wie der «Blick» schreibt. Auch seine Ehefrau bekam eine Stelle im Sekretariat. Vier Jahre später ist das Heim total herunter gewirtschaftet, es bleiben noch magere 300'000 Franken in der Reservekasse.

Mahnungen aus der Bevölkerung missachtet

Brisant: Erst nachdem der Heimleiter zwei Jahre schlechte Zahlen abgeliefert hatte und diverse Mahnungen aus der Bevölkerung kamen, hat die Gemeinde reagiert und Mitte 2018 eine Altersheimkommission eingesetzt. Zuvor hatte die Geschäftsprüfungskommission der Gemeinde die Bücher des Heims überprüft. Deren Mahnungen wegen der roten Zahlen hatten den 42-jährigen Heimleiter kaum beeindruckt.

«Im Dorf war schon lange klar, dass in diesem Heim etwas nicht stimmen kann», sagt Eduard Jäger aus Sennwald gegenüber dem «Blick» stellvertretend für viele Bewohner der Gemeinde. Auch Leserbriefe schienen den Gemeinderat nicht zu beeindrucken.

«Ich übernehme die volle Verantwortung », sagt Gemeindepräsident Peter Kindler zu FM1Today. Er muss sich den Vorwurf gefallen lassen, viel zu spät reagiert zu haben. «Ich habe mich immer vom Heimleiter überzeugen lassen, dass alles in Ordnung sei.»

Misswirtschaft und Bilanzmanipulation

Inzwischen ist klar geworden, dass der Heimleiter nicht nur schlecht gewirtschaftet hat. Viele Dienstleistungen wurden trotz erhöhten Personalstands ausgelagert, er soll auch die Bilanzen manipuliert haben. So soll er jeweils eine halbe Million Franken an Lohnkosten in den Jahren 2016 und 2017 in den Guthaben angegeben haben.

Zur Kasse wird nun die Gemeinde gebeten: Im Jahr 2015 lagen die Heimtaxen für die 35 Senioren noch auf der niedrigsten Stufe von monatlich 3390 Franken, nun sind sie auf 4050 Franken angewachsen. Was sie Pflegeversicherung nicht zahlt, muss die Gemeinde übernehmen.

Auf Strafanzeige verzichtet

Auf eine Anzeige hat die Gemeinde Sennwald trotzdem verzichtet: «Wir wollten dies dem Heim und seinen Bewohnern nicht zumuten», sagt Kindler. Doch die Gemeinde hat eine Betriebsanalyse angefordert, die demnächst veröffentlicht wird.

Nun muss die Gemeinde Sennwald auf einen Neustart hoffen, sie sucht per Inserat eine neue Heimleiterin oder einen Heimleiter. Zurzeit wird das Forstegg ad interim geführt, nachdem der Heimleiter von sich aus die Stelle gekündigt hatte.

veröffentlicht: 29. April 2019 11:26
aktualisiert: 29. April 2019 11:26
Quelle: agm

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