Vereinsleben

Diese 5 Dinge haben Turnunterhaltungen gemeinsam

· Online seit 22.11.2019, 05:58 Uhr
Das «Turnchränzli», der «Turnerabend» oder die «Turnunterhaltung» ist die letzte Show des Jahres, in der ein Turnverein der Gemeinde, den Eltern und den Gottis zeigt, was er so drauf hat. Gewisse Dinge sind überall gleich.
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Turnunterhaltungen sind in den Ortschaften so beliebt wie Ed-Sheeran-Tickets. Bereits wenige Minuten, nachdem die Ticketverkaufsstellen öffnen (in den meisten Gemeinden mittlerweile digital), sind die Plätze bereits ausverkauft (vorher stürzt das System mindestens fünfmal ab). Die Turnunterhaltung ist für viele ein fixer Bestandteil der Jahresplanung – dabei sehen eigentlich diese Abende alle gleich aus.

1. Die winkenden Mukiturner

Der rote, schwere Vorhang wird zur Seite geschoben. Zu früh natürlich, die Muki-Turner sind noch nicht in der Anfangsposition. Der Scheinwerfer ruht auf einem Kind, das verloren am Bühnenrand steht und wie hypnotisiert in die Gesichter des Publikums in den Stuhlreihen starrt. Schliesslich kommt die Mutter, nimmt den Buben bei der Hand und führt ihn durch einen Parcours von Schwedenkästen, Bänken, Trampolinen und Reifen auf der Bühne.

Muki-Turn-Nummern sind immer gleich aufgebaut: Mutter oder Vater schnappt sich ein Kind und führt es über oder unter Hindernissen durch. Es gibt keine akrobatischen Meisterleistungen, keine Doppelsalti oder Breakdanceeinlagen – muss es aber auch nicht. Denn bewegt ein Kind seine Finger zum Winken auf dem Handballen auf und ab – das ist genau die Geste, die unser Herz erwärmt und die Drei- bis Vierjährigen über ihre 100 Zentimeter hinauswachsen lässt.

2. Die viel zu kleine Bühne

Auf die Grösse oder Länge kommt es bei fast jeder Nummer an. Häufig ist es ein «Gmoscht». Die Bühnen an Turnunterhaltungen in Turnhallen, Aulas oder Schulsälen sind IMMER, IMMER! kleiner als im Training. Ausserdem tauchen Ecken oder Wände auf, von denen die Turn- oder Tanzenden bis anhin nichts wussten. Kommt eine Riege bei der Bühnenprobe das erste Mal auf die Bühne, stellt mindestens einer die Frage: «Wo kann ich durchgehen?» oder «Wo muss ich jetzt stehen?» Es gibt mindestens sieben blaue Flecken und einer trägt eine blutende Nase davon, weil es durch den begrenzten Platz einen Zusammenstoss gab.

Der eine oder andere «hypert» und sagt: «Das geht so nicht» und die Nerven liegen blank. Tun sie aber immer bei der Bühnenprobe, meist auch noch bei der Hauptprobe. Irgendwie kommt aber trotzdem immer alles gut. Manchmal muss man eben mit dem Kopf durch die Wand, denn noch kein Meister ist vom Himmel gefallen.

3. Der rote Faden

An jeder Unterhaltung gibt es Personen, die durch das Programm führen und dazu zwischen den Nummern lustigen Sketches vortragen. Dieser rote Faden kann alles sein – unglaublich lustig und unterhaltsam oder ein Grund, nie wieder eine solche Abendunterhaltung zu besuchen. Auf diese Dinge sollte man sich einstellen:

  • In jeder dieser Zwischennummern gibt es die Szene, in der ein alter Mann gespielt wird, der nicht mehr gut hört und deshalb jedes Wort falsch versteht
  • Es gibt immer einen Insider-Witz, über den nur die vereinsnahen Gesellen lachen können
  • Die Zuschauer werden, wenn möglich, eingebunden und bloss gestellt
  • Es gibt eine Ansprache des Turnvereinspräsidenten und liebe Grüsse vom Schweizerischen Turnverband

4. Die Nietenverlosung

Das Lösli gehört zum Turnerabend wie der Schnupf in den Sack eines Turnvereinmitglieds. Vor der Vorstellung, während der Vorstellung und nach der Vorstellung schleichen die Jugikinder mit den Körbli voll Lösli und einem schwarzen Lederportemonnaie so gross wie ihr Kopf durch die Tischreihen und rufen laut «Löööööööööööööööööööööööööööööööööösli».

