Lymphdrüsenkrebs

«Biologischer Sechser»: Krebskranker St.Galler findet Stammzellenspenderin

· Online seit 27.05.2021, 05:39 Uhr
Marco Schwinger hat eine Stammzellenspenderin gefunden. Der Einfall, seine Cousine könnte die passende Spenderin sein, kam ihm mitten in der Nacht. Ende Mai startet die Behandlung – und damit ein langwieriger Prozess, zurück in ein gesundes Leben.

Quelle: FM1Today

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Nebenwirkungen: «Kann zum Tode führen.» Man müsse nichts schönreden, sagt der 41-jährige Marco Schwinger. Die kommenden Wochen und Monate, die auf den zweifachen Familienvater zukommen, werden wohl alles andere als leicht. Der St.Galler bekam 2017 die Diagnose Lymphdrüsenkrebs, seitdem hatte er zwei Rückfälle. Einmal im Jahr 2018 und 2020 nochmals. Doch jetzt ein neuer Lichtblick: Am 31. Mai tritt er in Zürich ins Unispital ein. Wenn alles glatt geht, bekommt er die Stammzellen seiner Spenderin am 8. Juni. Der Prozess kann zum Tode, aber eben auch zu einem neuen, krebsfreien Leben führen.

Cousine kommt als Spenderin in Frage

Der 41-Jährige musste knapp einen Monat auf eine geeignete Stammzellenspenderin warten. Dank eines Einfalls ging alles relativ schnell. «Ich bin um fünf Uhr in der Nacht aufgewacht und hatte die Idee, meine Cousine anzufragen.» Die Familiensituation sei speziell. Er habe über Jahrzehnte keinen Kontakt mehr mit ihr gehabt. Doch seine Cousine sagte zu und liess sich testen. Nach knapp zwei Wochen Abklärungen die Gewissheit: «Sie ist mein biologischer Sechser.»

Schwingers Cousine ist knapp eine Woche vor seinem Eintritt zur Stammzellenentnahme auch im Spital in Zürich. Aus dem einen Arm wird ihr Blut entnommen, es fliesst durch eine Maschine, welche die Stammzellen entnimmt, und das Blut läuft beim anderen Arm wieder rein. Das Prozedere dauert etwa fünf bis sechs Stunden. Ihre Stammzellen werden eingefroren, bis Schwinger sie bekommt. Zur Vorbereitung musste seine Cousine vier bis fünf Tage zuvor täglich zwei Spritzen injizieren, die dafür sorgen, dass sie mehr Stammzellen produziert.

Siebentägige Hochdosis-Chemotherapie

Der Ostschweizer macht sich auf einen fünfwöchigen Spitalaufenthalt gefasst. Er hatte Zeit, sich psychisch auf den Eingriff vorzubereiten. Ein Vorteil: «Ich habe das alles schon mal durchgemacht, als ich meine eigenen Stammzellen erhielt.» Auch körperlich versuchte er, sich fit zu halten: mit Sport und gesunder Ernährung. «Wenn ich ins Spital komme, muss ich wahrscheinlich nochmals einen bis zwei Tests machen», sagt der Oberstufenlehrer. Es wird ihm ein zentraler Katheter in den Hals gelegt. «Für alle Medikamente und Nahrungsmittel, die ich brauche.» Danach beginnt eine siebentägige Hochdosis-Chemotherapie. «Die ist so stark, dass mein Blut abstirbt.» Erst, wenn all das überstanden ist, bekommt der St.Galler die «neuen» Stammzellen.

«Ich gewinne und dann ist das erledigt»

Er bleibt positiv. «Man fragt sich schon: Was, wenn es nicht klappt?» Schwinger hat sich damit auseinandergesetzt, dass es nicht viele andere Möglichkeiten zum Gesundwerden gibt. Vielleicht eine oder zwei. Doch daran will er noch gar nicht gross denken: «Ich gehe jetzt in diese fünf Wochen rein, weiss aber, dass es noch nicht vorbei ist.» Es folgen 100 Tage, in denen er wahrscheinlich nur auf dem Sofa liegen wird. «Es kann bis zu einem halben Jahr gehen, bis ich wieder genug Energie habe.» Doch sein Sportgeist ist geweckt. Er war früher Badmintonspieler. «Im dritten Satz war ich immer am besten. Und jetzt gehe ich auch in den dritten Satz, sage ich immer. Ich gewinne und dann ist das erledigt.»

Energie gibt ihm aber nicht nur sein sportlicher Ehrgeiz. «Ich habe viele Leute um mich, die mich unterstützen. Da sind meine eigene Familie – meine Frau und die zwei Kinder – viele Freunde und die grössere Familie.» Es gebe zwischendurch auch Phasen, in denen er Angst habe. «Man weiss, was kommen kann und hofft, dass es nicht schlimm kommt. Bis jetzt ist immer alles gut gegangen. Deshalb gehe ich davon aus, dass es auch diesmal klappt.»

Bevor es für Schwinger ins Spital geht, hat er ein besonderes Ritual: «Mein Bruder kommt vorbei und wir rasieren meine Haare. Meine Kinder dürfen mithelfen, wenn sie wollen.» So hätten die Fünf- und der Dreijährige Zeit, sich daran zu gewöhnen, dass ihr Papa durch die Chemotherapie die Haare verliert.

Quelle: FM1Today

«Registriert euch»

Schwinger hat mit seiner Stammzellenspenderin einen neuen Lichtblick erhalten. Er vergisst dabei aber nicht, dass es Menschen gibt, die noch auf den «perfekten» Spender warten. «Du setzt dich während des Wartens mit dem Tod auseinander», sagt er. Ihm habe Reden geholfen. «Für den Erkrankten oder die Erkrankte und deren Angehörigen vereinfacht das vieles, denke ich.» Es sei eine schwierige Situation für alle Beteiligten. «Deshalb ist es wichtig, dass die Leute ihren Mut zusammennehmen und sich registrieren lassen.»

veröffentlicht: 27. Mai 2021 05:39
aktualisiert: 27. Mai 2021 05:39
Quelle: FM1Today

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