Arbeiter in die warme Stube geschickt

27.02.2018, 06:45 Uhr
· Online seit 26.02.2018, 12:12 Uhr
Temperatur im zweistelligen Minusbereich: Die Schweiz schlottert. Viele sind vermutlich möglichst schnell vom Fahrzeug ins warme Büro geeilt. Einige Baugeschäfte im FM1-Land haben die Arbeit wegen der kalten Temperatur ganz eingestellt.
Lara Abderhalden
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«Wir haben darüber nachgedacht, unseren Arbeitern heissen Punsch zu servieren, es war aber einfach zu kalt. Wir haben sie in die warme Stube geschickt», sagt Karin Zeller. Sie ist in der Geschäftsführung der Zeller-Balzer Bau AG in Churwalden. «Wir wollen, dass es unseren Mitarbeitern gut geht und nicht die nächste Grippewelle ausbricht.»

«Wollen keine Erfrierungen»

So, wie es die Zeller-Balzer Bau AG handhabt, machen es auch viele andere Bauunternehmen im FM1-Land. Beim Baugeschäft Weber AG in Wattwil wurde bereits vergangene Woche entschieden, gewisse Gruppen nicht aufzubieten: «Wir haben die Kälte kommen sehen und einigen Gruppen bereits letzte Woche gesagt, dass sie zuhause bleiben können», sagt der Personalchef Hans-Peter Schönenberger. Gewisse Arbeiten könne man bei dieser Temperatur gar nicht ausführen: «Wir nehmen sowohl Rücksicht auf die Ausführung als auch auf die Gesundheit der Mitarbeiter. Es nützt uns nichts, wenn wir die Arbeiter auf die Baustelle schicken und sie anschliessend mit einer Grippe oder gar Erfrierungen zuhause liegen.»

Einige Arbeiten wurden beim Baugeschäft Weber nach drinnen verlagert, die meisten Bauarbeiter sind aber zu Hause. «Es gibt vom Verband keine Richtlinien, wann Arbeiter zu Hause bleiben müssen, es ist gesunder Menschenverstand. Wir sagen selbst ‹Stopp›, das können wir unseren Mitarbeitern nicht zumuten.»

Kälte zu dieser Zeit eher ungewöhnlich

Beim Baugeschäft Cellere in St.Gallen haben die Arbeiter zum Teil keine Wahl. «Die Arbeit wurde grösstenteils eingestellt, weil es zu kalt ist für die Mitarbeitenden, aber auch für die Materialien. Auf einigen Baustellen muss jedoch wegen des Termindrucks gearbeitet werden», sagt der Geschäftsführer Alejandro Cerdan. Dies betreffe eine bis zwei Baustellen. Dafür versuche man, auf unterschiedliche Weise die Arbeit angenehmer zu gestalten: «Unsere Angestellten sind gut ausgerüstet mit Winterjacken, Handschuhen und Kappen. Ausserdem können sie sich jede Stunde in den geheizten Baracken aufwärmen und einen Kaffee trinken. Wir schauen, dass es unseren Arbeitern gut geht.»

Rund 60 bis 70 Prozent der Angestellten seien aber zu Hause, dies vermutlich bis Mittwoch. Dass es um diese Jahreszeit so kalt ist, findet Alejandro Cerdan eher ungewöhnlich: «Eine tiefe Temperatur wie dieses Jahr haben wir nicht immer. Normalerweise fangen wir erst im Februar oder März mit dem Strassenbau an, weil dann die kalten Monate vorbei sind. Dass es so spät nochmals kalt wird, hätten wir nicht gedacht.» Auch Alejandro Cerdan war am Montagmorgen auf einer Baustelle. «Es ist schon sehr kalt und ich bin froh, wieder im warmen Büro zu sein.»

Dachdecker können Materialien nicht brauchen

Besonders hart trifft es die Dachdecker, sie sind dem Wind und Wetter auf dem Dach ausgesetzt. Doch auch dort wurde die Arbeit heute quittiert, sagt Arthur Müggler von der Arthur Müggler & Co. AG in Altstätten: «Ab einer Temperatur unter minus fünf Grad können wir gewisse Arbeiten nicht ausführen.» Alle Arbeiten, die das Kleben beinhalten: «Nimmt man den Kleber von der Wärme in die Kälte, kondensiert er und es gibt keine Haftung.»

Zeitungsverträgerin arbeitet immer

Alles andere als «kältefrei» hat Gerda Hunger aus Maienfeld. Sie ist Zeitungsverträgerin und für sie gilt jeden Morgen: um 4 Uhr aufstehen und Zeitungen verteilen: «Heute war es zwischen minus vier und minus sechs Grad. Ich fand es aber überhaupt nicht schlimm, da ich relativ gut angezogen war.» Gerda Hunger trug eine Hose, lange Unterhosen, Jogginghosen, vier dicke Pullover und eine Winterjacke: «Wie heisst es so schön: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.» Für die Maienfelderin gehört die Kälte dazu. Sie versuche, immer möglichst schnell wieder ins warme Auto zu kommen.

Bei dieser Temperatur seien die Leute auch sehr verständnisvoll: «Viele fragen, ob ich noch einen Kaffee will oder mich drinnen aufwärmen möchte. Das mache ich auch ab und zu.» Sobald die Schicht von Gerda Hunger fertig ist, geht sie aber auch so schnell wie möglich in die warme Stube: «Am besten gleich ins Bett. Einen Kaffee trinken und dann ab ins Bett.»

veröffentlicht: 26. Februar 2018 12:12
aktualisiert: 27. Februar 2018 06:45
Quelle: abl

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