«Das passiert mir sonst nie»: Jan Scherrer will den Laax-Fluch besiegen
Man könnte meinen, dass das Laax Open für Halfpipe-Snowboarder Jan Scherrer mittlerweile zu einer Art Hassliebe verkommen ist. Einerseits ist Laax sein Heimevent, der einzige auf Schweizer Boden und dazu der Wichtigste in Europa. Andererseits schrammte er in seiner Karriere ausgerechnet in Laax schon allzu oft knapp am Podest vorbei. Dreimal wurde der Toggenburger Vierter in den vergangenen Jahren, bei der letztjährigen Austragung 2021 resultierte der siebte Rang. Es ist wie ein Fluch.
Keine Spur Negativität gegenüber Laax
Doch bei Scherrer gibt es keine Spur von Negativität gegenüber der Weltcup-Station in der Bündner Surselva. «Für mich ist es nach wie vor der speziellste Event des Jahres. Es ist der wichtigste Anlass in Europa. Normalerweise reisen wir im Weltcup an einen für uns fremden Ort. Hier jedoch können jeweils alle meine Kollegen kommen, das Publikum steht immer voll hinter einem und das macht es speziell», sagt der 27-Jährige im Gespräch mit FM1Today.
Deshalb ist Scherrer natürlich auch in diesem Jahr dabei und startet einen neuen Angriff auf das Podium. Dieses Unterfangen wäre beinahe früh gescheitert. In der Qualifikation am Donnerstag stürzte Scherrer im ersten Durchgang. «Und das ausgerechnet beim einfachsten Trick. Das passiert mir sonst nie», sagt er. War der Druck beim Heimevent schuld? «Ich habe mir definitiv selbst sehr viel Druck gemacht, das ist also schon möglich.» Aber er sei in der Qualifikation ohnehin meistens nervöser als im Finale, es sei einfach ein Pflichtprogramm, dass es zu bewältigen gelte.
Dem Druck ein erstes Mal standgehalten
Noch grösser war der Druck also vor dem zweiten Durchgang. Scherrer musste abliefern – und das tat er. Mit einem sauberen Lauf überzeugte er die Punktrichter und holte sich 83 Zähler (von 100) ab. Genug für die Finalqualifikation und auch um Snowboardlegende Shaun White hinter sich zu lassen. Die Erleichterung war Scherrer anzusehen. Am Samstag ab 17.30 Uhr erhält er damit erneut die Chance quer durch den Bündner Nachthimmel auf das Podest zu fliegen.
Generalprobe für Olympia
Für Scherrer ist Laax der letzte Zwischenschritt vor dem grossen Saisonhighlight: Den Olympischen Winterspielen in Peking. «Es ist wie ein Puzzle, das sich Stück für Stück zusammensetzt», sagt er. Die Vorbereitung auf Olympia ist dem 27-Jährigen so wichtig, dass er dem zweitpopulärsten Snowboardevent des Jahres, den X-Games in Aspen, eine Absage erteilte.
Die Reise in die USA wäre mit Risiken puncto Corona verbunden gewesen. «Das erste Ziel ist momentan, kein Corona zu bekommen. Jetzt ein positiver PCR-Test und Olympia ist unter Umständen gelaufen», gibt er zu bedenken. Aktuell sei das unter den Athleten beinahe ein grösseres Thema als der Sport.
Schreibt Scherrer in Peking Snowboard-Geschichte?
Scherrers Absenz in Aspen hat aber noch einen weiteren guten Grund: Im Herbst 2020 präsentierte der gebürtige Wildhauser der Welt mit einem Trainingsvideo eine Neuheit. Sein im Video gezeigter Trick, ein sogenannter «Switch Alley-Oop Double Rodeo 1080 Indy to Nose», wurde noch von keinem anderen Athleten jemals gesprungen. An diesem Spezialtrick will er nochmals in aller Ruhe feilen.
Denn in einem Wettkampf gezeigt, hat auch er den Trick noch nicht. Womöglich pures Kalkül. Ist das alles Teil eines Plans und des angesprochenen Puzzles, dass er den Trick solange «aufbewahrt» hat? Das ist nicht abwegig, denn: Sollte Scherrer ausgerechnet an den Olympischen Spielen seinen Run in der Halfpipe mit einem perfekt ausgeführten «Switch Alley-Oop Double Rodeo 1080 Indy to Nose» krönen, dann stünde die Tür zu einem Spitzenplatz und gar zur Goldmedaille weit offen. Ausserdem gäbe es keine grössere Bühne. Der Toggenburger würde unweigerlich in die Annalen seines Sports eingehen.
Ein Highlight gibt es 2022 auf jeden Fall
Auch wenn es sich bei diesen Überlegungen um Gedankenspiele handelt und die Olympischen Spiele Zukunftsmusik sind: 2022 könnte ein ganz grosses Jahr für Jan Scherrer werden. Denn nebst den sportlichen Möglichkeiten, hält das Jahr für den 27-Jährigen auch ein ganz anderes grosses Highlight bereit: Er wird 2022 erstmals Papa.