St.Gallen

Aus für Stripped Pizza in der St.Galler Innenstadt

01.10.2021, 10:16 Uhr
· Online seit 01.10.2021, 09:12 Uhr
Die Liegenschaft am Unteren Graben 1 ist so lukrativ wie teuer. Das ist zusammen mit den Nachwirkungen der Pandemie zu viel für die Stripped Pizza-Filiale in der Ostschweiz. Ein Nachmieter ist noch nicht gefunden.
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Schibenertor, Donnerstagmittag. Die Menschen spazieren, gehen oder eilen vorbei. Sie haben Mittagspause oder sie hatten Mittagspause. Das Schibenertor ist kein Ort, an dem man bleibt. Man kommt oder geht vorbei, vom Bahnhof oder vom Marktplatz. Die Terrasse im «Stripped Pizza» ist gut gefüllt. Drinnen sind nur eine Handvoll Menschen. Doch nun geht auch die Pizzakette, nach drei Jahren. Es ist der letzte Tag, wie das «St.Galler Tagblatt» schreibt.

Am Abend, sagt die Serviceangestellte, finde ein «Usessätä» statt. Der verbleibende Teig, der verbleibende Büffelmozzarella, die verbleibenden Cherrytomaten. Die letzten Pizzen. Alles 50 Prozent. Im Buch «Ustrinkata» vom Bündner Schriftsteller Arno Camenisch sitzen ein paar Dorfbewohner in der Beiz, ein letztes Mal. Die Wirtin schliesst das Lokal. Einmal will ein Gast ein Bier bestellen. Die Wirtin sagt, er soll das selber machen.

Im Gegensatz zu Camenischs Figuren ist das Team am Unteren Graben noch immer mit vollem Ernst dabei. Der Mann hinter der Theke sagt: «Wir geben noch einmal unser Bestes, aber die Stimmung ist natürlich durchwachsen.»

Die Zielgruppe blieb zu Hause

Die Stimmung ist deshalb durchwachsen, weil es kein Ende aus freien Stücken ist, nein. Vielmehr stimmten die Zahlen nicht mehr. Acht Mitarbeiter, davon drei Vollzeitstellen, verlieren ihre Stelle. «Ein paar haben eine Anschlusslösung, ein paar noch nicht», sagt er.

Seine Begründung für die schlechten Zahlen: «Unsere Zielgruppe kam nicht mehr.» Mit der Zielgruppe meint er die «Tausende von Studierenden in St.Gallen». Wegen des Homeschoolings hätten viele zu Hause gegessen und seien nicht mehr vorbeigekommen.

Das Interieur, die Aufmachung der Pizzen, die farbenfrohen Zutaten. All das ist nicht nur mundgerecht, sondern auch für Bilder mit vielen Likes für junge Menschen zugeschnitten. Ein früherer Gast sagt: «Es gab schon genug Pizzerias in der Stadt.» Nun gibt es eine weniger.

Hohe Miete, wenig Entgegenkommen

Der fehlende Kundenstamm ist die eine Begründung Angelika Morants für die Schliessung. Die andere ist die Miete. «Sie war für uns im Vergleich zum Umsatz zu hoch.» Das schmerzt umso mehr, wenn der Laden wegen eines Virus zeitweise schliessen musste. Morant erzählt von der Filiale in Basel. «Beim ersten Lockdown hatte der Kanton Basel-Stadt gleich die Dreidrittelslösung vorgeschlagen.»

Heisst: Wenn der Vermieter einen Drittel der Miete erliess, übernahm auch der Kanton einen Drittel. Für die Mieter blieb somit nur noch ein Drittel der ursprünglichen Miete zu bezahlen. Dasselbe Prinzip sei irgendwann auch in Zürich zur Anwendung gekommen. «So etwas hätten wir uns auch in St.Gallen gewünscht.» Zwar habe der Vermieter vier Hälften der Monatsmieten übernommen. «Doch übers Jahr gesehen ist dies zehn Prozent Reduktion, was leider einem viel höheren Umsatzrückgang gegenüber stand.»

Bei Swiss Life, der das markante Gebäude mitten in der Stadt gehört, heisst es auf Anfrage, dass noch kein Nachmieter für die Liegenschaft gefunden sei. Derweil will sich Morant auf die drei verbleibenden «Stripped Pizza»-Filialen konzentrieren, zwei in Zürich, eine in Basel. «Dort stimmen die Zahlen», sagt sie. Eine weitere «Usessätä» zeichnet sich also nicht ab.

Renato Schatz/ «St.Galler Tagblatt»

veröffentlicht: 1. Oktober 2021 09:12
aktualisiert: 1. Oktober 2021 10:16
Quelle: FM1Today

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