St.Galler Spitalstrategie

«Diese überarbeitete Strategie sichert uns die Zukunft»

· Online seit 28.02.2020, 06:14 Uhr
Die St.Galler Regierung hat am Donnerstag ihre überarbeitete Spitalstrategie vorgestellt. Was diese Strategie für die einzelnen Spitalregionen und für die Finanzen des Kantons bedeutet, haben wir Gesundheitschefin Heidi Hanselmann und Finanzchef Beni Würth gefragt.
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Beni Würth, sind Sie zufrieden mit der überarbeiteten Strategie?
Beni Würth: Absolut. Es ist sehr zentral und dringlich, dass wir jetzt handeln. Wir würden sonst in dramatische finanzielle Probleme laufen.

Heidi Hanselmann, in der heute vorgestellten Strategie kann man lesen, dass sich der Kanton einen Schritt weit bei den Notfallzentren zurückzieht und den Hausärztinnen und Hausärzten mehr Verantwortung überträgt.
Heidi Hanselmann: Es ist eine Zusammenarbeit, ein Miteinander. Die Struktur muss der Kanton vorgeben. Die Leitplanken ebenfalls. So muss man beispielsweise innert 20 Minuten in einer Notfallstation sein und dort mit hoher Qualität betreut werden. Hier ändert sich nichts.

Wieso dann der enge Einbezug der Hausärztinnen und Hausärzte?
Hanselmann: Die Ärztinnen und Ärzte vor Ort sollen uns aufzeigen, was sie brauchen.

Und diese Bedürfnisse kann man erfüllen?
Würth: Schaffen wir die Sanierung nicht, hätte das Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit. Wenn ein Spital nicht mehr genügend Mittel hat, dann kann es auch nicht mehr in Innovation und Erneuerungen investieren. Das mindert die Qualität und die Attraktivität.

Wie wichtig ist diese Ausgestaltung der Gesundheits- und Notfallzentren mit den Ärztinnen und Ärzten in der Strategie?
Hanselmann: Wichtig ist, dass man die Strategie zusammen konzipiert und organisiert. Wir müssen die Hausärztinnen und Hausärzte einbeziehen, damit es für die Region auch stimmt.

Kommen wir zu einzelnen Standorten. Das Spital Walenstadt bekommt eine Sonderstellung.
Hanselmann: Das Spital Walenstadt soll während der Transformationsphase die nächsten sieben Jahre weiter betrieben werden. So können wir mit den Kantonen Graubünden und Glarus prüfen, ob es auch nach dieser Zeit geografisch sinnvoll ist, dort weiter ein Spital zu haben. Es muss belegt werden, dass das auch wirtschaftlich möglich ist.

Zu Altstätten gab es heute keine neuen Informationen. Wieso?
Hanselmann: In der Vernehmlassung gingen die Forderungen weit auseinander. Die Regierung hat sich entschieden, mit Blick auf den ganzen Kanton, hier an einem Gesundheits- und Notfallzentrum festzuhalten.

Im Vorfeld sehr lautstark hat sich die Region für die Spitäler Wattwil und Flawil eingesetzt.
Hanselmann: In Wattwil haben wir uns entschieden, ein Kompetenzzentrum für hochspezialisierte Pflege zu machen. Der Bedarf in der Deutschschweiz dazu ist gegeben. Hier soll es einen Ort geben, wo man tatsächlich eine neue Konzeption umsetzen könnte.

Aber das Spital Wattwil wird dazu an die Solviva AG verkauft. Begibt man sich da nicht in eine Abhängigkeit, falls man später wieder mehr Raum braucht?
Würth: Man muss das vom Nutzungskonzept her denken. Wir wären mit dieser Idee in Teilbereichen weiterhin Nutzer. Zum Beispiel in der sehr erfolgreichen Alkoholkurzzeittherapie. Oder auch im Bereich Notfall. Insofern ist es eine gemischte Nutzung. Da ergibt es Sinn, dass man klare Verhältnisse schafft, was das Eigentum anbelangt und dass man nach Bedarf Flächen mietet.

So kann der Kanton flexibler auf die aktuelle Situation reagieren.
Würth: Genau. Das gibt uns den Handlungsspielraum, den wir finanziell dringend brauchen.

Zurück zu Flawil. Da stand ein Verkauf im Raum.
Hanselmann:  Die Regierung hat hier aus dem Gesamtblick entschieden. Wäre das Spital verkauft worden, hätte ein neues Spital die umliegenden Spitäler konkurrenziert und man hätte die Überkapazität nicht abbauen können. Das wollte die Regierung nicht.

Die Spitalregionen Rheintal Werdenberg Sarganserland und Fürstenland Toggenburg brauchen laut Strategie eine zusätzliche Sanierung. Was heisst das konkret?
Würth: Wir werden das bestehende Darlehen in Eigenkapital umwidmen. Das heisst, dass Rheintal Werdenberg Toggenburg 32 Millionen Franken nicht mehr zurückzahlen müssen und Fürstenland Toggenburg 56 Millionen Franken. Zusätzlich gibt es für das Fürstenland Toggenburg eine Liquiditätsspritze von 10 Millionen Franken.

Und das ist langfristig erfolgsversprechend? Oder kommen diese Spitalregionen einfach in zehn Jahren wieder und brauchen das nächste Darlehen?
Würth: Das wäre natürlich nicht gut. Deshalb braucht es auch solche Sanierungen. Deshalb braucht es die strukturellen Massnahmen, damit das in Zukunft nicht mehr nötig ist.

Das heisst, dass das Budget stimmen wird, wenn die Strategie angenommen wird?
Würth: Ja. Mit diesen Massnahmen, strukturellen Veränderungen, betrieblichen Optimierungen und zusätzlichen Beiträgen des Kantons können wir das strukturelle Defizit von 60 bis 70 Millionen Franken jährlich schliessen. Dann haben wir die wirtschaftliche Basis, die im Vergleich zu anderen Kantonen und Spitälern gut ist. Das sichert uns die Zukunft.

Und wenn der Kantonsrat nicht einverstanden ist?
Hanselmann: Der Kantonsrat kann eine Botschaft immer abändern. Wenn eine Mehrheit meint, dass es eine Veränderung braucht, müssen wir uns mit dieser neuen Situation auseinandersetzen.

Sprechen wir da auch von Steuererhöhungen?
Würth: Das können wir nicht ausschliessen. Wenn wir zu wenig oder gar nicht handeln, gibt es drei Optionen: Wir beziehen Eigenkapital, das ist natürlich nur befristet möglich, zweitens können wir in anderen Aufgabenbereichen des Kantons Sparmassnahmen durchführen und drittens könnten wir die Steuern erhöhen. All das wollen wir nicht, das ist nicht nachhaltig.

veröffentlicht: 28. Februar 2020 06:14
aktualisiert: 28. Februar 2020 06:14
Quelle: FM1Today

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