Anfang September hatte sie mich überrascht: Die Nosferatu-Spinne, die in meinem Treppenhaus lebt. Nach dem anfänglichen Schreck über die relativ grosse Spinne gelang mir der vermeintliche Sensationsnachweis leider nicht: Ihre Verbreitung am Bodensee war schon bekannt.
Aus der vermeintlichen Entdeckung humboldtschen Ausmasses wurde also nichts. Dafür erreichten uns viele Fotos von Leserinnen und Lesern, welche die Spinne bei sich auch festgestellt haben. Darunter auch aus höher gelegenen Ortschaften, wo die «Nosferatu» genannte, «Echte Kräuseljagdspinne» nicht so stark verbreitet ist.
Zumindest bis jetzt.
Spektakuläre Aufnahme in Wittenbach
Eine Fotografin aus Wittenbach machte aus ihrer Sicht einen Horror-Fund. Gleich vier Exemplare krabbelten aus dem Storenkasten ihres Fensters. «Obwohl ich auch zu diesen Menschen zähle, welche einen extremen Ekel vor solch grossen Spinnen empfindet, habe ich nicht gezögert und mir mein Makro-Objektiv geschnappt. Meine Leidenschaft zur Fotografie übersteigt sogar die Spinnenphobie», schreibt Annette Flavia Matt.
Ihr Foto ist atemberaubend. Sowohl für Phobikerinnen als auch für Arachnologen, nur aus anderen Gründen.
Aufnahme aus Rotmonten
Die Höhenlage und die klimatischen Bedingungen in Wittenbach sind mit der Stadt St.Gallen vergleichbar. Einem FM1-Today-Mitarbeiter gelang auch eine Aufnahme in Rotmonten. Wahrscheinlich. Sein fotografisches Talent ist nicht mit dem von Anette Flavia Matt vergleichbar und das Foto deswegen nicht ganz eindeutig.
Wie eine Nachfrage beim Walter Zoo zeigt, dürfte es sich jedoch auch bei diesem Exemplar um eine «Echte Kräuseljagdspinne», also eine Nosferatu handeln. Stark verbreitet ist sie in diesen Höhenlagen zwar nicht – aber auch nicht völlig unbekannt, wie eine erneute Nachfrage beim Walter Zoo zeigt.
«Einen ersten Nachweis für die Stadt gibt es bereits seit zwei Jahren», sagt Elia Heule, Leiter Umweltbildung beim Walter Zoo, «In Zukunft dürfte sich die Spinne in St.Gallen jedoch weiter ausbreiten und öfter gesichtet werden.»
Die Klimaerwärmung spielt dabei eine Rolle. Die Spinne stammt aus dem Mittelmeerraum und mag es lieber warm.
Spinnen jetzt besonders sichtbar
Nach der Veröffentlichung des letzten Artikels haben wir viele Fotos aus der Ostschweiz erhalten. Laut Elia Heule ist das nicht verwunderlich. Die Spinnen sind derzeit auf Partnersuche und aus diesem Grund besonders sichtbar.
Zudem handle es sich bei der Nosferatu-Spinne um eine einjährige Art. Im Herbst erreichen sie ihre volle Grösse, paaren sich und gehen dann ein.
Übrigens: Wer eine Nosferatu-Spinne oder andere Arten feststellt, kann diese im Webfauna-Portal eintragen. Dazu ist eine Registrierung nötig. Das hilft Forschenden die Verbreitung der entsprechenden Arten zu erfassen und so schlussendlich der Wissenschaft.
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Keine Angst, St.Gallen!
An alle besorgten Stadt-St.Gallerinnen und St.Galler, welche die Spinne in Zukunft häufiger sehen könnten: Ihr braucht keine Angst zu haben. Der Biss der Spinne ist in etwa mit einem Mückenstich zu vergleichen. Und sie beisst laut den Experten auch nur im Ausnahmefall, etwa wenn sie zerquetscht wird.
Auch «meine» Spinne, Sven, ist mir noch ein paar Mal begegnet. Habe mich an sie gewöhnt. Ist wirklich ein argloses Kerlchen.