Michelle Green

Flawilerin will in den USA als Wrestlerin durchstarten

03.02.2022, 09:01 Uhr
· Online seit 03.02.2022, 05:45 Uhr
Die USA sind bekannt als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Man sagt nicht umsonst «Living the American Dream». Diesen Traum will auch Katrin Stutz leben. Unter ihrem Künstlernamen Michelle Green möchte sie in den USA als Profi-Wrestlerin durchstarten.
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Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag trainiert Michelle Green drei Stunden lang. Im Ring. Fünf bis sechs Leute machen bei so einem Training mit. Gutes Abrollen, verschiedene Würfe und Techniken üben, auch Cardio. «Das ist intensiv», sagt sie. Mittwoch ist Promo-Training, wo die Auftrittskompetenz geübt wird: Reden halten, Interviews geben und so weiter. Dreimal in der Woche geht sie ins Fitness und macht Krafttraining. Am Mittwoch und Donnerstag sind Spray-Tan-Tage – Bräunungsdusche. «Damit ich am Samstag gut aussehe.» Am Wochenende ist sie meistens an Matches. Und sie isst nur, was auf ihrem Ernährungsplan steht. «Sonntags bin ich mit Social Media beschäftigt. Das und Networking ist im Wrestling sehr wichtig», erklärt Green. Sie sei eigentlich ein Ein-Frau-Unternehmen.

Es ist Ende Januar 2022. Michelle Green ist gerade in Knoxville, Tennessee, deshalb beantwortet sie die Fragen via Whatsapp-Sprachnotizen «Es ist hier gerade 1.15 Uhr am Abend und ich mache mich an die Fragen», sagt sie in der ersten Sprachnotiz. Es folgen viele weitere Nachrichten, in denen sie über sich, ihr Leben in Tennessee und ihren Traum in den USA als Wrestling-Profi durchzustarten spricht.

Die 1.63 Meter grosse Schweizerin hat dunkelbraune, lange Haare, blaue Augen – sie will ihr Alter für sich behalten. «Man ist immer entweder zu jung oder zu alt. Ich möchte keinen Raum für Alters-Diskriminierung lassen – deshalb sage ich mein Alter nicht.» Ihre Lippen sind rot geschminkt, ihre Augen werden von schwarzem Kajal umrandet – Aussehen ist im Wrestling wichtig. Doch zurück zu den Anfängen.

Michelle Green heisst eigentlich Katrin Stutz. Geboren ist sie in Flawil und aufgewachsen an verschiedenen Orten auf der Welt: In Indonesien, Spanien, Simbabwe und der Schweiz. Sie studierte an der HSG in St.Gallen Wirtschaft und arbeitete ein paar Jahre im Marketing verschiedener Schweizer Firmen. Sie wohnt in Zürich, ist momentan aber mehr in den USA, wie der «Blick» schreibt Michelle Green ist ihr Künstlername, mit dem sie die Wrestling-Szene aufmischen will.

Wrestling hat Green schon früh fasziniert. Das erste Mal mit dem Show-Sport in Berührung gekommen, ist sie beim Fernsehschauen. Als Jugendliche habe sie immer die amerikanische Version von «Der Bachelor» geguckt. Davor lief Wrestling. Gepackt hat es sie vor ein paar Jahren, als sie einen Artikel über den Schweizer Claudio Castagnoli gelesen hatte. «Cesaro» ist der Künstlername des Luzerners, der in den USA ein erfolgreicher und berühmter Wrestler ist. «Das hat mich irgendwie fasziniert», sagt sie. Den Auslöser hat schlussendlich eine selbstgebastelte Tischbombe an Silvester gegeben. In der Tischbombe war ein Zettel, darauf stand: «Katrin geht wrestlen.»

Von Mexiko über Texas nach Tennessee

Das war vor drei Jahren: Green ging das erste Mal ins Training. «Die Leidenschaft für den Sport hat sich immer mehr entwickelt und wurde eine brennende Passion.» Es folgten Trainings in Deutschland und mehrere Monate Aufenthalt in Mexiko. «Dort habe ich mich dazu entschieden, meinen Job zu kündigen und meiner Leidenschaft zu folgen.»

Das war ungefähr vor einem Jahr. Zuerst trainierte sie ein paar Monate in Mexiko, dann in Texas in den USA. «Zwischendurch bin ich zurück in der Schweiz, nach Zürich, um meine Liebsten zu sehen», sagt sie. Dann ging es nach Knoxville, Tennessee. Seit ein paar Monaten besucht sie dort die JWPA-Wrestling-Schule. Vergangenen Dezember hatte sie ihren ersten Match.

Ihr Ziel ist es, vom Wrestling zu leben und bei der WWE oder AEW einen Vertrag zu bekommen. Ihr Traum vom Wrestlerinnen-Dasein belastet auch ihr Privatleben. Ihr Partner, ihre Familie und Freunde leben in der Schweiz – sie will in den USA durchstarten. «Wenn du es in den USA schaffen willst, musst du auch hier sein.»

«Wenn die Leute mich ausbuhen, mache ich einen guten Job»

Wrestling ist ein Live-Action-Spektakel – eine Mischung aus Sport und Schauspiel – eine Art Actionfilm, wo man live dabei sein kann. «Ich bin extrovertiert und kreativ», sagt Green. «Beim Wrestling kann ich improvisieren und das macht mir Spass und Freude.» Hinter dem Namen Michelle Green versteckt sich ihr Wrestling-Charakter. Die Böse. Michelle bedeutet die von Gott gesandte, Green soll an die grünen Dollarscheine erinnern.

«Ich habe keine Angst, dass man mir den falschen Stempel aufdrückt», sagt sie auf die Frage, wieso sie ausgerechnet die Böse ist. «Michelle Green sieht sich nicht als böse, sondern als zielstrebig. Sie weiss, was sie ist und was sie kann. Sie ist selbstbewusst.»

Green vergleicht das Wrestling mit einer Seifenoper. Auch dort gibt es gute und böse Charaktere. «Ich finde es spannend, im Wrestling etwas darzustellen, dass in Kontrast zu meinem wahren Ich steht.» Es sei die Aufgabe der Wrestlerinnen beim Publikum Emotionen auszulösen. Ihre Aufgabe als Bösewichtin sei es, dass sie ausgebuht werde und die Zuschauer Mitleid mit der Guten haben. «Wenn die Leute mich ausbuhen, heisst das, dass ich einen guten Job mache.»

Was sie macht, wenn aus dem Wrestling nichts wird, weiss sie nicht. «Ich denke nicht daran, dass mein Traum platzen könnte», sagt sie. «Ich denke in Zwei-, Drei-Monatsschritten. Wichtig ist mir vor allem: Dass ich gesund bleibe und einen tollen Mann in meinem Leben habe, der mich unterstützt. Der Rest kommt so, wie es kommen muss.» Sie glaube nicht, dass das Leben einem einfach passiert. «Ich glaube, man muss etwas tun. Und ich glaube an mich und das ist das wichtigste beim Wrestling.»

veröffentlicht: 3. Februar 2022 05:45
aktualisiert: 3. Februar 2022 09:01
Quelle: FM1Today

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