Fässler über Stehplatzverbot: «Das ist kein Aktionismus»
Nach den Ausschreitungen in Luzern will die St.Galler Regierung hart durchgreifen und spricht sich in einer Medienmitteilung vom Dienstag klar für personalisierte Tickets und ein Stehplatzverbot aus. Doch ist das nicht ein Schnellschuss? Wir haben mit dem St.Galler Regierungspräsidenten und Sicherheitsvorsteher Fredy Fässler darüber gesprochen.
Herr Fässler, die St.Galler Regierung sagt der Fangewalt den Kampf an. Wie soll das mit diesen Massnahmen gehen?
Fredy Fässler: Zuerst einmal wollen wir keine Kampfansage machen, sondern ein Problem, das seit 15 Jahren besteht, lösen. Schweizweit wurden verschiedene Lösungsansätze ausprobiert, allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) und die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandantinnen und -kommandanten (KKPKS) haben vor zwei Jahren das Problem intensiv analysiert und kamen zum Schluss, dass personalisierte Tickets der erfolgsversprechendste Weg sind. Jedoch setzte man dann dennoch auf das Kaskadenmodell.
Ist das Kaskadenmodell Ihrer Ansicht nach nicht zielführend?
Fredy Fässler: Wir von der Regierung sind der Meinung, dass dieses Modell der falsche Weg ist. Wir glauben, dass es schweizweit gleichbleibende Massnahmen benötigt. Ich möchte hier aber auch festhalten, dass wir die bisher ergriffenen Massnahmen, wie etwa die Sektorensperrungen und das damit verbundene Signal, erfreut zur Kenntnis nehmen. Allerdings hilft dies nur kurzfristig. Mittel- oder langfristig denken wir aber nicht, dass wir das Problem so lösen können.
Was erhofft sich die Regierung denn von den personalisierten Tickets? Bei Vorfällen ausserhalb des Stadions wie am Samstag in Luzern bringt diese Massnahme ja nichts.
Fredy Fässler: Das stimmt, mit den personalisierten Tickets können sie ausserhalb des Stadions wenig bewirken, aber in den Stadien passiert auch viel. Am Samstag wurden ja mehrfach Pyros gezündet, was erstens gefährlich und zweitens eine Straftat ist. Aber mit den personalisierten Tickets kann sichergestellt werden, dass beispielsweise Chaoten mit Stadionverbot nicht ins Stadion gelangen. Der EV Zug hat beispielsweise personalisierte Tickets und seither so gut wie keine Probleme mit Fangewalt. Zudem ist diese Massnahme ein Zeichen. Denn ich glaube nicht, dass Leute dauerhaft jedes Wochenende vor ein Stadion reisen, um dort Radau zu machen. Und falls doch, hat dies sicher nichts mehr mit Fankultur zu tun.
Die Regierung will ja auch Stehplätze verbieten. Warum?
Fredy Fässler: Durch diese Massnahme kann sichergestellt werden, wer wo mit diesen personalisierten Tickets sitzt. Wir erhoffen uns dadurch auch, die Gruppendynamiken zu unterbinden, die das Verhalten der Fankurve negativ beeinflussen. Unerträglich ist diese Massnahme ja auch nicht, bei europäischen Spielen gibt es ja auch keine Stehplätze.
Diese Massnahmen klingen etwas nach Aktionismus. Was sagen sie zu diesem Vorwurf?
Fredy Fässler: Nein, das ist kein Aktionismus. Es ist uns sehr ernst. Momentan können wir nicht sicherstellen, dass Personen mit Stadionverbot ins Stadion gelangen. Und wir gehen davon aus, dass das genau diejenigen sind, die die Probleme hauptsächlich verursachen. Mit den personalisierten Tickets können wir das ändern. Die Sitzplatzpflicht ist eine zusätzliche Massnahme, um die Gewalt einzudämmen.
Sind diese Vorschläge also keine direkte Reaktion auf die Ereignisse vom Samstag?
Fredy Fässler: Nein, hinter diesen Vorschlägen stecken 15 Jahre Erfahrung mit Fangewalt. Nur wegen eines Vorfalls hätten wir nicht so drastisch reagiert. Es hat aber das Fass zum Überlaufen gebracht. Darum sagen wir deutlich: So kann es nicht weitergehen. Und diesen Satz hören Sie nicht nur von mir, sondern auch von der städtischen Sicherheitsdirektorin und auch von Matthias Hüppi. Wir alle möchten die Gewalt verhindern, denn dies hat nichts mit Sport zu tun.