Obwohl jeder bereits Lose gekauft hat, lässt sich immer irgendwo noch ein Fünfliber oder ein Zehnernötli finden, die das Jugikind im schwarzen Portemonnaie verschwinden lässt. Aufgeregt wird dann im Körbli gewühlt, um ja das richtige Los zu erwischen.

Irgendwann stapeln sich auf den Tischen die farbigen Papierfetzen, auf denen ein unbefriedigendes, schwarzgedrucktes «Danke» steht. Die Glücklichen verlassen mit einem Früchtekorb, einem Pack Jasskarten, Dörrfrüchten auf einem Holzbrettli, einem Zopf oder einem T-Shirt den Saal. Der ganz Glückliche gewinnt das Velo oder das Päärli Ski, die jedes Jahr als Hauptpreise angeboten werden.

5. Das Fest

Wie Feste gefeiert werden, lässt sich am besten anhand einer Quittung aufzeigen: Weisswein, Mineral, Bier, Rotwein, Kaffee, Kaffee Lutz, Gin Tonic, Bier, Feigling, Bier, Vodka Red Bull, Flying Hirsch, Wasser, Wasser, Wasser, Kaffee Lutz. Der benachbarte Turnverein bestellt bereits während der Vorstellung harassweise Bier.

Die gemütlichen Gesellinnen und Gesellen verweilen nach dem Programm auf ihren Plätzen im Saal oder in der Turnhalle. Sie schaukeln im oder auch deutlich neben dem Takt des Trios Waldmoos, das mit Handorgeln bewaffnet tapfer bis zum Schluss durchspielt. Irgendwann bilden sich auf der Bühne «gschpässige» Konstellationen, welche die Musik auf ihre eigene Art und Weise interpretieren. Tanzen, kann man dem in den meisten Fällen nicht mehr sagen.

Die etwas jüngeren Semester schaffen es noch bis zur Holzbar, die die Handwerker des Vereins selbst hergestellt haben und bestellen dort einen «Vodka Salto». Nach Runde zwei wird das Krokodil-Spiel bestellt, bei dem der Reihe nach jeder einen Zahn drücken muss, schliesst das Krokodil seinen Mund, wird getrunken (der Rahmlikör ist immer derjenige, den niemand haben will).

Musiktechnisch reichen die Backstreet Boys den Fäaschtbänklern das Mikrofon, welche es wiederum den Spicegirls und Eminem weitergeben. Da an Turnunterhaltungen die armen Hobby-DJs mit Namen wie DJ Silberplatte versuchen, auf jeden Wunsch des vielseitigen Publikums einzugehen, gibt es garantiert «de bescht Musigmix».

Und während die Fäaschtbänkler «Can you English please?» aus den Lautsprechern schreien, wird die Frage mit dem Heben beider Arme beantwortet, die im Takt in der Luft kreisen. Je öfter sich die Songs wiederholen, desto heller wird es draussen und desto weniger Arme werden in die Luft gestreckt. Irgendwann wird zu «I Want It That Way» eng umschlungen getanzt oder im Takt geschnarcht und spätestens wenn die Männerriege mit dem Lieferwagen in der Vorfahrt parkiert, ist es Zeit, dem Treiben ein Ende zu setzen.

An Turnunterhaltungen passieren eigentlich immer dieselben Dinge – und genau darum wird man von ihnen nie enttäuscht.

Was passiert bei euch an Turnunterhaltungen regelmässig? Schickt uns Bilder und erzählt uns eure Geschichten mit einer E-Mail an: lara.abderhalden@radiofm1.ch

veröffentlicht: 22. November 2019 05:58
aktualisiert: 22. November 2019 05:58
Quelle: FM1Today

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