CVP ist sauer auf SP-Regierungsrat Fässler

29.11.2017, 08:56 Uhr
· Online seit 28.11.2017, 18:31 Uhr
Die Abstimmung um das Burkaverbot hat im Kantonsrat hohe Wellen geschlagen: SVP und CVP befürworteten zusammen das Gesetz. Deswegen griff SP-Regierungsrat Fredy Fässler die CVP während der Debatte an. Der CVP-Fraktionspräsident ist empört.
Angela Mueller
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Der Kantonsrat bestätigte das Verhüllungsverbot am Dienstag bei der Schlussabstimmung mit 57 gegen 55 Stimmen bei zwei Enthaltungen. Die Befürworter von CVP und SVP setzten sich gegen den Widerstand von FDP, GLP, Grünen und SP durch. Vor der Abstimmung sagte SP-Regierungsrat Fredy Fässler, die CVP gerate in Gefahr, zum «gesellschaftlich konservativen Beiboot» der SVP zu werden. Fässler zitierte damit einen Artikel aus der NZZ und sagte zur CVP:  «Sie müssen wissen, wie sie die Entwicklung Ihrer Partei beeinflussen wollen.» Er rief zudem den Rat auf, keine «unnützen Gesetze» einzuführen.

«Die Äusserungen von Regierungsrat Fässler gegenüber der CVP waren völlig daneben», sagt Andreas Widmer, Fraktionspräsident der CVP. «Fässler hat alle diskreditiert, die dieses Gesetz befürworten. Das ist unwürdig.» Widmer möchte das Stimmverhalten seiner Partei auf keinen Fall als Zusammenschluss mit der SVP verstehen: «Wir haben uns nicht der SVP angeschlossen, sondern diese war einfach gleicher Meinung.»

Erfreute SVP, enttäuschte FDP

Konkret soll im Kanton St.Gallen künftig bestraft werden, wer im öffentlichen Raum eine Gesichtsverhüllung trägt, sofern die Person damit «die öffentliche Sicherheit oder den religiösen oder gesellschaftlichen Frieden bedroht oder gefährdet». Ob eine solche Bedrohung oder Gefährdung vorliege, muss jeweils im Einzelfall beurteilt werden.

Nach der Abstimmung zeigte sich die SVP erfreut über die Annahme des Gesetzes, «auch wenn sich die SVP eine griffigere Umsetzung gewünscht hätte. Die Vollverschleierung aus angeblich religiösen Gründen ist in Wirklichkeit der Ausdruck von Abgrenzung und Verachtung gegenüber unserer freiheitlichen Gesellschaft und darf im öffentlichen Raum nicht toleriert werden».

«Wir sind froh, dass nun ein Gesetz in Kraft tritt, das ganz klar regelt, wie man mit der Verhüllung im öffentlichen Raum umgeht», sagt Widmer. Die CVP hat dabei aber nicht in erster Linie Burka-Trägerinnen im Visier. «Doch diese kann es unter Umständen auch treffen», sagt Widmer.

Die FDP bedauert den Entscheid des Kantonsrates. «Es liegt nun ein Gesetz vor, das zu keiner einzigen Verurteilung führen wird. Es handelt sich dabei um populistische Symbolpolitik.»

Nationale Volksinitative «Ja zum Verhüllungsverbot»

Auch die frisch gewählte künftige St.Galler GLP-Stadträtin und Kantonsrätin Sonja Lüthi meldete sich nach der Abstimmung zu Wort: «Allgemeingültige Verbote der Gesichtsverhüllung lediglich aufgrund eines nicht näher zu beschreibenden Unbehagens (...), sind mit einem liberalen und freiheitlichen Rechtsstaat nicht vereinbar.»

In der Schweiz gibt es derzeit einzig im Kanton Tessin ein Verschleierungsverbot. Verhüllen Frauen trotzdem ihr Gesicht, müssen sie mit einer Busse von mindestens 100 Franken rechnen. Dass ein Referendum gegen das neue St.Galler Gesetz zustande kommt, ist nicht sehr wahrscheinlich, denn vermutlich wird das Volk national über die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und damit über ein Burkaverbot abstimmen.

veröffentlicht: 28. November 2017 18:31
aktualisiert: 29. November 2017 08:56
Quelle: SDA/agm

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